V8STAR Teil 3: Ein überraschend schneller Niedergang

Die V8STAR befand sich Mitte 2002 auf ihrem Zenit - Doch bald sollte sich herausstellen, dass das Geschäftskonzept nicht aufging: Vom Abstieg und Ende

(Motorsport-Total.com) - Am 17. November 2003 wurde die V8STAR-Serie eingestellt. Grund genug, für 'Motorsport-Total.com' anlässlich der 15-jährigen Jahrestags auf eine der beliebtesten Tourenwagenserien ihrer Zeit zurückzublicken. Auf Basis exklusiver Gespräche zeichnen wir den Weg der Meisterschaft von den bescheidenen Anfängen bis zum plötzlichen Ende nach. Heute: Der überraschende Abstieg und das Ende nach nur drei Jahren.

Titel-Bild zur News: Hubert Haupt, V8STAR

Ab Mitte 2002 ging es für die V8STAR erst langsam, dann immer schneller bergab Zoom

Man verstand es, die Probleme nicht nach außen dringen zu lassen. Wer Mitte 2002 ein V8STAR-Rennen auf der Tribüne oder am Fernseher im DSF (heute: Sport1) verfolgte, dürfte kaum geglaubt haben, dass sich die Serie bereits auf dem Zenit befand. Obwohl mittlerweile fünfstellige Zuschauerzahlen die Regel waren, liefen ab der zweiten Jahreshälfte 2002 die Dinge in die falsche Richtung. Nicht auf der Strecke, wo bis zum Schluss spektakulärer Motorsport geboten wurde und Johnny Cecotto 2002 seinen Titel gegen den neuen Herausforderer Thomas Mutsch verteidigen konnte.

Die Probleme waren finanzieller Natur. Es war das übliche betriebswirtschaftliche Problem einer Rennserie. "Unseren Ausgaben standen zu wenige Einnahmen gegenüber", sagt Serienorganisator Altfrid Heger. "Der Sport und die Technik haben hervorragend funktioniert. Was nicht funktioniert hat, waren das Marketing und die Wirtschaftlichkeit."

Der erste dicke Knüppel kam im Sommer 2002 vom Finanzamt: Der Vorwurf der Liebhaberei. Die Gesellschafter der V8STAR mussten nun beweisen, dass die Rennserie nicht bloß ein Hobby war, sondern ein Business Case dahintersteckte. Dem Vorwurf begegnete man, indem die Vermarktung der Rennserie für die Saison 2003 nicht mehr eigenhändig erfolgte, sondern an die Profivermarkter von Sportfive (heute: Lagardere Sports Germany) ausgehändigt wurde. Was aber natürlich wieder eine ganze Stange Geld kostete.

Trennung von der Beru Top 10

Das sorgte jedoch für ein Problem: Heger und die V8STAR-Gesellschafter hatten nicht nur die Vermarktung der V8STAR, sondern der gesamten Beru Top 10 übernommen. "Das war unser größter Fehler", gibt Heger zu. "Wir hätten uns auf uns selbst konzentrieren sollen." Vielleicht hatte man die eigene Meisterschaft zu Beginn unterschätzt. Man suchte die Beru Top 10 als Plattform. Dass man schon im ersten Jahr zum Zugpferd werden würde, hatten wohl weder Heger noch die Gesellschafter erwartet.


Fotostrecke: Erinnerungen an die V8STAR

Jedenfalls wurden sich die V8STAR-Organisatoren ihrem gestiegenen Bekanntheitsgrad bewusst. So suchte man nach Betätigungen außerhalb der Beru Top 10, um an hochwertigeren Wochenenden teilzunehmen. Im Februar 2003 platzte dann die Bombe: Die Top 10 und die V8STAR gehen komplett getrennte Wege. Nun hatte die V8STAR ein Problem: Zu einer solch fortgeschrittenen Zeit im Winter sind alle Verträge über Rahmenrennserien unter Dach und Fach. Zwar hatte die Serie das Zeug zum Zugpferd und damit auch dazu, eigene Wochenenden zu veranstalten. Doch alle anderen Meisterschaften hatten bereits ihre Kalender fix. Somit konnte man nur noch als Rahmenserie antreten.

Natürlich brachte das auch Möglichkeiten mit sich. Die V8STAR sicherte sich Zugang zu prestigeträchtigen Veranstaltungen wie dem Truck Grand Prix auf dem Nürburgring, dem German 500 der ChampCar-Serie und dem damals noch sehr populären Formel-3-Masters in Zandvoort. Das bedeutete jedoch Antrittsgelder, die die angespannten Kassen der V8STAR weiter belasteten.

Das machte sich auch langsam bei den Starterzahlen bemerkbar. Trotz Ausschöpfung aller erdenklichen Mittel zur Kostensenkung waren immer weniger Teams in der Lage, eine ganze Saison zu finanzieren. So kam es im Laufe der Saison 2003 zu einer immer größeren Fluktuation im Feld: Teams traten an, wenn sie einen Einmal-Sponsor auftreiben konnten und verschwanden für einige Zeit wieder. Fahrer wechselten teilweise von Rennen zu Rennen - je nachdem, wer gerade bezahlen konnte. Ganze acht Piloten nahmen 2003 ausnahmslos an allen Rennen teil.

