• 27.11.2011 12:07

  • von Stefan Ziegler

Dahlgren: "Ich traf mit 23 g auf die Bande..."

Volvo-Fahrer Robert Dahlgren schildert seine Sicht der Dinge zum Qualifying-Unfall in Macao und spricht auch über sein persönliches Saisonfazit

(Motorsport-Total.com) - Für Robert Dahlgren endete die erste WTCC-Saison mit einem unschönen Erlebnis: Der Schwede hatte in der Qualifikation von Macao einen schweren Unfall, bei dem er sich eine Verletzung am Daumen zuzog und seinen Volvo C30 Drive in einen Totalschaden verwandelte. Im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' erläutert Dahlgren, wie es zu diesem heftigen Crash kam und welche Folgen der Zwischenfall hat. Außerdem zieht der 31-Jährige noch ein persönliches WTCC-Saisonfazit.

Titel-Bild zur News: Robert Dahlgren

Robert Dahlgren kam bei seinem Crash in Macao vergleichsweise glimpflich davon

Frage: "Robert, wie fühltest du dich einen Tag nach dem Crash in Macao?"
Robert Dahlgren: "Eigentlich sogar etwas schlechter, als ich erwartet hatte, als ich am Vorabend zu Bett gegangen war. Ich hatte damit gerechnet, dass es etwas abklingen würde, aber da hatte ich wohl zu viel erwartet."

"Meine Muskeln fühlten sich vom Hals bis hinunter zur Hüfte gerade so an, als hätte ich einen Muskelkater. Außerdem taten mir mein Daumen und mein Handgelenk weh. Es war ein konstantes Pochen, wenn man so will."

Frage: "Gehen wir einen Schritt zurück: Was passierte bei deinem Unfall im Qualifying? Wie kam es zu diesem Crash?"
Dahlgren: "Mein Gefühl und die Daten sagen uns, dass etwas mit dem Bremspunkt nicht stimmte. Ich muss eine Bodenwelle oder dergleichen erwischt haben. Dadurch wurde das Auto ausgehebelt. Als ich wieder auf die Bremse trat, war ich schon neben der Linie."

"Ich hatte kaum Grip, weil die Strecke dort etwas schmutzig war." Robert Dahlgren

"Ich hatte kaum Grip, weil die Strecke dort etwas schmutzig war. Deshalb flog ich ab. Ob es eine Bodenwelle war, das den Unfall auslöste, oder etwas anderes, wissen wir nicht. Es war ja aber nicht nur ein kleiner Abflug, sondern ein großer Crash. Vielleicht lag also etwas auf der Strecke."

Frage: "Dein Einschlag schien ziemlich übel zu sein. Kannst du dich an die Einzelheiten erinnern?"
Dahlgren: "Ja, ich erinnere mich gut daran. Ich dachte nur: 'Ach du Schande, das wird weh tun.' Dann versuchte ich aber noch, das Ganze etwas abzumildern. Ich wollte das Auto noch auf die Seite drehen, bremste, probierte alles Mögliche."

"Ich hoffte, so würde es nicht gar so schlimm werden. Als ich mich schließlich auf den Einschlag vorbereitete, nahm ich aber nur eine Hand vom Lenkrad. Ich bremste hart und drückte mich dabei nach hinten in den Sitz. Ich stemmte mich also mit der rechten Hand gegen das Lenkrad, das beim Aufprall natürlich wild herumklappte."

Ein Wiedersehen mit Fredy Barth im Krankenhaus

Frage: "Du warst aber rasch aus dem Auto und weg vom Kurs..."
Dahlgren: "Ja, weil ich das Feuer gesehen hatte. Deswegen war ich ratzfatz draußen und wollte, dass die Streckenposten rasch mit einem Feuerlöscher anrückten. Das war aber nicht so der Fall. Sie waren recht langsam."


