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  • 09.12.2011 11:42

  • von Stefan Ziegler

Kolumne: Ein Rennkalender mit Fragezeichen

Redakteur Stefan Ziegler schreibt über die WTCC-Rennpläne für 2012 und das jähe Aus der Traditionsländer Deutschland und Großbritannien

Titel-Bild zur News:

2012 steuert die WTCC neue Orte an, lässt jedoch einige Traditionsländer außen vor

Liebe WTCC-Fans,

in den vergangenen Tagen und Wochen hatte sich schon angedeutet, dass der provisorische Rennkalender der WTCC noch einige Änderungen erfahren würde. Nun hat der Automobil-Weltrat der FIA die endgültige Version verabschiedet - und prompt gab es einige Überraschungen. 2012 ist von den europäischen Motorsport-Traditionsländern nämlich "nur" Italien ein Austragungsort für die WM.

Deutschland und Großbritannien sind auf einmal nicht mehr nominiert, was für Traditionalisten - und dazu zähle ich mich durchaus - sicher eine herbe Enttäuschung darstellt, zumal es in beiden Ländern gewiss nicht an alternativen Rennstandorten mangelt. Und so frage ich mich, weshalb es notwendig war, Deutschland und auch Großbritannien von der Landkarte der Tourenwagen-WM zu streichen.

Im Falle von Deutschland stand ja bereits seit geraumer Zeit fest, dass Oschersleben ab 2012 nicht mehr für die Austragung des WTCC-Events zur Verfügung stehen würde. Aus wirtschaftlicher Sicht rechnete sich die Veranstaltung in der Magdeburger Börde offenbar nicht, als dass eine Fortsetzung in Frage kam. Die Motorsport Arena bewarb sich daher gar nicht mehr um einen Platz im Rennkalender.

¿pbvin|0|4290||0|1pb¿Kurioserweise scheint man einen Streckenwechsel in Deutschland nicht in Betracht gezogen zu haben, denn kaum war Oschersleben definitiv außen vor, wurde aus Versehen eine Kalenderversion mit dem österreichischen Salzburgring verschickt. Damit war klar: Die Bemühungen würden wohl in eben diese Richtung gehen, sodass die deutschen WTCC-Fans zu recht um ihr Heimrennen bangten.

Jetzt ist das Schicksal des Deutschland-Events also besiegelt und eine Rennstrecke im Nachbarland kommt zum Zuge. Dies stellt möglicherweise einen Kompromiss dar, denn auch Tschechien ist 2012 nicht mehr dabei. Der Salzburgring könnte aber möglicherweise dafür sorgen, dass die Fans beider Länder trotzdem auf ihre Kosten kommen, indem sie im neuen Rennjahr nach Österreich reisen.

Die Traditionsländer sind außen vor

Für BMW ist die Veranstaltung bei Salzburg ironischerweise "mehr" Heimrennen als früher, denn die Konzernzentrale in München ist dem Rennkurs im Alpenstaat näher als Oschersleben, obwohl die neue WM-Strecke im benachbarten Ausland zu finden ist. Einmal ganz abgesehen davon, dass der bayerische Automobil-Hersteller bereits seit einem Jahr nicht mehr werksseitig in der WTCC aktiv ist.

Chevrolet trifft der neue Rennkalender aber noch härter, denn die amtierenden Weltmeister werden bekanntlich vom britischen RML-Team an den Start gebracht, das im kommenden Jahr keinen Event vor heimischem Publikum bestreiten kann. Das ist wirklich schade und für sämtliche Beteiligten sicher eine bittere Pille, weil Europa 2012 überhaupt nur durch fünf Rennstationen im Kalender vertreten ist.

Union Jack

Auch der Union Jack weht 2012 nicht in der WM: Kein Rennen in Großbritannien Zoom

Neben Monza (Italien) und Salzburg (Österreich) werden in der neuen WTCC-Saison noch Budapest (Ungarn), Estoril (Portugal) und Valencia (Spanien) angesteuert. Marrakesch (Marokko) - im Hinblick auf die Logistik eigentlich ebenfalls ein "Europarennen" - ist die einzige Veranstaltung in Afrika. Dank Argentinien, Brasilien und den Vereinigten Staaten gibt es 2012 gleich drei Rennevents in Amerika.


Fotos: WTCC-Logistik in Übersee


Die WTCC ist eine Weltmeisterschaft

Den Abschluss des Rennjahres bilden erneut drei Gastspiele im asiatischen Raum, nämlich Suzuka (Japan), Schanghai (China) und Macao (Macao). Die Motorsport-Traditionsländer in Europa finden im neuen WM-Kalender also kaum Berücksichtigung. So sehr mich das schmerzt, muss ich gestehen: Eigentlich kann ich dieser neuen Aufstellung einiges abgewinnen, denn die weltweite Präsenz ist gut.

Und darum sollte es bei einer Weltmeisterschaft ja auch gehen, oder nicht? Drei Rennen in Asien, drei Rennen in Amerika, einmal Afrika und fünfmal Europa - das klingt für mich ganz nach einem Plan, der möglichst viele Märkte abdeckt, gleichzeitig aber die Wurzeln des Motorsports und die Mehrheit der Fans bedient. Dass ausgerechnet Deutschland und Großbritannien fehlen, ist natürlich bedauerlich.

Fans in Indianapolis

Neu dabei: Die Vereinigten Staaten von Amerika geben im Herbst ihr WTCC-Debüt Zoom

Angesichts der Möglichkeiten, die sich der WTCC durch diese neue Aufstellung auftun, ist dies für die Beteiligten wahrscheinlich zu verschmerzen. Für die Automobil-Hersteller ist Südamerika schon seit geraumer Zeit sehr interessant und wird nun durch einen zweiten Event aufgewertet. Und in den USA fährt die Tourenwagen-WM im kommenden Jahr noch vor der Formel 1 - auch das ist sicher positiv.


Fotos: WTCC-Siegerehrung in Macao


Wie gut wird die Rennsaison 2012?

Japan und China befinden sich ohnehin im Rennkalender und orientieren sich freilich ebenfalls am Automobilmarkt, Macao darf als großes Finale keinesfalls fehlen. Obwohl für Argentinien noch keine Strecke nominiert wurde, ist Marrakesch für mich das größte Fragezeichen: Endet dieser Event wieder im Chaos oder mausert sich das einzige WM-Gastspiel in Afrika endlich zu einem guten Schauplatz?

Darauf bin ich schon sehr gespannt. Mindestens ebenso sehr interessiert mich allerdings, ob der Salzburgring das Aus von Deutschland und Tschechien kompensieren kann. Um ehrlich zu sein: Da bin ich etwas skeptisch. Dies gilt auch für die Entscheidung, 2012 nicht in Großbritannien zu fahren und damit viele Fans vor den Kopf zu stoßen. Man sollte aber nicht nur Schwarz sehen, finde ich.

Stefan Ziegler

Schade um die Traditionsländer, aber da steckt trotzdem Positives drin, finde ich! Zoom

Den Saisonauftakt in Monza abzuhalten, ist ein guter Ansatz. Davon dürfte die Meisterschaft nicht zuletzt durch eine bessere Medienpräsenz profitieren. Und wenn ich nur an das Debüt von Budapest denke, mache ich mir keinerlei Sorgen, dass auch im neuen Jahr wieder einiges geboten sein wird. Trotz allem glaube ich nämlich: Die WTCC wird uns wieder begeistern - in Europa und in Übersee!

Beste Grüße & viel Vorfreude auf 2012!

Euer


Stefan Ziegler