• 14.09.2023 10:47

  • von Roland Hildebrandt

Ford Focus (1998-2004): Klassiker der Zukunft?

Mit ungewöhnlichem New-Edge-Design rollte vor 25 Jahren der Nachfolger des Ford Escort auf die Straßen. Wir werfen einen Blick zurück

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Unsere geschätzten Leser haben bestimmt schon einmal die Rubrik "Kennen Sie den noch?" studiert. Dort stellen wir Autos von früher vor, die inzwischen fast vergessen sind. Doch was ist mit den Modellen, die durchaus noch zahlreich im Straßenverkehr umherfahren? Jene Typen, die jeder kennt, die schon deutlich über 20 Jahre, teilweise aber auch viel weniger auf dem Buckel haben.

Titel-Bild zur News: Ford Focus (1998-2004)

Ford Focus (1998-2004) Zoom

Werden sie einmal Oldtimer? Das birgt Zündstoff für kontroverse Diskussionen. Einige dieser Modelle wollen wir in unserer Reihe "Klassiker der Zukunft?" vorstellen.

"Der Focus wird sich mit jedem Konkurrenten in der C-Segment-Klasse messen können." Selbstbewusste Worte, die Jac Nasser, damaliger Präsident der weltweiten Ford Automotive Operations, seinem neuen Hoffnungsträger mit auf den Weg gab. Doch bei aller Zuversicht konnte auch er damals nicht wissen, dass er von einem künftigen Weltbestseller und einem echten Meilenstein in der Automobilgeschichte redete.

Die erste Ford Focus-Generation erlebte ihre Weltpremiere im Jahre 1998 auf dem Genfer Automobilsalon: Es handelte sich um ein Kompaktmodell, das mit den damals gängigen Stilvorstellungen brach und sich stattdessen mit Ecken, Kanten und Wölbungen, mit keilförmig konturierten Scheinwerfern und hoch angesetzten Rückleuchten in einer gänzlich neuen Formensprache zeigte - dem "New Edge Design" von Ford.

Nasser verdeutlichte die Ambitionen des Ford Focus von Beginn an: "Mit seinem außergewöhnlichen Design, den dynamischen Fahreigenschaften, dem großen Platzangebot und seiner Sicherheitsausstattung übt das Auto auch große Anziehungskraft auf Autokäufer aus, die einmal mit Gewohntem brechen wollen."

Der erste Ford Focus basierte auf einer neuen Plattform und hatte eine Karosseriestruktur, die nicht nur sehr stabil war, sondern auch das niedrigste Leergewicht in dieser Fahrzeugklasse ermöglichte. Ungewöhnlich für dieses Fahrzeugsegment war auch die aufwändige Einzelradaufhängung an der Hinterachse. Auch die Alltagstauglichkeit ließ nichts zu wünschen übrig.

Dank des langen Radstands überzeugte der Ford Focus mit einem Platzangebot, das man sonst erst in höheren Fahrzeugklassen erwartet. Die hohe Torsionssteifigkeit der Karosserie in Verbindung mit der aufwendigen hinteren Einzelradaufhängung trug maßgeblich zum von Anfang an gelobten Handling bei.

Das Antriebsangebot der ersten Focus-Generation war das vielfältigste, das Ford je zum Start einer Modellreihe angeboten hatte. Es umfasste Zetec- und Zetec-SE-Benzinmotoren mit 1,4 bis 2,0 Litern Hubraum und einer Leistung von 55 kW (75 PS) bis 96 kW (130 PS). Hinzu kam ein neu entwickelter Direkteinspritzer-Turbodiesel mit 66 kW (90 PS) und 40 Prozent mehr Drehmoment gegenüber dem Vorgänger.

Die neue Baureihe verfügte über ein Vierkanal-ABS mit elektronischer Bremskraftverteilung sowie erstmals über eine Traktionskontrolle, die über den gesamten Geschwindigkeitsbereich wirksam war. Abgerundet wurde das Sicherheitspaket durch das Elektronische Stabilitätsprogramm ESP. Zu den passiven Schutzeinrichtungen gehörten Fahrer- und Beifahrerairbags sowie neuartige Seitenairbags, die bei einem Aufprall besonders den Kopf- und Brustbereich der Insassen schützten.

Ford Focus (1998-2004)

Ford Focus (1998-2004) Zoom

55 renommierte Fachjournalisten aus 25 Ländern kürten den Ford Focus zum "Auto des Jahres 1999". Damit knüpfte er auch auf europäischer Ebene an eine Markentradition an: Vor ihm hatten bereits der Ford Escort (1981), der Ford Scorpio (1986) und der Ford Mondeo (1994) diese prestigeträchtige Auszeichnung erhalten.

Wenige Wochen nach dem Verkaufsstart der drei- und fünftürigen Fließheckversionen erweiterte Ford im Februar 1999 die Modellpalette um die viertürige Stufenhecklimousine und die Kombiversion Turnier.

Vor allem der Turnier beeindruckte - zum Beispiel mit dem größten Laderaum seiner Klasse: 520 Liter fasste er im Normalzustand (VDA-Norm), durch Umklappen der Rücksitzlehne erhöhte sich das Ladevolumen auf beachtliche 1.580 Liter. Ebenfalls neu war der 1,8-Liter-Turbodiesel-Direkteinspritzer mit 66 kW (90 PS), der mit durchschnittlich 4,9 Liter Normverbrauch auf 100 Kilometer zu den Sparsamsten seiner Klasse zählte.

