BMW auf Jagd nach dem ersten Sieg in der WEC: "Man rennt der Zeit hinterher"

BMW glaubt, "alle Zutaten zu haben", die für den ersten Sieg in der Langstrecken-WM (WEC) notwendig sind - aber "es braucht es noch etwas Zeit", um vorne zu sein

(Motorsport-Total.com) - Wann feiert BMW den ersten Sieg in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC)? Die Münchener glauben zwar "alle dafür Zutaten zu haben", allerdings braucht es für den ersten Erfolg noch etwas Zeit. "Zeit ist so ziemlich das einzige, was man sich nicht kaufen kann und man rennt der Zeit immer hinterher", spielt BMW-Motorsportchef Andreas Roos auf die späte Entscheidung zugunsten der WEC an.

Titel-Bild zur News: Raffaele Marciello, Marco Wittmann

BMW ist zuversichtlich, "alle Zutaten zu haben" Zoom

In der amerikanischen IMSA SportsCar Championship erzielte BMW vergangenes Jahr schon im zweiten Rennen einen Podestplatz, wenig später sogar den ersten Sieg. "Das hat auch gezeigt, wie hoch die Motivation war, um da einfach auch Stück für Stück den Rückstand aufzuholen und näher heranzukommen", so Roos.

Aber: In der Langstrecken-WM ist die Konkurrenz deutlich stärker, sowohl was Qualität als auch Quantität angeht. Beim WEC-Auftakt in Katar landete der bestplatzierte BMW, der M Hybrid #20 von Sheldon van der Linde, Rene Rast und Robin Frijns, nur auf dem zwölften Rang, rutschte infolge der beiden Disqualifikationen von Peugeot und Cadillac allerdings auf den zehnten Platz und damit in die Punkteränge vor.

Frijns: "Wir fangen sozusagen bei null an"

Werksfahrer Frijns hatte erwartet, dass es für BMW nicht einfach wird. "Natürlich bin ich in den letzten drei Jahren in der LMP2-Klasse gefahren, aber jetzt fangen wir sozusagen bei null an", weiß der Niederländer. "Wir sind im Moment noch neu im Geschäft, auch, wenn BMW in der IMSA gefahren ist."

"Aber man kann die beiden Programme nicht miteinander vergleichen, denn in der IMSA sind wir auf den Kraftstoff beschränkt und nicht auf die Zeit, wie wir es hier sind", erinnert Frijns an die Unterschiede zwischen IMSA und WEC. "Es ist also eine etwas andere Art des Rennens."

"Trotzdem hatten wir es in Katar nicht leicht, aber das war ja auch zu erwarten. Wenn ich in die Meisterschaft spaziere und direkt gewinne [dann stimmt etwas nicht]. Wir arbeiten also hart im Hintergrund und hoffen, dass wir ein besseres Wochenende haben werden."

In Katar fuhr BMW nur mit Glück in die Punkte

In Katar fuhr BMW nur mit Glück in die Punkte Zoom

Bei den nächsten Schritten, die für BMW auf dem Programm stehen, handelt es sich um "allgemeine Entwicklungen in der Software im Hintergrund, um zu lernen, wie das Auto funktioniert", so Frijns zu Motorsport-Total.com. "Wir sind also noch ein wenig auf der Suche, in welche Richtung wir am Set-up und an der Software arbeiten müssen."

BMW fehlt Erfahrung im Trocknen

In Katar war Porsche im Vorteil, weil sie "einfach stabiler waren und die Reifen besser kontrollieren" können. Ein Faktor, den BMW offenbar noch nicht beherrscht, weil es den Münchenern an Erfahrung fehlt. "Das Rennen in Katar war also eines dieser Rennen, bei dem wir viele Daten sammeln und daraus Schritte ableiten konnten. Und ich denke, dass die Reifen hier in Imola begrenzter sein werden als in Katar."

Der Reifen spielt in Italien eine größere Rolle, weil der Verschleiß höher ist als beim Saisonauftakt. "Wir müssen also sehen, ob wir aus Katar und dem, was wir in dieser Phase getan haben, lernen können, und wir müssen uns weiter entwickeln und weiter hart arbeiten", so Frijns.

Hinzu kommt, dass BMW über die Wintermonate nicht wie geplant testen konnte. "Unser Testprogramm im Winter oder im letzten Jahr für diese Saison war aufgrund des Wetters etwas beeinträchtigt", sagt Rast im Gespräch mit Motorsport-Total.com.

