• 23.09.2023 11:00

  • von Roland Hildebrandt

Opel Rekord A (1963-65): Bürgerlicher Beinahe-Millionär

Familie, Haus, Opel: So sah der bürgerliche Lebenstraum vor 60 Jahren aus - Damals begründete der Rekord A eine Mittelklasse-Dynastie

(Motorsport-Total.com/Motor1) - 1963 war ein ereignisreiches Jahr, ein Jahr des Umbruchs. US-Präsident John F. Kennedy besuchte West-Berlin und erklärte: "Ich bin ein Berliner." Wenige Monate später war er tot, ermordet in Dallas. Bundeskanzler Adenauer trat in der damaligen deutschen Hauptstadt Bonn im Alter von 87 Jahren von seinem Amt zurück; sein Nachfolger wurde Ludwig Erhard - der Vater des deutschen Wirtschaftswunders.

Titel-Bild zur News: Opel Rekord A (1963-1965)

Opel Rekord A (1963-1965) Zoom

Und bei der jungen Generation feierten "The Beatles" ihren Durchbruch und eroberten die Hitparaden. Ach ja: Ein Liter Super kostete 64 Pfennige. Ein neuer Stil hielt auch auf dem Automobilmarkt Einzug. Opel stellte im Frühjahr 1963 den neuen Rekord vor. Deutlich sachlicher gestaltet als der etwas barocke Vorgänger. "Ein Wagen des kompromisslosen Fortschritts", wie es im damaligen Verkaufsprospekt hieß. Mit seiner Kombination aus klaren Linien und vorbildlicher Raumausnutzung begeisterte das neue Mittelklassemodell das Publikum.

Die Namensgeschichte des Rekord ist allerdings etwas komplizierter und reicht noch weiter in die Vergangenheit zurück. Denn sein Vorfahre war der bereits 1953, also vor 70 Jahren, eingeführte Opel Olympia Rekord - die erste komplette Neukonstruktion von Opel seit Wiederaufnahme der Fahrzeugproduktion 1946. Mit dem Modelljahr 1957 bezeichnete Opel den Olympia Rekord zusätzlich als P1 und verwies damit auf die Panorama-Frontscheibe.

Schnörkellose Karosserie und viel Platz

Ab 1960 verzichtete Opel ganz auf den Namen Olympia. Das neue Modell, der Rekord P2, erhielt die numerische Ergänzung 2, obwohl die Frontscheibe die starke Wölbung des Panorama-Jahrgangs gar nicht mehr aufwies. Im Frühjahr 1963 machte Opel mit der Präsentation einer neuen Limousine dann reinen Tisch, was die Bezeichnung seiner Mittelklasse angeht - der Rekord A war geboren.

Er fiel bei seiner Premiere durch seine klare, glattflächige Gestaltung auf. "Besonders loben die Autofahrer die glatte, schnörkellose Karosserie mit ihrem großzügigen Raumangebot", wie es in den damaligen Begleitmaterialien hieß. Und weiter: "So tritt dieser jüngste Rüsselsheimer Spross mit seinem Innenraum-Komfort und seinen Fahrwerten in den Bereich ein, der vor zehn Jahren noch dem Kapitän vorbehalten war. Er übertrifft sogar dessen Innenraum, braucht aber 20 Prozent weniger Kraftstoff."

Die typisch amerikanischen Rundungen waren beim Rekord A glatten Oberflächen gewichen. Die Scheinwerfer saßen nun nicht mehr über dem Kühlergrill, sondern begrenzten diesen zu beiden Seiten auf einer Höhe, sodass das Fahrzeuggesicht optisch eine Einheit bildet - fast schon ein erster Vorläufer des vom Opel Manta inspirierten heutigen Markengesichts Opel Vizor.

Kombi mit zwei Kubikmeter Ladevolumen

Auch die Seiten und das Heck bestachen durch ihre Klarheit. Überflüssige Chromzierleisten oder Applikationen waren nicht mehr angesagt - das neue Modell richtete seinen Fokus auf das Wesentliche.

