• 28.05.2009 14:56

  • von Stefan Ziegler

Menu: "Franz hatte keine Chance"

Chevrolet-Pilot Alain Menu im Interview mit 'Motorsport-Total.com' über den kuriosen Crash von Pau, seinen Rennerfolg und die Politik in der WTCC

(Motorsport-Total.com) - Mit einer kontrollierten Fahrt bescherte Alain Menu seinem Chevrolet-Team in Frankreich bereits den vierten Rennerfolg in acht Rennen und holte sich Saisonsieg Nummer eins. Das zweite Rennen in Pau stand aber ganz im Zeichen des heftigen Unfalls zwischen Franz Engstler (BMW) und dem Safety-Car, was Menu aus einer Logenposition beobachten konnte. 'Motorsport-Total.com' sprach nach der Siegerehrung in Frankreich mit dem Schweizer Rennfahrer und befragte ihn zu seinen Eindrücken.

Titel-Bild zur News: Alain Menu

Chevrolet-Fahrer Alain Menu freute sich diebisch über seinen ersten Saisonerfolg

Frage: "Alain, jetzt hast du endlich deinen ersten Saisonsieg eingefahren..."
Alain Menu: "Ja. 'Endlich' trifft es schon, denn schon in Marrakesch war ich richtig schnell unterwegs. In der Qualifikation war ich gut, wurde dann aber zurückgestuft. Das zweite Rennen hätte ich gewinnen können, doch wieder kam mir das Pech in die Quere. Ich wurde getroffen und das hat mir die hintere Radaufhängung gebrochen. Das macht den Sieg in Pau natürlich noch viel schöner."#w1#

Noch ist Chevrolet kein Frontrunner

Frage: "Dann kannst du jetzt ja richtig durchstarten, oder?"
Menu: "Eigentlich schon, aber aktuell weiß ja niemand so richtig, was in dieser Meisterschaft überhaupt los ist. Wir waren in Pau zwar konkurrenzfähig, allerdings waren die BMW Fahrzeuge hier deutlich schneller als wir. Ich denke also nicht, dass wir überall bei der Musik sein werden. Über die Gesamtwertung denke ich gar nicht nach. Ich möchte einfach so mein Bestes geben. Dann werden wir schon sehen, was letztendlich dabei herauskommt."

"So wie in Pau wird es garantiert nicht jedes Mal ablaufen." Alain Menu

Frage: "Wie kommt es, dass Chevrolet trotz 60 Kilogramm mehr Gewicht auch in Pau so schnell war?"
Menu: "Wir haben einiges an Gewicht zugelegt, das ist wahr. Man darf aber nicht vergessen, dass wir auf einer anderen Strecke unterwegs waren. Außerdem haben sich an diesem Wochenende noch verschiedene andere - zum Teil merkwürdige - Dinge ereignet. Die SEAT-Autos waren zum Beispiel nicht dort, wo sie eigentlich hätten sein müssen. Die muss man sicherlich zur Spitzengruppe dazuzählen. Insofern kam letztendlich ein recht interessantes Wochenende dabei heraus, aber so wird die Meisterschaft sicherlich nicht weitergehen. So wie in Pau wird es garantiert nicht jedes Mal ablaufen."

Frage: "Hattest du mit dem Cruze anfangs etwas mehr zu kämpfen als deine Teamkollegen?"
Menu: "Nein, das sehe ich anders. So kann man das nicht sagen. Ich war beispielsweise in Brasilien viel schneller unterwegs als Rob oder Nicola und stand vor den beiden in der Startaufstellung. Auch in Puebla war ich gut dabei. In Marrakesch war ich sogar der Schnellste von uns dreien. Das lag also eher daran, dass ich viel Pech hatte."

Mitgefühl für Franz Engstler

Frage: "Wie sehr wolltest du diesen Sieg in Pau?"
Menu: "Ehrlich gesagt: auch nicht mehr oder weniger als jeden anderen Sieg. Ich betreibe Motorsport, um zu siegen. Dabei spielt es keine Rolle, für wen ich an den Start gehe. Das Fahren macht mir unheimlich viel Spaß und auch am Siegen habe ich große Freude. Ich bin aber alt genug, um mir über solche Dinge nicht mehr den Kopf zu zerbrechen. Wenn du gewinnst, ist das eine tolle Sache. Klappt das nicht, dann ist es halt so. Ich habe in der Vergangenheit schon viele Rennen gewonnen."

"An diesem Wochenende haben sich einige kuriose Szenen abgespielt." Alain Menu

Frage: "Wann hast du in dieser Saison gemerkt, dass du ein richtig schnelles Auto hast?"
Menu: "Eigentlich denke ich nicht, dass unser Wagen so verdammt schnell ist. In Marrakesch waren wir gut, das stimmt - aber da waren wir auch 60 Kilogramm leichter. Hier in Pau waren wir auch dabei, aber nicht an der Spitze. Die ganzen Regelspielchen haben dafür gesorgt, dass SEAT nicht so konkurrenzfähig war, wie sie es vielleicht hätten sein sollen. An diesem Wochenende haben sich einige kuriose Szenen abgespielt."

Frage: "Wie hast du die Situation mit Franz Engstler und dem Safety-Car gesehen?"
Menu: "Ich habe gesehen, wie das Safety-Car quer über die Strecke gefahren ist. Der arme Franz wollte dem Fahrzeug noch ausweichen und hat nach links gezogen, aber da hatte er schlichtweg keine Chance. Dann gab es erst den Crash der beiden Autos und Franz ist dann noch in die Leitplanken gekracht. Das Safety-Car hätte niemals dort sein sollen. Wenn überhaupt, dann hätte es aus der Boxengasse fahren und dann auf der rechten Seite bleiben müssen. Sehr schade für Franz, denn solche Dinge sollten einfach nicht passieren. Ich finde, die FIA sollten seinen Schaden bezahlen."

Kein Kommentar zur politischen Lage

Frage: "Wie war die Safety-Car-Phase angekündigt?"
Menu: "Mir wurde es über Funk durchgegeben und unmittelbar vor dieser Kurve habe ich auch eine Hinweistafel gesehen. Ich habe aber nur dieses eine Schild gesehen. Die Signale kamen jedenfalls sehr spät heraus."

"In dieser ersten Runde war er wirklich ganz hervorragend unterwegs." Alain Menu

Frage: "Wäre Franz Engstler nicht in Kurve eins ausgeschieden, hättest du früher oder später einen Überholversuch gewagt?"
Menu: "Natürlich. Versucht hätte ich es auf alle Fälle. Ich wusste ja, dass er im Hinblick auf die Privatierwertung unbedingt ins Ziel kommen musste. Er wäre also sicherlich nicht allzu viele Risiken eingegangen. Ich hätte ihn also unter Druck gesetzt. Aber soviel steht fest: In dieser ersten Runde war er wirklich ganz hervorragend unterwegs."

Frage: "Wie kann die WTCC angesichts dieser ganzen politischen Querelen weitermachen?"
Menu: "Da möchte ich eigentlich nicht näher darauf eingehen. Wichtig ist nur, dass ein paar Probleme gelöst werden müssen. In einer Weltmeisterschaft sollten solche Dinge einfach nicht vorfallen. Ich hoffe, dass sich die Wogen wieder glätten werden."