All das wirft BMW im Zeitplan auf dem Weg zum ersten WEC-Sieg zurück. "Ich will nicht sagen, dass das der Grund ist, aber wir hatten nicht viel Glück mit den Wetterbedingungen und sind nicht viel im Trockenen gefahren."


Fotos: WEC 2024: 6 Stunden von Imola


Deshalb sei jeder Test im Trocknen "sehr hilfreich, um einen weiteren Schritt zu machen", erinnert der BMW-Werksfahrer. "Selbst wenn es nur um den Fahrerkomfort oder mehr Konstanz im Auto geht, hilft das schon. Wir brauchen einfach mehr Zeit und mehr Tests, um auf dieses Niveau zu kommen."

LMDh-Sieg ein wichtiger Hoffnungsschimmer

Der LMDh-Sieg von Porsche in Katar macht auch BMW Hoffnung, denn der M Hybrid V8 verwendet das gleiche Hinterachs-Hybridsystem wie der konkurrierende Porsche 963. "Wir haben alle Zutaten, die wir brauchen", schmunzelt BMW-Motorsportchef Roos. "Aber ob wir alles aus diesen Zutaten herausholen können, das ist die Frage."

"Katar war natürlich nicht das, was wir uns erhofft oder erwartet hatten, denn generell haben wir immer den Anspruch, vorne mitzufahren, auch Rennen zu gewinnen", so Roos. "Aber wir sind auch realistisch genug zu wissen, dass da auch noch andere sehr starke Hersteller dabei sind, die auch wissen, wie es geht."

Der Motorsportchef gibt zu, dass BMW seit dem Rennen in Katar "hart gearbeitet" hat, wenngleich "auch die anderen Hersteller Gas geben". Das letzte Mal, dass BMW in der Sportwagen-Top-Klasse am Start war, ist 25 Jahre her, erinnert Roos. "Von daher sage ich, man muss da auch erst mal alles wieder zusammenfinden, sich einrütteln."

Zusammenarbeit mit WRT "sehr gut"

In der WEC werden die beiden BMW M Hybrid V8 von WRT eingesetzt, während Rahal Letterman Lanigan (RLL) für das IMSA-Programm in Amerika verantwortlich ist. Dass es sich um zwei unterschiedliche Einsatzteams handelt, bringt laut Roos keinen Nachteil, weil es einen "völlig offenen Austausch zwischen den Teams" gibt.

BMW setzt den M Hybrid V8 auch in Amerika ein

BMW setzt den M Hybrid V8 auch in Amerika ein Zoom

"Alles, was wir in Amerika finden, nehmen wir mit hier rüber und alles, was man hier findet, immer auch mit nach Amerika", verrät der BMW-Motorsportchef bei Motorsport-Total.com. Dabei sei es ein Vorteil, dass die Autos "zu 99 Prozent identisch" sind.

Dennoch: "Katar ist sicher nicht so gelaufen, wie es sich jeder gewünscht hat, aber es war unser erstes Rennen in der Meisterschaft", erinnert der BMW-Sportchef an den WEC-Auftakt. "Es war auch das erste Mal, dass WRT die Autos unter Rennbedingungen eingesetzt hat. Wir haben eine Menge gelernt, aber wir müssen uns noch stark verbessern."

WRT-Teamchef Vosse: "Es braucht Zeit"

Die Zusammenarbeit mit WRT "läuft sehr gut", so Roos. "Ich glaube, wir sind sehr gut aufgestellt mit denen, das haben wir in der Vergangenheit ja auch schon bewiesen, dass sie auf höchstem Level Motorsport betreiben können und auch erfolgreich sind."

WRT-Chef Vincent Vosse sieht das BMW-Projekt ebenfalls auf dem richtigen Weg. "Wenn man während des Rennens in Katar an die Box kam, war es ein normales Rennen, nichts Hektisches", sagt der Belgier gegenüber Motorsport.com. "Die Fahrer haben sich nicht über das Auto beschwert, es war nicht so, dass wir große Probleme hatten. Ich muss sagen, dass das ein Teil des Prozesses ist."

"Penske ist ein gutes Beispiel, sie hatten in den ersten drei oder vier Rennen [2023] Probleme", erinnert Vosse an die letztjährige WEC-Saison, als Porsche noch keineswegs siegfähig war. "Wir haben gesagt, dass das nicht das ist, was wir von Porsche und Penske erwartet haben. Das beweist, dass es Zeit braucht."

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