• 16.10.2014 09:15

  • von Stefan Ziegler

Kolumne: Im Safety-Car steckt ein echter Racer!

Anschnallen, bitte: Redakteur Stefan Ziegler hatte in Schanghai die Gelegenheit, sich von den Fahrkünsten von Safety-Car-Pilot Bruno Correia zu überzeugen

Liebe Leser,

Titel-Bild zur News: Bruno Correia, WTCC, Safety-Car

Bruno Correia führt im Safety-Car das WTCC-Feld an, wie hier in Peking Zoom

wisst Ihr eigentlich, wer Bruno Correia ist? Nein? Wahrscheinlich doch. Denn Ihr habt ihn in der WTCC schon oft in Aktion gesehen. Fast an jedem Rennwochenende kommt er zu einem Einsatz - er pilotiert das Safety-Car der Meisterschaft. Und das tut er inzwischen nicht nur in der WTCC, sondern auch in der neuen Formel E. Das hat auch einen guten Grund: Bruno versteht sein Handwerk perfekt.

Davon konnte ich mich beim WTCC-Rennwochenende in Schanghai wieder einmal überzeugen. Auf Einladung von Eurosport durfte ich im offiziellen Safety-Car Platz nehmen und für einige Kilometer den Beifahrer von Bruno mimen. Nicht, dass mir dieses Szenario unbekannt wäre: Bruno und ich sind immer wieder für kleine Spritztouren auf der Strecke unterwegs. Wir sind befreundet, schon seit 2009.

Der Safety-Car-Crash von Pau und dessen Folgen

Ihr erinnert Euch sicherlich an den wilden Safety-Car-Crash um Franz Engstler in Pau? Damals saß noch nicht Bruno am Steuer des Sicherheitsautos. Damals gab es überhaupt noch keinen offiziellen und ständigen Safety-Car-Piloten. Vielmehr wechselte die Besetzung des Fahrzeugs von einem Wochenende zum nächsten. Nach dem fürchterlichen Unfall beim Stadtrennen setzte aber ein Umdenken ein.


Fotostrecke: Der Safety-Car-Crash in Pau 2009

Seither ist Bruno in der WTCC aktiv. Und seither kennen wir uns. Denn gleich bei einem seiner ersten Rennwochenenden haben wir uns zu einem ausführlichen Interview zusammengesetzt. Da waren dann natürlich auch gleich ein paar schnelle Runden dabei. So wie jetzt in Schanghai im Alfa Romeo 4C, dem aktuellen Dienstauto von Bruno in der WTCC. Und ich kann Euch sagen: Die Kiste geht gut!

Es mag nicht das allerspektakulärste Auto sein, das Bruno im Rahmen seiner Tätigkeit als Safety-Car-Pilot gefahren hat (sprecht ihn ruhig mal auf den Lada an, den er mal in Porto hatte!), aber durch den kurzen Radstand und die kompakte Bauweise ist dieses Auto durchaus ein kraftvolles Geschoss. Das habe ich noch in der Boxengasse gemerkt, an deren Ende Bruno das Auto mal lässig fliegen ließ.

Bruno Correia hat Spaß an seiner Arbeit

Schon schossen wir damit auf die erste Kurve des Shanghai International Circuits zu. Ihr wisst schon: Da hat Architekt Hermann Tilke eine interessante Schneckenkurve hingesetzt, die immer enger wird, dabei auch noch bergab führt. Damit hat er Bruno offenbar eine große Freude gemacht, denn er wollte überhaupt nicht bremsen! Und dank des Gummiabriebs auf der Strecke klebte das Auto regelrecht am Asphalt.

Bruno Correia, WTCC, Safety-Car

Das aktuelle WTCC-Safety-Car, ein 4C-Modell, von Alfa Romeo gestellt Zoom

Auf den ersten Kurvenmetern ist das ja noch ganz witzig. Aber als wir immer weiter hineinfuhren und die profilierten Reifen allmählich zu rutschen begannen, habe ich mich durchaus gefragt, wann Bruno denn bremsen will. Er, die Ruhe selbst, hatte das Auto aber bestens unter Kontrolle. Und ich glaube, ein schelmisches Grinsen unter seinem Helm erkannt zu haben, als er meinen fragenden Blick gesehen hat!

