• 20.11.2008 18:28

  • von Pete Fink

Who is - Jimmie Johnson? (3)

Drei Titel in Folge, Jimmie Johnson ist der NASCAR-Pilot der Stunde - 'Motorsport-Total.com' wirft in drei Teilen einen Blick auf die Karriere des Superstars

(Motorsport-Total.com) - Wer Jimmie Johnson heute fragt, wie er seinen ersten NASCAR-Titel 2006 damals empfunden hat, der bekommt eine klare Antwort: "Nervenaufreibend", wird diese lauten, und sein Nervenkostüm bezeichnete der dreifache NASCAR-Champion schon häufiger als einen seiner wenigen Schwachpunkte.

Titel-Bild zur News: Jimmie Johnson

Jimmie Johnson feierte in Homestead seinen dritten Titel standesgemäß

Vielleicht lag es daran, dass der blaue Hendrick-Chevrolet mit der Startnummer 48 bis zur Saison 2006 zwar regelmäßig im Vorderfeld klassiert war, der ganz große Wurf aber nie gelingen wollte. Heute hat Johnson dazu eine andere Einstellung gefunden.#w1#

"Ende 2006 habe ich verstanden, dass ich nun ganz einfach an der Reihe war" erinnerte sich der 33-Jährige an seine erste Meisterfeier. "Wenn ich mir meine Karriere so ansehe, dann hatte ich eigentlich in jeder Serie Erfolg, aber der ganz große Durchbruch kam noch nicht. Nur: Wenn du an der Reihe bist, dann musst du daraus auch einen Vorteil ziehen."

Druck abschütteln lautet das Stichwort also: "Ich habe all diese Erfahrungen gemacht und das hilft mir dabei, etwas ruhiger zu bleiben. Ich versuche immer in der Einstellung zu bleiben, dass wenn es diese Woche geschehen soll, dann wird es auch geschehen."

Das dominante 2007

Jeff Gordon Jimmie Johnson

Jeff Gordon und Jimmie Johnson dominierten die Saison 2007 klar Zoom

Die Umsetzung dieser grundlegenden Erkenntnis geschah wesentlich schneller, als es der NASCAR-Konkurrenz lieb sein konnte, denn die Saison 2007 geriet komplett zur Hendrick-Show. Als einziger Johnson-Gegner erwies sich Teamkollege Jeff Gordon, der jedoch am Ende im Chase kein Land mehr gegen seinen jüngeren Zwillingsbruder sah.

Die zehn Saisonsiege des Jahres 2007 bedeuten den aktuellen persönlichen Johnson-Rekord. Seine vier Playoff-Erfolge in Serie von Martinsville, Atlanta, Texas und Phoenix brachen Gordon endgültig das Genick und brachten Johnson den zweiten NASCAR-Titel ins Haus.

So geht die NASCAR-Saison 2007 wohl aus zwei Gründen in die Geschichte ein, denn neben der Hendrick-Dominanz gab es da ja noch die Einführung des Car of Tomorrow (CoT). Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen, verhielt sich Johnson auch bei diesem Thema typisch, denn seine Kritik blieb immer sachlich und niemals laut.

Aber das CoT sollte eine unangenehme Nachwirkung haben, denn durch das interne Hendrick-Duell beschäftigte sich das Duo Johnson/Gordon nicht mit der Weiterentwicklung des so ungeliebten Neuankömmlings, sondern stritt sich in aller Freundschaft um die Meisterschaft.

Große Sorgen zu Saisonbeginn

Jimmie Johnson und Chad Knaus

Jimmie Johnson und Crewchief Chad Knaus hatten Anfang 2008 viel Arbeit Zoom

"Natürlich", sagte Johnson während des Saisonfinales 2007, "gerät man auf der Piste das eine oder andere Mal aneinander. Aber um unsere Freundschaft aufs Spiel zu setzen, dazu sind wir nicht die Typen. Das würde keiner von uns beiden machen, eine solche Art von Rennfahrer sind wir einfach nicht."

