• 06.03.2022 08:51

  • von Roland Hildebrandt

Droht eine Oldtimer-Schwemme? Blödsinn!

Droht Deutschland eine Überflutung an lieblos gepflegten alten Autos? Mitnichten. Oldtimer sind weit seltener als gedacht, wie Zahlen des KBA belegen

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Die Neuwagen von gestern sind die Oldtimer von morgen. Auch wir stellen regelmäßig Autos vor, die inzwischen 30 Jahre alt sind und damit theoretisch das begehrte H-Kennzeichen erhalten können. Droht mit Blick auf VW Golf II oder Audi 80 jetzt eine Altblech-Schwemme, wie es manch ein Medium schrieb? Mitnichten, wie frische Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes zeigen.

Titel-Bild zur News: VW Golf I und Golf II

VW Golf I und Golf II Zoom

Demnach steigt das durchschnittliche Alter der in Deutschland zugelassenen Pkw auf durchschnittlich 10,1 Jahre. Einerseits sind Autos inzwischen haltbar, zudem erschließt sich manch Autofahrer nicht der Fortschritt von Touchscreens oder immer mehr Assistenzsystemen. Aber es gibt auch mehr als genügend Menschen, die schlicht kein Geld für ein neues (Elektro-) Auto haben und mobil bleiben müssen.

Die Anzahl der Pkw, die älter als 30 Jahre sind, erhöhte sich 2021 um gut 147.000 Einheiten (15 Prozent) auf 1.130.776 Fahrzeuge. Gemessen am Pkw-Gesamtbestand (gut 48,5 Mio.) sind das aber lediglich 2,33 Prozent. Und nur gut die Hälfte davon ist als Oldtimer zugelassen. Denn nicht jedes Auto bekommt automatisch ein H-Kennzeichen. Per Gutachten muss ein guter Zustand attestiert werden.

Bei jungen 30-jährigen Fahrzeugen mindern serienmäßige Katalysatoren die Steuerlast, bei Oldtimern mit besonders kleinem Hubraum wie etwa Fiat 500 oder Trabant 601 lohnt sich das H-Kennzeichen (192 Steuer pauschal im Jahr) nicht. Apropos Trabant: 30 Jahre nach seinem Produktionsende registrierte das KBA im Jahr 2021 wieder MEHR Trabis. 39.342 "Rennpappen" sind jetzt zugelassen, gut 1.200 mehr als noch vor Jahresfrist.


Fotostrecke: Droht eine Oldtimer-Schwemme? Blödsinn!

Woher rührt die Angst vor eine Oldtimer-Schwemme? Es sind verschiedene Richtungen: Feindbild der Öko-Bewegung in Verbindung mit Lustfeindlichkeit und Sozialneid. Allerdings bewegt sich das Gros aller Oldtimer in Deutschland unter 30.000 Euro, meist sogar deutlich. Mercedes 300 SL Flügeltürer oder Porsche 911 sind aber häufiger auf kostenintensiven Oldtimer-Rallyes unterwegs, die Publikum anlocken.

Dann sind da noch die älteren Altblech-Freunde, die mit dem Gedanken an einen VW Golf II oder gar Ford Fiesta mit H-Kennzeichen fremdeln. Zum Teil verständlich, aus ihrer Sicht sind es belanglose Neuwagen ohne Chrom und Faszination. Aber sie sollten bedenken, womit ihre eigene Oldtimer-Leidenschaft begonnen hat: Mercedes Strich-Acht, VW Käfer und Co., als diese Autos profane Gebrauchtwagen waren oder gar als "Rostlauben" beschimpft wurden.

Klassiker der Zukunft?

BMW 3er Coupé (E36, 1992-1999): Klassiker der Zukunft?
VW Polo II (1981-1994): Klassiker der Zukunft?

Aber Frischlinge im Oldtimer-Hobby suchen sich nach ähnlichem Muster einen günstigen Einstieg ins Hobby mit Bezug zu ihrer Kindheit. Das kann inzwischen schon eine E-Klasse der Vier-Augen-Baureihe 210 ab 1995 sein oder ein BMW 5er (E39). Und zur Beruhigung: Allein die Abwrackprämie 2009 hat leider genug Youngtimer dezimiert. Ein Blick in die Gebrauchtwagen-Börsen zeigt zwar rund 1.000 VW Golf bis Baujahr 1990, aber lediglich 40 Ford Fiesta bis 1990.

Wenn aber ein Kleinwagen der 1980er-Jahre mit simpler Technik den Nachwuchs fördert, sollte man nicht hochnäsig sein. Nur so haben nämlich auch die richtig alten Oldtimer eine dringend benötigte Zukunft. Ein persönlicher Tipp an die Altvorderen: Nehmt die Jugend auf eine Spritztour als Beifahrer mit oder lasst Sie unter Aufsicht ans Lenkrad Eurer Schätze! Beteiligt Sie finanziell an Eurem Oldtimer: Wer monatlich einen festen überschaubaren Betrag abbezahlt, wird sich darum mit Herzblut kümmern. Garantiert!

Neueste Kommentare