• 30.12.2010 09:10

  • von Stefan Ziegler

Rückblick 2010: Chevrolet

Das Jahr der Superlative für Chevrolet: Teil 11 des Rückblicks ist dem doppelten Titelgewinn und dem tollen Teamspirit dieser Mannschaft gewidmet

(Motorsport-Total.com) - 22 Sprintrennen auf vier Kontinenten, 20 Stammfahrer in zehn Teams, vier Titelanwärter auf drei Marken und ein großer Sieger: Die WTCC-Saison 2010 begeisterte von März bis November mit spannenden WM-Läufen und vielen spektakulären Duellen. 'Motorsport-Total.com' blickt zurück auf ein Rennjahr, das Yvan Muller und Chevrolet als Titelträger sah. Heute: Chevrolet.

Titel-Bild zur News: Alain Menu, Robert Huff, Yvan Muller

Vorfahrt für Chevrolet: Yvan Muller und das Team holten die beiden WM-Titel 2010

Was in Curitiba mit einem überzeugenden Dreifachsieg im ersten Rennen begann, endete in Macao mit dem doppelten Erfolg in der Tourenwagen-WM: Chevrolet krönte seine sechste Saison in der WTCC mit dem erstmaligen Gewinn von Fahrer- und Herstellertitel und etablierte sich damit endgültig als feste Größe an der Tabellenspitze - und das mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung.

Rob Huff, Alain Menu und Yvan Muller holten in jedem der 22 Sprintrennen mindestens 18 Zähler und brachten es im Jahresverlauf auf insgesamt sieben Siege - davon vier Doppelsiege - und 715 Punkte. Jeder der drei Cruze-Piloten steuerte 2010 einen oder mehrere Rennerfolge zum Gesamtergebnis bei, das Teamwork bei Chevrolet funktionierte tadellos. Der doppelte WM-Triumph ist der verdiente Lohn.

Muller und Chevrolet sind die großen Sieger

"Damit sind wir natürlich äußerst zufrieden", sagt Chevrolet Europa Motorsport-Manager Eric Nève bei 'Motorsport-Total.com'. "Auch, weil es für GM der erste Herstellertitel in einer FIA-WM ist. Ich bin sehr stolz auf das Team. Ein solches Ergebnis einfahren zu können, ist natürlich hervorragend. Endlich haben wir den Fahrertitel. Der Herstellertitel war zum Schluss auch nur noch eine Formalität."

Allerdings, denn Chevrolet hatte bereits vor dem Saisonfinale in Macao so gut gepunktet, dass in der schillernden Spielerstadt nur noch wenige Zähler fehlten. Mit einem Doppelsieg durch Huff und Muller machte die Mannschaft den Sack überaus stilvoll zu, sodass Nève rückblickend geradezu ins Schwärmen gerät: "Eine tolle Geschichte, denn Yvan und das Team führten bereits nach Curitiba."

Robert Huff, Yvan Muller

Rob Huff und Yvan Muller standen 2010 des Öfteren gemeinsam auf dem Podest Zoom

Die Konkurrenz habe Chevrolet das Leben nicht leicht gemacht, doch letztendlich konnte man über das komplette Rennjahr hinweg die Oberhand behalten. Speziell Muller begeisterte 2010 durch eine solide Konstanz und hervorragende Einzelergebnisse. "Das spricht für sich und seine Stärke, sich eine Meisterschaft einzuteilen", meint Nève. Huff scheiterte dagegen hin und wieder an sich selbst.

Huff und Menu unterliegen Muller

Der britische Teamkollege von Muller hatte ebenfalls Titelchancen, musste diese letztendlich aber begraben. "Ich denke, der Unterschied ist, dass Rob zu oft vor die Sportkommissare zitiert wurde. Das ist aber sicherlich ein Teil seiner Lernkurve. Ich sagte ihm: Die Sportkommissare werden sich gewiss nicht an seine Fahrweise anpassen. Die einzige Möglichkeit ist demnach, dass er sich anpasst."

"Man darf attackieren, aber eben nicht zu stark", erläutert das Teamoberhaupt von Chevrolet. Muller gelang dieser Spagat in diesem Jahr nahezu perfekt, Menu fiel im Hinblick auf die Einzelleistung indes deutlich von seinen Stallgefährten ab. Der Schweizer erwischte keine optimale Saison, siegte "nur" einmal und erreichte in der Gesamtwertung lediglich Platz sechs - spielte aber eine wichtige Rolle.

Robert Huff

Rob Huff war in diesem Jahr ungeheuer schnell, leistete sich aber auch Fehler Zoom

Gemeinsam mit Huff und Muller hatte Menu den Chevrolet Cruze zu einem echten Siegerauto heran entwickelt und stellte sich im Verlauf des Rennjahres immer mehr in den Dienst des Teams. Auch aus diesen Gründen verkündete Chevrolet bereits vor Saisonende, dass das fahrende Personal 2011 gleich bleiben würde: Huff, Menu und Muller greifen auch im neuen Jahr als Trio nach den Titeln.