Premiere: Erstes Ovalrennen einer deutschen Rennserie

Dennoch konnte man lange Zeit das Starterfeld bei gesunden Starterzahlen von um die 20 Autos halten (erst beim wenig prestigeträchtigen Trophy of the Dunes-Wochenende sank die Zahl auf kritische 14). Und eines wollte man sich nicht mehr nehmen lassen: Das erste Ovalrennen einer deutschen Meisterschaft zu absolvieren. Nachdem der Versuch der DTM, im selben Jahr auf dem Lausitzring zumindest teilweise im Oval zu fahren, in einer Blamage mit Reifenschäden endete, hatte die V8STAR keine Probleme, den gesamten Speedway zu befahren. "Zwei Stints auf einem Reifensatz ohne Probleme", strahlt Altfrid Heger.


Amateurvideo: V8STAR im Oval

Bis heute ist er jedoch sehr enttäuscht darüber, wie wenig Beachtung die Premiere fand. Zu einem Zeitpunkt, als Online-Portale noch in den Kinderschuhen steckten, erfolgte die Medienberichterstattung abseits des Fernsehens noch fast ausschließlich über Printmedien. "Kein einziger Journalist der Motorpresse Stuttgart ist zum ersten Ovalrennen einer deutschen Rennserie erschienen" schüttet er der den Kopf.

Das Wochenende wurde Schauplatz einer weiteren Geschichte, die den Geist der V8STAR unter Beweis stellt. Ein Gewitter in der Nähe der Strecke legte die Stromversorgung in der Region lahm und die Zeitnahme funktionierte nicht mehr. Der DMSB wollte das Rennen komplett annullieren. Unter Mithilfe aller Teams, die ihre Runden dokumentiert hatten, wurde daraufhin gemeinsam eine Wertung erstellt. Der DMSB akzeptierte und niemand fühlte sich ungerecht behandelt. In kaum einer anderen Rennserie auf diesem Niveau hätte es das geben können.

Auch nach dem Ende: Die V8STAR lebt

Doch jeglicher Zusammenhalt hilft nicht, wenn es zu wenige Einnahmen gibt. "Der Return of Investment war einfach nicht da", sagt Heger. Auch, weil die in der DTM engagierten Hersteller nicht müde wurden, gegen die V8STAR zu arbeiten. "Die V8STAR hat nicht in die Zeit gepasst, weil sie von den Herstellern nicht zu kontrollieren war." Das sollte sich nach dem Aus ändern: Die V8STAR war das letzte Aufbäumen gegen die Macht der Hersteller im deutschen Motorsport. Mit dem Ende der Serie war die Vormachtstellung der Autokonzerne etabliert - bis heute.

Doch auch interne Querelen über die Zukunft brachten die V8STAR letztlich zu Fall. Zwischen den Geschäftsführer Max Welti und Georg Scheid und den Gesellschaftern der Serie, also der Hopf-Holding, gab es zu wenig Austausch. All dies führte dazu, dass nur zwei Monate nach Ende der Saison 2003 der Entschluss fiel, die Serie nicht fortzuführen. Offiziell war es natürlich kein Ende. "Die V8STAR wird das Jahr 2004 nutzen, weitere Partner für sich zu gewinnen, um so das wirtschaftliche Fundament der Rennserie zu verstärken", hieß es in der offiziellen Pressemitteilung. Doch zum Neustart kam es nicht mehr, Pedro Lamy sollte der letzte Meister der V8STAR-Serie bleiben.


Onboard mit Dirk Adorf: V8STAR auf der Nordschleife

Die Meisterschaft mochte tot sein, doch die Boliden noch lange nicht. Sie fanden Unterschlupf in anderen Serien. In der VLN gelangen mit V8STAR-Boliden in den Folgejahren sogar Gesamtsiege. Auch beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring waren einige V8STAR am Start. Bis heute sind mehrere Chassis im Einsatz, unter anderem in der STT-Serie - wenn auch zum Teil mit kaum noch wiederzuerkennender Optik. Die Boliden wurden teilweise auf über 650 PS hochgezüchtet und gingen in dieser Konfiguration unter dem Namen "V8SuperSTAR" an den Start.

Dass die Boliden auch nach eineinhalb Jahrzehnten keine Altersschwäche zeigen, erfüllt Altfrid Heger mit einem gewissen Stolz. Er hat selbst in Essen einen fahrtüchtigen Boliden stehen, mit dem er hin und wieder Track Days wahrnimmt. Die Fahrer schwärmen bis heute von der Meisterschaft und werden regelmäßig auf diese Zeit angesprochen. "Ich bekomme noch immer Autogrammanfragen mit alten V8STAR-Bildern", lacht Thomas Mutsch. Die V8STAR lebt so bis heute weiter. In den Herzen der Fans wohl bis in alle Ewigkeit.

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