Kunden und Tester honorierten auch die damalige Ein-Preis-Strategie von Ford: Gleicher Preis für alle Karosserievarianten bei vergleichbarer Ausstattung! Zumal Ford beim Focus noch eins drauf setzte und die neue Baureihe ebenfalls in verschiedenen Motor- und Ausstattungsvarianten zum Einheitspreis anbot.

Im Januar 1999 durfte sich der Ford Focus auf den Schotterpisten beweisen: Das neu gegründete Ford Martini World Rally Team debütierte mit zwei Fahrzeugen beim Auftakt der Rallye-Weltmeisterschaft 1999.

Angetrieben wurde der allradgetriebene Ford Focus WRC von einem 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbomotor mit 34 Millimeter großem Luftmengenbegrenzer, der 300 PS leistet und ein maximales Drehmoment von 550 Nm bereitstellte. Mit Fahrern wie Colin McRae, Carlos Sainz und Markko Märtin holte der Martini-Focus zwar Siege, aber keinen WM-Titel.

Ford Focus WRC (2001) von Colin McRae steht zum Verkauf

Ford Focus WRC (2001) von Colin McRae steht zum Verkauf Zoom

Was den Verkaufserfolg anbelangt, stellte der Ford Focus im Frühjahr 2000 erstmals Rekorde auf: Bereits am 9. März rollte im saarländischen Werk Saarlouis das 750.000ste Exemplar vom Band. Und bereits im Juni, nur zwei Jahre nach Produktionsbeginn, verließ an gleicher Stelle der einmillionste Ford Focus aus europäischer Produktion die Werkshallen - ein bis dahin einmaliger Vorgang in der Unternehmensgeschichte von Ford.

Gebaut wurde der Ford Focus, der übrigens als erstes Modell der Automobilgeschichte sowohl in Europa als auch in Nordamerika "Auto des Jahres" war, in den europäischen Ford-Werken Saarlouis, Valencia/Spanien und im US-Werk Wayne/Michigan. Nicht nur in Europa, wo das Segment der kompakten Mittelklasse damals rund 35 Prozent des Marktes ausmachte, zog er die Kunden in Scharen an.

Auch in Nordamerika war die Nachfrage groß, vor allem bei der jüngeren Generation. Mehr als die Hälfte der US-Käufer war jünger als 35 Jahre, ein Viertel sogar jünger als 25 Jahre.

Eine weitere Pressemeldung, die zwar erst 2001 veröffentlicht wurde, aber thematisch noch ins Millennium-Jahr gehört, macht auf folgendes aufmerksam: Mit 941.938 Einheiten war der Ford Focus das weltweit meistverkaufte Auto des Jahres 2000, knapp 100.000 Einheiten vor dem VW Golf und noch einmal so weit vor dem Opel Astra. Beide wurden jedoch nicht so global vermarktet wie der Focus.

Als erstes Ford-Modell konnte der Focus ab Februar 2001 mit einem Telematiksystem ausgestattet werden, das Ford gemeinsam mit Vodafone entwickelt hatte. Neben einer GPS-gestützten Notruffunktion bot dieses System individuelle Informationen über das FordTelematics-Kundencenter sowie ein sprachgesteuertes Telefon.

Er war bereits im Vorjahr der meistverkaufte Pkw der Welt und glänzte auch im ersten Halbjahr 2001 wieder mit hervorragenden Verkaufszahlen: Mit weltweit über 500.000 verkauften Einheiten setzte sich der Ford Focus mit deutlichem Abstand an die Spitze der Verkaufs-Weltrangliste. In Europa stieg der Absatz im gleichen Zeitraum auf 310.000 Einheiten. Allein in Deutschland wurden von Januar bis Ende Oktober 2001 über 88.000 Ford Focus neu zugelassen.

Am 26. März 2002 rollte im saarländischen Werk Saarlouis der zweimillionste Ford Focus aus europäischer Produktion vom Band. Zum Modelljahr 2003 wurde die Motorenpalette erweitert - um einen 1,8-Liter-TDCi-Motor mit 74 kW (100 PS). Und den sportlichen Ford Focus ST170 gab es nun auch in der Kombiversion Turnier.


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Noch heißer wurde es im Ford Focus RS von 2002. Dank Turboaufladung stieg die Leistung des 2,0-Liter-Duratec-Benziners auf 158 kW (215 PS), das Drehmoment erreichte 310 Nm. Höchstgeschwindigkeit? 232 km/h. Damit diese Kraft optimal auf den Asphalt gebracht werden konnte, sorgten eine aufwändige Fahrwerkskonstruktion und ein Quaife-Sperrdifferenzial für maximale Bodenhaftung.

Die damaligen Rivalen des ersten Focus:

VW Golf im Rückblick: Der Golf IV (1997 - 2003)
Opel Astra G (1998-2005): Klassiker der Zukunft?

Am 22. September 2004 war es soweit: Nach sechs Jahren Produktionsdauer der Generationswechsel: Der neue Ford Focus, die zweite Generation, feierte auf dem Pariser Automobilsalon seine Weltpremiere. Aber das ist eine andere Geschichte ...