Das Titelduell ging soweit, dass keiner der beiden Superstars im Oktober 2007 bei den so wichtigen CoT-Tests in Atlanta auftauchte, bei denen ein anderer NASCAR-Superstar sein Hendrick-Debüt gab: Dale Earnhardt Jr. Der gewann zu Saisonbeginn 2008 in Daytona prompt das Budweiser Shootout und sein Gatorade-Duel, während sich über Johnson dunkle Wolken des ungewohnten Misserfolges zusammenbrauten.

"Zu Saisonbeginn 2008 waren wir definitiv sehr beunruhigt", gestand Johnson rückblickend ein. "Da gab es sogar Zeiten, in denen wir uns mit einem Blick auf die Punktetabelle und unseren Speed ernsthafte Sorgen gemacht haben, ob wir überhaupt in den Chase kommen würden." Doch dann kamen drei Rennen, die der Champion als die entscheidenden Wendepunkte bezeichnete: Texas, Michigan und vor allem Chicago.

"In Texas fehlten plötzlich nur noch drei oder vier Zehntel auf Carl Edwards", weiß Johnson. Michigan war der Beweis für die neue Stärke auf den großen Superspeedways, doch in Chicago "haben wir zum ersten Mal wieder auf einem 1,5 Meilenoval um den Sieg gekämpft. Von da an war mir klar, dass wir wieder auf Augenhöhe zur Konkurrenz standen." Der Rest ist bekannt: Auch Edwards und das so starke Roush-Team hatte im Chase 2008 eigentlich keine echte Chance gegen Johnson.

Der Erfolgsgarant Chad Knaus

Chad Knaus

Chad Knaus ist einer der ganz wichtigen Bausteine für den Johnson-Erfolg Zoom

Perfekt ist trotz aller Vermutungen übrigens nicht der Ausdruck, der zu Johnson passen würde, und das sagt er auch selbst. "Ich würde gerne ein besserer Straßenkurs-Pilot sein. Wenn ich nach Watkins Glen oder Sonoma komme, kann ich in den Top 10 mitfahren, aber an einen Sieg ist nicht zu denken", weiß der "Neue" in der Riege der NASCAR-Superstars.

"Das hier ist ein Sport, der dich ohne Zweifel schnell bescheiden macht", philosophiert Johnson. "Ich weiß, dass ich in meiner Cup-Karriere bisher viel Glück hatte. Aber es gab auch Momente, in denen du schlimme Rückschläge erleidest. Das ist Racing, aber das gehört auch dazu, denn dieser Sport kann dich mit Haut und Haaren auffressen."

Ein ganz wesentlicher Erfolgsbaustein im Johnson-Team ist Crewchief Chad Knaus. Das Duo arbeitet von Beginn an zusammen und der Fahrer Johnson weiß: "Der Crewchief hält das gesamte Team zusammen. Ich habe eine Menge Vertrauen in die Autos, die er an die Strecke bringt und er vertraut auf das, was ich aus seinen Autos herausholen kann."

Doch die Beziehung geht ein Stück weiter: "Wir haben ein ganz ähnliches Alter und darüber hinaus noch einige andere Gemeinsamkeiten. Aber wir besitzen gleichzeitig auch zwei völlig unterschiedliche Persönlichkeiten. Seine Stärken sind meine Schwächen - und umgekehrt."

Der Depp von El Cajon

Jimmie Johnson

Den "echten" Jimmie Johnson bekommen nur ganz wenige Menschen zu Gesicht Zoom

Mit den vielen Fragen zu seiner Persönlichkeit geht Johnson mittlerweile sehr gelassen um: "Als ich in die NASCAR kam, habe ich schnell gelernt, sehr höflich zu sein. Ich musste ein Vertreter meiner Sponsoren werden, ich musste die richtigen Dinge sagen und ich musste mich passend anziehen - das ganze Programm also."

Aber diejenigen, die sich über seine oft etwas farblos anmutende Art aufregen würden, "die verstehen mich nicht." Selbst Ehefrau Chandra nennt ihren Jimmie oft als "zu kindisch", doch der Hendrick-Pilot kehrt sein Inneres in der Öffentlichkeit fast niemals nach außen.

