• 18.05.2022 13:47

  • von Roland Hildebrandt

Dacia 1300/1310 (1969-2004): Der rumänische Renault

Er war berühmt und berüchtigt zugleich: Der Dacia 1300/1310 auf Basis des Renault 12 - Heute ist die Limousine längst anerkannter Oldtimer

(Motorsport-Total.com/Motor1) - In Rumänien sind weder Volkswagen noch der Käfer ein Begriff. Das rumänische "Volksauto" ist der Dacia 1300! Es war genau dieses Auto, das die Nation in den 1970er- und 1980er-Jahren auf die Straße brachte. Mihai, der für Renault in Rumänien arbeitet, verbindet viele Kindheitserinnerungen mit diesem Modell.

Titel-Bild zur News: Dacia 1300/1310 (1969-2004)

Dacia 1300/1310 (1969-2004) Zoom

Er ist stolz darauf, den Dacia 1310 seines Vaters restauriert zu haben, und ist seitdem ein begeisterter Fan. Er nimmt uns mit auf eine Reise durch sein Lieblingsauto und die Geschichte dahinter.

Mihai besitzt einen 1310 TLX, den sein Vater 1992 gekauft hat. Der Dacia 1300 - eine identische Kopie des französischen Renault 12 - wurde von 1969 bis 1979 gebaut und hieß bis 2004 Dacia 1310. Unser treuer Fan weist darauf hin, dass "die beiden Hauptunterschiede zwischen dem 1300 und dem 1310 das neue Design der Frontpartie mit vier Lampen und schwarzem Kühlergrill sowie die Heckoptik sind."

Das Volksauto Rumäniens

Mitte der 1980er Jahre wurden Dacia-Autos zu 98 Prozent aus lokalen Teilen hergestellt, sodass es einfach war, ältere Modelle mit Originalteilen zu reparieren und zu restaurieren. So konnte Mihai seinen Dacia 1310 TLX mit der Unterstützung des lokalen Netzwerks von Dacia-Liebhabern wieder in den Originalzustand versetzen: "Mit der Zeit gibt es immer mehr Dacia-Fans in Rumänien. Und jedes Jahr entdecken mehr Rumänen das Modell."

Indes sorgten die lokalen Teile der Zulieferer in den 1980ern für eine, nun ja, bescheidene Qualität der Fahrzeuge. Die Zulieferer wie auch Dacia ächzten unter Stromsperren und Materialmangel. Umso erstaunlicher, dass dennoch gut zwei Millionen 1300 und 1310 vom Band liefen. Allerdings in knapp 35 Jahren.

In dieser Zeit wurde der ursprüngliche 1300 nicht weniger als sechs Mal weiterentwickelt, bevor der Verkauf 2006 eingestellt wurde, zwei Jahre nach dem Produktionsstart des Logan. "Der Dacia 1300 ist die Ikone Rumäniens. Sein erschwinglicher Preis machte ihn zu einem echten Volksauto", erklärt Mihai.

Knapp zwei Millionen Fahrzeuge in 35 Jahren

Der erste Dacia 1300 verließ das Fließband am 23. August 1969. Am 21. Juli 2004 verließ der letzte Dacia 1310 (Limousine) mit der Nummer 1.959.730 die Produktionsstätte in Mioveni, nur einen Monat vor seinem 35-jährigen Jubiläum.

Der Einfluss des Dacia 1300 beschränkte sich jedoch nicht auf die rumänischen Grenzen, da er auch in andere Länder in Osteuropa, Afrika, dem Nahen Osten und Lateinamerika exportiert wurde.

Mihai ist erstaunt, wie zuverlässig sein Dacia 1310 ist: Er zeigt zwar nur 3.400 Kilometer auf dem Zähler an, aber das liegt daran, dass er alle 99.999 Kilometer auf Null umschaltet... und er hat schon drei volle Zyklen hinter sich!

Zuschlag für den Renault 12

Die rumänische Regierung hatte in den 1960er Jahren beschlossen, die Werkzeuge und das Grunddesign eines westlichen Autos zu erwerben, um die Abhängigkeit Rumäniens von importierten Konsumgütern zu verringern.

Die Bedingungen sahen vor, dass das Fahrzeug preiswert, groß genug für eine Familie und mit einem Motor mit einem Hubraum von höchstens 1,3 Litern ausgestattet sein sollte. Angebote kamen unter anderem von Alfa Romeo, Fiat, Austin, DKW und Peugeot, doch den Zuschlag erhielt der Renault 12.


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Die Entscheidung für ein französisches Design hatte nicht nur politische, sondern auch technische Gründe; Rumänien wollte die wirtschaftlichen Beziehungen zu Westeuropa, insbesondere Frankreich, pflegen und seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit demonstrieren. Zugleich war der Renault 12 von vornherein als relativ simples Auto konzipiert worden.