Keine Fahrerwechsel: Konstanz ist Trumpf

"Dafür gab es drei Gründe", sagt Nève. Einerseits sei man "äußerst zufrieden" mit der Leistung der Ploten, andererseits schätze man den Teamgeist bei Chevrolet, wonach das Mannschaftsergebnis Priorität genieße. "Außerdem beteiligten wir unsere Fahrer schon sehr früh an der Entwicklung des neuen Autos. Hintergrund dafür ist natürlich, dass das dabei Gelernte auch bei uns im Team bleibt."

"All das sprach für eine frühzeitige Bestätigung unserer Piloten", erklärt Nève. So konnten sich Huff, Menu und Muller in der entscheidenden Schlussphase vollkommen auf ihre Aufgaben konzentrieren, doch nicht jedes Duell wurde auf der Strecke ausgefochten: Muller gewann den Fahrertitel 2010 am Grünen Tisch, nachdem das BMW Team RBM nachträglich von Okayama ausgeschlossen wurde.

Yvan Muller, Alain Menu, Robert Huff

Huff, Muller und Menu greifen auch 2011 gemeinsam für Chevrolet ins Lenkrad Zoom

"Das hätten wir nicht gebraucht, um die Meisterschaft für uns zu entscheiden", betont Nève und merkt an: "Das Urteil der FIA war haargenau richtig. Man sollte nicht die Zugeständnisse an Privatfahrer oder behinderte Piloten für ein Werksteam ausnutzen. Unsere Rivalen waren in Okayama mit einem nicht homologierten Getriebe am Start. Wir protestierten dagegen und bekamen vollkommen Recht."


Fotos: WTCC-Highlights 2010: Chevrolet


Chevrolet bleibt auch ohne BMW in der WTCC

Chevrolet hatte sich vor Ort allerdings ausdrücklich um ein Gentlemen Agreement bemüht, wie Nève zu Protokoll gibt. "Im Interesse des Sports sagten wir: 'Vergessen wir Japan, baut euer Auto zurück und wir fahren es aus.' Dadurch wären Priaulx und BMW weiterhin im Titelkampf geblieben." In München war man sich seiner Sache aber sicher und nahm die FIA-Berufungsverhandlung in Kauf.

Kaum einen Monat danach verkündete BMW den Ausstieg aus der Tourenwagen-WM, was Nève zwar bedauert, aber nicht erschüttert. "Für mich gehören BMW und auch Alfa Romeo traditionell zum Tourenwagen-Sport. Nur kann ich die Entscheidungen dieser Unternehmen nicht beeinflussen. Wir haben jedenfalls mittel- und langfristige Pläne, im Motorsport zu bleiben", meint der Franzose.

Yvan Muller

Pokalvergabe in Monaco: Eric Nève und Yvan Muller mit den WM-Trophäen 2010 Zoom

Nicht zuletzt, weil Chevrolet in RML eine erfahrene und arrivierte Mannschaft hinter sich weiß. "Sie haben diesen Erfolg ermöglicht", sagt Nève. "Das sind knallharte Arbeiter. Ich hatte niemals das Gefühl, sie würden nachlassen. So haben diese Jungs den Cruze zum Weltmeister gemacht - durch Arbeit, Arbeit, Arbeit." Man habe das Beste aus dem Lacetti für den Neuwagen übernommen.

Bamboo Engineering begeistert auf Anhieb

Heraus kam ein waschechtes Siegerauto, das 2010 erstmals ganz nach vorne fuhr. Doch auch der Lacetti wusste in diesem Jahr zu überzeugen - in den Händen von Darryl O'Young, Harry Vaulkhard und Yukinori Taniguchi bei Bamboo Engineering. Das neue britische Privatteam mischte auf Anhieb richtig gut in der Independents' Trophy mit und verfehlte mit O'Young letztendlich nur knapp den Titel.

Das ist Nève nicht entgangen: "Ein starkes Team", lobt das Chevrolet-Oberhaupt. "Sie haben fast keine Fehler gemacht. O'Young musste 2010 einiges lernen und gab einige Rennen aus eigener Schuld weg. Er ist aber ein guter Pilot und hat sich prima entwickelt. Sowohl Bamboo als auch O'Young sind in meinen Augen Leute, die zur WTCC gehören. Und sie fühlen sich hier wohl."

Darryl O'Young

Lob für Bamboo Engineering und Darryl O'Young: Ein sehr solides WM-Debüt! Zoom

All diese Faktoren könnten unterm Strich dazu führen, dass der private Rennstall schon 2011 den großen Schritt wagt und ebenfalls mit Cruze-Fahrzeugen an den Start geht - die neuen Motorenregeln machen es möglich. "Die Entscheidung in dieser Sache liegt bei Bamboo", hält Nève abschließend fest. "Bamboo Engineering und andere Privatteams können jederzeit Autos bei uns bestellen."¿pbvin|0|3365|wtcc|0|1pb¿

Der WTCC-Saisonrückblick 2010:

01. Das erste Saisondrittel
02. Das zweite Saisondrittel
03. Das dritte Saisondrittel
04. Die Privatierwertung
05. Die Rookiewertung
06. Fakten und Zahlen zur Saison
07. Team Wiechers
08. Team Engstler
09. BMW
10. SEAT
11. Heute: Chevrolet
12. Yvan Muller