Fotos: Robert Dahlgren, WTCC in Macao


Frage: "Danach wurdest du sofort ins Krankenhaus transportiert, nehme ich an..."
Dahlgren: "Ja. Dort traf ich dann auf Fredy (Barth; Anm. d. Red.). Das war schon sehr seltsam, ihn dort zu sehen. Die Ärzte untersuchten mich und stellten schließlich eine Fraktur an meinem Daumen fest. Es sollte rund einen Monat oder sechs Wochen dauern, um zu verheilen. Es sollte letztendlich aber okay sein."

"Okay, hier und da gibt es blaue Flecken..." Robert Dahlgren

Frage: "Wie geht es dir abgesehen von deinem Daumen und dem Handgelenk? Bist du ansonsten okay? Vielleicht ein bisschen durchgeschüttelt?"
Dahlgren: "Es geht mir gut. Okay, hier und da gibt es blaue Flecken. Wäre das Auto noch in gutem Zustand, würde ich glatt wieder einsteigen. Ich fühle mich absolut rennbereit."

Frage: "Das scheinen Rennfahrer nach einem Unfall meistens zu sagen..."
Dahlgren: "Nun, ich hatte ja schon vorher einige heftige Unfälle - zum Teil auch bei höheren Geschwindigkeiten."

"Trotzdem: Hier ging es direkt in die Leitplanken. Mein Ingenieur überprüfte die Daten. Ich traf offensichtlich mit 23 g auf die Bande, bei Tempo 80. Das war ziemlich hart. Mein HANS-System ist beispielsweise hinüber. Ich kann es nicht mehr nutzen. Sämtliche Riemen und Gurte wurden durchgeschnitten."

Dahlgren ist weiterhin begeistert von Macao

Frage: "Was glaubst du, wäre ohne den Unfall für dich drin gewesen?"
Dahlgren: "Ich denke, wir hätten ein klasse Q2 hinlegen können. Wir hätten zumindest versuchen können, es mit Chevrolet aufzunehmen. Ich hatte den Eindruck, dass wir eine Chance gehabt hätten. Wir schienen recht nahe an ihnen dran zu sein. Sehr schade."

Frage: "Was hältst du nun vom Guia Circuit in Macao? Hat sich durch den Crash etwas an deiner Sicht der Dinge verändert?"
Dahlgren: "Ich finde diesen Ort einfach klasse. Hier an den Start zu gehen, scheint beinahe ein ganz anderer Sport zu sein. Das gesamte Jahr über fahren wir Rennen, doch das hier ist fast ein Zwischending zwischen Rennfahren und Rallyefahren."

"Da brauchst du beinahe einen Copiloten, der dir die Kurven ansagt." Robert Dahlgren

"Letzteres bezieht sich auf den kurvenreichen zweiten Sektor. Da brauchst du beinahe einen Copiloten, der dir die Kurven ansagt (lacht; Anm. d. Red.). Ich mag diese Strecke. Ich würde wirklich furchtbar gerne wieder hierher zurückkehren. Dann würde ich aber gerne nicht im Krankenhaus, sondern auf dem Podest landen."

Frage: "Deine Saison endete vorzeitig. Würdest du dein Rennjahr trotzdem als Erfolg bezeichnen?"
Dahlgren: "Ja, sehr sogar. Ich denke, wir konnten unsere Ziele mehr als erfüllen. Die Jungs leisteten wirklich tolle Arbeit. Wir hatten es ja oftmals mit einer für uns neuen Strecke zu tun."

"Selbst wenn du eine sehr gute Mannschaft hast, ist es schwierig, denn du hast nicht viel Zeit, um dich anzupassen. Sowohl ich als Fahrer als auch die Ingenieure müssen die jeweilige Strecke erst einmal kennenlernen. Es ist richtig knifflig, all diese Umstände bis zur Qualifikation zu maximieren."

"Hin und wieder bist du dir selbst im Zeittraining nicht sicher, wo du letztendlich landen wirst. Und wenn du es einmal nicht auf die Reihe kriegst, bist du gleich außerhalb der Top 10. Insgesamt leisteten wir aber gute Arbeit, denke ich. Unsere Leistung ist sehr vielversprechend für die Zukunft - sofern wir die Chance kriegen, daran anzuknüpfen."