Johnson selbst sagt über sich: "Im Prinzip bin ich immer noch der Depp aus El Cajon. In der Arbeit kann ich diese Persönlichkeit natürlich nicht hochkommen lassen, aber eigentlich bin ich in meinem tiefsten Inneren immer noch der Trottel aus El Cajon."

Was er damit sagen will: "Ich möchte nie jemand anderer sein, als ich selbst. Ich weiß, dass das etwas schwierig zu verstehen ist, aber es ist nicht so, dass ich wegen meiner drei Titel irgendetwas versuche. Ich war und bin einfach nur ich selbst. Ich lebe damit und wir werden sehen, wo das einmal enden wird."

Johnson privat

Jimmie Johnson Rick Hendrick Jeff Gordon

Jimmie Johnson, Rick Hendrick und Jeff Gordon - auch privat keine Probleme Zoom

Der bekennende Eis-Liebhaber ("Schokolade auf der einen Seite, Vanille auf der anderen, Karamell in der Mitte - so kann man jeden Löffel genießen") und frühere Hobby-Surfer ("Ich bin 15 Meilen vom Strand entfernt aufgewachsen") hat seit einigen Jahren nun ein neues Hobby: Golfen.

Seine Begründung: "Was ich dabei so genieße ist es, mit drei Freunden rauszugehen, sich gegenseitig zu veralbern, Handicaps auszuarbeiten und auszuhandeln, bevor es mit dem eigentlichen Spiel losgeht. Ich liebe das drum herum und die Zeit, die ich mit meinen Freunden verbringen kann."

Ob sich unter diesen Golfern auch Jeff Gordon befindet, ist nicht öffentlich bekannt. Sicher ist jedoch, dass sich die Ehepaare Johnson und Gordon, die beide im Großraum New York leben, nach wie vor gut verstehen. "Wir verbringen viel Zeit miteinander, wir gehen oft essen", bekräftigte Johnson.

Auch wenn Jeff Gordon und seine Frau Ingrid Vandebosch seit der Geburt der kleine Ella Sofia im Juni 2007 wohl für etwas weniger gemeinsame Freizeit zur Verfügung stehen: "Wir haben sicherlich immer noch eine enge Verbindung zu einander, wir sind immer noch sehr eng mit Jeff und Ingrid befreundet."

Wer ist Mentor, wer Schützling - und wer ein Superstar?

Jeff Gordon Jimmie Johnson

Jeff Gordon und Jimmie Johnson: Hat der Schützling seinen Mentor überholt? Zoom

"Jimmie hat mich, seit er zu Hendrick kam, immer gepusht und mich zu einem besseren Fahrer werden lassen" sagte Jeff Gordon einmal über seinen Kumpel Johnson. Nun hat der aber seinen Mentor mit seinem dritten Titel in Folge eigentlich überholt - und die nackten Zahlen unterstreichen dieses auch.

Denn seit Johnson und Jeff Gordon gemeinsam im Cup fahren, hat der blaue Hendrick-Chevrolet mit der Startnummer 48 drei Meisterschaften gewonnen, Jeff Gordon noch keine einzige. Natürlich hat der vierfache NASCAR-Champion in Sachen Einzelsiege absolut gesehen die Nase noch vorne.

Aber gemeinsam sind die beiden nun in 251 Cup-Rennen an den Start gegangen. Johnson hat in dieser Zeit 40 Rennen gewonnen, Jeff Gordon nur deren 23. Und eines ist nach dem dritten Johnson-Titel ebenfalls ganz klar: Wurde bislang immer von den "großen Drei" gesprochen, die den NASCAR-Sport dominieren würden, so müssen diese jetzt als die "großen Vier" bezeichnet werden.

Die Herren Dale Earnhardt Jr., Tony Stewart und auch der so prominente Hendrick-Zwilling Jeff Gordon haben heftige Konkurrenz bekommen, und rein sportlich gesehen haben sie schon wesentlich länger das Nachsehen. Es ist ganz einfach gesagt die Jimmie-Johnson-Ära, die die NASCAR gerade erlebt.