Auch in der DDR ein Erfolg

Als die Automobilproduktion im Werk Mioveni anlief, war der Renault 12 noch ein Prototyp; aus diesem Grund bot Renault CKD-Bausätze und Werkzeuge für den älteren Renault 8 Major als vorübergehendes Surrogat an. Das Ergebnis war der Dacia 1100, der einige Jahre lang gebaut wurde, bis der 1300 kam.

Sowohl der R12 als auch seine lizenzierte Kopie wurden 1969 auf den Markt gebracht, obwohl der 1300 9 Tage vor dem R12, am 23. August, vorgestellt wurde. In den ersten Produktionsjahren wurden im Werk aus Frankreich importierte CKD-Bausätze montiert.

In der DDR war der Dacia 1300 trotz seiner schlechten Verarbeitungsqualität und Rostanfälligkeit ein beliebtes Fahrzeug, weil "quasi Renault" und Viertakt-Motor. Er kostete 1973 in der DDR 23.450 Mark. Allerdings geriet die Qualität insbesondere beim späteren 1310 so miserabel, dass es zu Wandlungen kam, die seitens des staatlichen IFA-Vertriebs eigentlich gar nicht vorgesehen waren.

Rost an der Karosserie war das Hauptproblem

Der 1300 wurde mehrfach überarbeitet, um das Interesse der Verbraucher an dem Modell aufrechtzuerhalten, aber das Grunddesign wurde während seiner gesamten 35-jährigen Lebensdauer beibehalten. Obwohl Leistung und Kraftstoffverbrauch schrittweise verbessert wurden, entsprach die Qualität nicht immer dem Standard, nachdem der Import von CKD-Bausätzen eingestellt worden war. Die Korrosion der Karosserieteile wurde zum Hauptproblem des Modells.

Die Kombi-Version, der Dacia 1300 Break, ging 1973 in Produktion, und 1975 wurde der Dacia 1302, ein von der 1300er-Plattform abgeleiteter Pick-up, eingeführt. Nach der Beendigung der Zusammenarbeit mit Renault im Jahr 1978 präsentierte Dacia auf der Bukarester Auto Show 1979 eine überarbeitete Version des 1300. 1982 wurde der Name in Dacia 1310 geändert, später kamen noch "1210", "1410" und einige andere Versionen hinzu.

1983 wurde die gesamte Baureihe für das Modelljahr 1984 einem Facelift unterzogen. Im gleichen Jahr wurde auch eine Coupé-Version des Wagens, der 1410 Sport, mit zwei Türen und flacherer Dachlinie herausgebracht. 1987 wurde der Dacia 1320 Liftback eingeführt.

Dacia 1325 Liberta kam 1990

Im Jahr 1989 startete eine neue Generation des Dacia 1310 als Kombi und Limousine. Es handelte sich um eine geringfügige Änderung der vorherigen Generation mit neuen Scheinwerfern. Eine neue Schrägheckversion mit dem Namen Dacia 1325 Liberta (Freiheit) wurde nach der politischen Revolution 1990 eingeführt. Der 1310 Van wurde ebenfalls 1990 eingeführt. Die vollständig überarbeitete Baureihe Dacia 13xx wurde 1993 eingeführt.

Schon in den 1980er Jahren war das Modell in die Jahre gekommen, und sein Fahrgestell entsprach nicht mehr den damaligen Sicherheitsstandards, sodass Dacia mit der Arbeit an einem Ersatz begann. Finanzielle und politische Rückschläge führten jedoch dazu, dass der Dacia Nova erst 1994 auf den Markt kam und zu diesem Zeitpunkt bereits veraltet war.

Obwohl sich die neuere Nova-Baureihe (aus der später der Dacia SupeRNova und der Dacia Solenza hervorgingen) gut verkaufte und bessere Fahreigenschaften aufwies, konnte sie die 1310er-Baureihe aufgrund des höheren Preises, des kleineren Innenraums und anderer Faktoren (wie etwa der Tatsache, dass sie nur als Liftback-Karosserie angeboten wurde) nie ersetzen.

Daher sah sich Dacia 1998 gezwungen, das Modell 1310 noch einmal zu überarbeiten. Das letzte Modell 1310 wurde einfach "Berlina" oder "Break" genannt, was für Limousine beziehungsweise Kombi stand. Um mit den modernen Standards Schritt zu halten, wurde die letzte Version mit einer Kraftstoffeinspritzung und einem Katalysator ausgestattet und erfüllte die Euro-2-Abgasnorm.

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