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  • 31.10.2019 16:25

  • von Arantxa Dörrié

Timo Bracht über Niederlagen

Der Triathlon-Europameister und 14-fache Teilnehmer des Ironman auf Hawaii, Timo Bracht, unterstützt als Botschafter Laureus Sport for Good

(Motorsport-Total.com/Classic-Car.TV) - Hier erzählt er, warum Laureus für ihn eine Herzensangelegenheit ist, welche Werte ihn in seinem Leben geprägt haben und wie er sich nach Niederlagen zurück an die Weltspitze gekämpft hat.

Titel-Bild zur News: Laureus Stiftung: Triathlet Timo Bracht (Mitte) beim Laureus-Jugendcamp in Rust 2017

Top-Athlet Timo Bracht beim Laureus-Jugendcamp in Rust Zoom

Herr Bracht, seit 2017 sind Sie Laureus Sport for Good Botschafter. Woher stammt Ihr soziales Engagement?
Timo Bracht: Ich bin selbst im Ehrenamt groß geworden. Meine ersten Trainer waren ehrenamtliche Übungsleiter, die sich auf dem Sportplatz um mich bemüht haben. So habe ich früh gespürt, dass mir der Sport gut tut und Freude bereitet.

Natürlich stand der Spaß an der Bewegung im Vordergrund, aber auch, dass ich durch den Sport eine Art von Identität erlebt habe. Später in Richtung Profisport hat es dann nicht mehr viel mit Ehrenamt zu tun gehabt. Aber dieses Grundgefühl, dass mir andere geholfen haben, meinen eigenen Weg zu finden, habe ich nie vergessen.

Somit war mir schon früh klar, dass ich dies auch wieder zurückgeben werde, sobald ich mehr Zeit habe oder gebraucht werde. Für mich ist es ein Kreislauf und so sollte es auch sein. Ehemalige Athleten gehen oft wieder in den Sport zurück, um sich als Trainer für den Nachwuchs zu engagieren. Deshalb ist es für mich etwas ganz Besonderes, Botschafter bei Laureus Sport for Good zu sein. Ich bin stolz, ein Teil dieser Bewegung zu sein. Ich kann nur jedem raten, sich zu engagieren und Dinge die man bekommen, hat auch wieder zurückzugeben.

Welcher Wert war aus Ihrer Sicht in Ihrer Karriere am Entscheidendsten?
Bracht: Es gibt viele wichtige Werte, die der Sport vermittelt, aber der wichtigste Wert für mich war "Selbstverwirklichung". Dass man vom eigenen Wirken überzeugt ist, etwas verändern und beeinflussen zu können und dabei unabhängig von anderen Entscheidungen ist. Es ist klar, dass dies nicht immer der Fall ist. Aber im Triathlon kann man mit dieser Einstellung sehr weit kommen. Das zu spüren und es selbst zu verwirklichen, hat etwas Persönlichkeitsbildendes gehabt und war sehr wertvoll für mich. Außerdem haben mich Leistungsbereitschaft, Zielstrebigkeit, Verlässlichkeit und Risikobereitschaft angetrieben.

Und auf das Leben außerhalb des Sports bezogen?
Bracht: Privat ist der Mega-Wert natürlich die Familie. Füreinander einstehen, Verantwortung zu übernehmen, etwas nicht nur für sich selbst zu tun, sondern auch für andere. Aber auch Werte wie Neugierde, Abenteuerlust, eine Art von Rebellion. Als Sportler führst du automatisch auch ein unangepasstes Leben. Diese Art von Rebellion ist für mich ein Wert, der bis heute noch seinen Reiz hat - auch einen anderen Lebensentwurf führen zu können. Und das gebe ich auch vielen Kindern und Jugendlichen weiter.

Dabei versuche ich mich aber auf Augenhöhe mit den Kids zu bringen und zu sagen: "Hey, wir waren alle gleich. Wir standen alle vor der Entscheidung, trau ich mir was zu, oder trau ich es mir nicht zu. Will ich mein Leben in die Hand nehmen, oder will ich, dass es jemand anders für mich in die Hand nimmt." Man darf nicht versuchen, pädagogisch von oben auf die Kinder einzuwirken.

Es kommt vielmehr darauf an, dass man versucht, die Erkenntnis als eine Art Erlebnis zu kreieren. Genau dies ist auch der Ansatz bei dem Laureus Förderprojekt move&do in Stuttgart und Mannheim, welches ich unterstütze. Dort geht es nicht darum, wer besser oder schlechter ist, so wie ich es im Profisport erlebt habe, sondern darum, Erlebnisse zu schaffen und dadurch positiv auf die Teilnehmer einwirken zu können.

Wie haben Sie in Ihrer Karriere Rückschläge überwunden?
Bracht: Rückblickend sind Niederlagen oder schwere Situationen oft auch Umbrüche im Leben. In solchen Momenten muss man sich vergegenwärtigen, dass man an einer Art Weiche steht. Die Frage ist dann: Kann ich den Weg nach der Weiche für mich stemmen? Nach einer Niederlage ist man oft sehr verärgert, macht sich Gedanken. Das Gesamtsystem verlangsamt sich, kommt fast zum Stillstand. Aber an dieser Stelle kann man auch abbiegen, die Weichen anders stellen. Deshalb sind Rückschläge sehr wichtig und wertvoll, aber eben auch schmerzhaft.

2008 beim Ironman Hawaii zum Beispiel wurde ich Fünfter. Als bester Deutscher hatte ich drei Minuten Rückstand auf das Siegerpodest gehabt. Nachträglich wurde ich disqualifiziert, weil ich eine gelbe Karte missachtet hatte. Eigentlich war es eine Lappalie, aber die Referees haben es so eng genommen, dass ich komplett vom Rennen gestrichen wurde. Diese Entscheidung hätte mich in dem Moment brechen können. Aber ich habe dann die Weichen umgestellt.

Es sind Regeln und daran muss man sich halten. Fertig. Man muss sich auf das konzentrieren, was kommt. Rückblickend kann man nichts mehr machen. Ein halbes Jahr später waren die Kollegen von Hawaii alle in Frankfurt bei der Europameisterschaft am Start. Dieses Rennen habe ich dann mit Streckenrekord gewonnen. Wer weiß, ob mir dies ohne die Erfahrung von Hawaii sechs Monate zuvor gelungen wäre.

Das komplette Interview mit Timo Bracht finden Sie im Internet (Link siehe unten).

Spendenkonto:
Laureus Sport for Good Foundation Germany, Austria
IBAN: DE70600700700171819607
BIC: DEUTDESSXXX
Kreditinstitut: Deutsche Bank Stuttgart

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