Und das hieß, dem Fahrer und den Passagieren so viel Auto wie möglich zu bieten: Mit den Maßen 4.512 x 1.696 x 1.465 Millimeter (Länge x Breite x Höhe) hatte sich der Rekord A kaum zu seinem Vorgänger verändert - und war doch entscheidend größer geworden: im Innenraum. So konnte dank modernster Entwicklungsmethoden ein wesentlicher Raumgewinn erzielt werden, der sich auf Komfort und Alltagsnutzen positiv auswirkte.


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Die ebenfalls 4,51 Meter lange Kombivariante Caravan bot nun mehr als zwei Kubikmeter Ladevolumen. Trotzdem setzten Familienväter vor 60 Jahren noch verstärkt auf die klassische Limousine. Dank des um knapp zehn Zentimeter auf 2.639 Millimeter vergrößertem Radstand genossen die Passagiere gerade im Fond mehr Beinfreiheit. Verbunden mit der stärker geneigten Front- und Heckscheibe verstärkte dies den gestreckten, eleganten Auftritt des Rekord A.

Variantenvielfalt kommt bei den Kunden an

Zugleich standen die Sicherheit und das Fahrgefühl im Mittelpunkt der Entwicklung. So konnte die Verwindungssteifigkeit der Karosserie um rund 30 Prozent gesteigert werden. Darüber hinaus verfügte der Rekord A über ein Zweispeichen-Sicherheitslenkrad und war im weiteren Verlauf auch mit Scheibenbremsen vorne und Zweikreis-Bremsanlage bestellbar.

Dem Komfort und der Sicherheit kam auch das neuentwickelte Heiz- und Belüftungssystem zugute, bei dem beispielsweise die Düsen für die Seitenfenster so in den Ecken der Instrumententafel saßen, dass sie seinerzeit optimal einem möglichen Beschlagen entgegenwirkten.

Opel Rekord A (1963-1965)

Opel Rekord A (1963-1965) Zoom

Ein weiterer Grund für den Erfolg des Rekord A: Die Opel-Verantwortlichen boten den Kunden eine Variantenvielfalt, die so gut wie jeden Geschmack und jedes Anforderungsprofil traf: Das damals bereits ab erschwinglichen 6.830 DM erhältliche Mittelklassemodell war als zwei- und viertürige Limousine mit und ohne Luxusausstattung, als sportliches Coupé sowie als praktischer Kombi Rekord Caravan erhältlich.

Das Angebot rundete der dreitürige Schnell-Lieferwagen für den Berufsalltag ab. Die Käufer konnten im Stil der Zeit aus insgesamt 28 verschiedenen - 13 einfarbigen und 15 zweifarbigen - Lackierungen wählen. Zur serienmäßigen Ausrüstung zählten die Opel-Frischluft-Warmwasserheizung, Scheibenwischer, ein - damals nicht selbstverständliches - Zentralschlüsselsystem, mit Kunstleder bezogene Sitze und Deckenbespannung sowie beim Caravan eine Abdeckung des Reserverades im Heck.

Unter der Haube fand sich bewährte Technik in Gestalt der 1,5- und 1,7-Liter-Reihen-Vierzylinder mit 40 kW/55 PS respektive 44 kW/60 PS. Wer es stärker und flotter mochte, wählte ab 1964 den Rekord 6, der mit seinem 2,6-Liter-Reihen-Sechszylinder und 74 kW/100 PS auf mehr als 170 km/h Spitze beschleunigte - für damalige Verhältnisse eine echte Ansage. Zugleich gilt der Rekord 6 damit als Vorläufer des Opel Commodore.

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Der letzte Rekord A rollte im Herbst 1965 vom Band und wurde direkt von der nächsten Rekord-Generation abgelöst. Dieser Rekord B sollte aber nur ein Jahr lang im Programm bleiben. Insgesamt wurden in nur zwei Jahren unglaubliche 887.304 Rekord A hergestellt. Mit gut 200.000 Stück hatte der Kombi, meist zu gewerblichen Zwecken genutzt, einen für damalige Verhältnisse hohen Anteil an der Gesamtproduktion.