Aber genau so sollte es ja auch sein: Ich wollte mir schließlich einen Eindruck davon machen, wie es im Safety-Car zugeht. Den habe ich gekriegt. Aber selbst nachdem ich die Schneckenkurve (mit ein klein wenig Bremsen) überstanden hatte, ging es munter weiter: Bruno räuberte in den Kurven so hart über die Randsteine, dass ich nicht nur durchgeschüttelt wurde, sondern dass das Auto sogar kurz abhob.

Mit 230 km/h über die lange Gerade

Alles easy, sagte mir mein Blick nach links, wo Bruno scheinbar ganz entspannt am Lenkrad drehte und die Schaltwippen bediente. Keine Frage: Er hatte seinen Spaß. Auch beim Überholen anderer Fahrzeuge. Wir waren gemeinsam mit einigen VIP-Showcars auf der Strecke, nur fuhren die - ganz anders als wir - nicht im Renntempo um den Kurs. Und dabei graust mir schon vor dem chinesischen Straßenverkehr!


Onboard-Runde in Schanghai

Gabriele Tarquini nimmt Sie auf einer schnellen WTCC-Runde in Schanghai mit

In einem Land, das offenbar keine Verkehrsregeln kennt, ist eine solche Situation schon nicht ganz ohne. Ein Mitfahrer fuhr prompt mit aktivierten Warnblink-Leuchten plötzlich an den rechten Streckenrand, am anderen fuhren wir - das macht er jetzt nicht noch vor der Kurve?! - auch gleich vorbei, um auch mal abseits der Ideallinie zu bremsen. Ja, da hat es etwas mehr geschüttelt als sonst, aber es passte.

Noch einmal richtig lustig wurde es auf der langen Geraden. 200, 210, 220, 230 - immer höher wurden die km/h-Zahlen auf der digitalen Anzeige im Cockpit. Damit waren wir zwar nicht ganz so schnell wie die WTCC-Autos im Renntempo, aber doch ganz flott. Auf das Bremsmanöver war ich aber noch mehr gespannt: Wann würde Bruno "den Anker werfen"? Und wie gut würde der Alfa Romeo verzögern?

Mein Fazit: Guter Mann!

Meine Antworten bekam ich postwendend. Bruno bremste früh, etwa auf der Höhe des 200-Meter-Schilds, dafür aber hart. Ich hatte den Gurt vor Fahrtbeginn vorsorglich richtig straff gezogen, daher hing ich gleich ordentlich drin. Zweimal löste Bruno kurz die Bremse, um keine blockierenden Räder zu bekommen und um das Material etwas zu entspannen. Für meinen Geschmack waren wir trotzdem noch zu schnell.

Stefan Ziegler mit Bruno Correia

WTCC-Reporter Ziegler (links) und Safety-Car-Pilot Correia in Budapest 2012 Zoom

Kurve 14 in Schanghai, das ist enge die Haarnadel-Kurve. Und wir schienen genau auf den kleinen Reifenstapel am Scheitelpunkt zuzuhalten. Das Safety-Car rutschte noch dazu am Heck, wollte hinten ausbrechen, aber kurz darauf hatten wir wieder Grip und holperten erneut hart über die Randsteine - und am Reifenstapel vorbei auf das letzte Teilstück vor Start und Ziel. Der letzte Linksknick und das war's.

Mein Fazit: Schön zu sehen, dass im Safety-Car einer drinsitzt, der weiß, was er da tut. Und Bruno hat auch noch sehr viel Freude daran. Mich würde ja interessieren, wie er sich schlagen würde, wenn er bei der WTCC nicht das Safety-Car, sondern eines der Rennautos fahren könnte. Ich glaube: Letzter wäre er mit Sicherheit nicht. Dafür ist er einfach zu viel Racer. Sogar bei Demorunden mit einem Reporter.

Beste Grüße & allzeit gute Fahrt, Bruno!

Euer


Stefan Ziegler

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