• 17.11.2008 13:07

Das große Titelinterview mit Jimmie Johnson

Jimmie Johnson sprach in der Pressekonferenz über den Weg zu seinem dritten NASCAR-Titel in Folge und wie dieses historische Ereignis zustande kam

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Gratulation, Jimmie! Wie fühlt man sich als der Sprint-Cup-Champion des Jahres 2008? Und wie fühlt man sich als nur einer von zwei Piloten, die jemals drei Titel in Folge gewonnen haben?"
Jimmie Johnson: "Danke schön. Es ist unglaublich. Ich hatte noch nicht die Möglichkeit, das alles setzen zu lassen. Ich habe mich auch so wenig wie möglich mit der Presse beschäftigt, um voll auf den Titelkampf konzentriert zu bleiben."

Titel-Bild zur News: Jimmie Johnson

Jimmie Johnson durfte erneut die Siegertrophäe tragen

"Es hat alles geklappt, hat aber auch dazu geführt, dass ich gar nicht alles mitbekommen habe. Ich freue mich darauf, morgen in Ruhe alles nachlesen zu können und mir ein paar Sachen im TV anzusehen."#w1#

"Ich finde keine Worte dafür, wie stolz ich auf mein Team bin. Ich bin dankbar, dass ich für Hendrick Motorports mit dem Sponsor Lowe's fahren kann - und dies von Beginn an. Auch mit Chad Knaus bin ich nun seit 2002 zusammen. Das ist alles eine große Ehre für mich - mir fehlen ein wenig die Worte."

Frage: "Du musstest gegen Carl Edwards kämpfen, der achtmal in zehn Chase-Rennen unter die Top 4 fuhr. War das ein Déjà-vu-Erlebnis in Bezug auf die Saison 2004? Zuerst zurückzufallen und dann am Ende aufzuholen - nun hat Carl das Gleiche versucht..."
Johnson: "2004 war ganz anders. Da haben wir am Ende viel aufgeholt und ganz knapp verloren. Bei Carl sehe ich das anders. Sie haben den Speed, sie agieren vernünftig und sie haben intern ein gewachsenes Verhältnis. Sie sind eine echte Gefahr."

"Sie wurden in nur wenigen Rennen zurückgeworfen, aber wir sind auch nicht stehen geblieben. Es war die ganze Saison ein Kampf und ich glaube, wir mussten alles geben, wir haben jeden möglichen Punkt geholt. Sie sind schnell, sie sind erfahren und wir werden noch eine lange Zeit gegen sie antreten müssen."

Frage: "Wie bist du dieses Rennen angegangen? Du hast früh im Rennen davon gesprochen, dass dein Auto gut sei. Bei deinem ersten Titel warst du furchtbar nervös, vergangene Saison war das schon etwas anders. Nun Teil drei - warst du heute die Ruhe selbst?"
Johnson: "Ja, und dabei hat mir die Erfahrung geholfen. Natürlich auch der Punktevorsprung. Und auch das gestrige Training, denn von da an wusste ich, dass ich ein gutes Auto habe. Durch die Erfahrung habe ich auch gut geschlafen. Ich konnte mich auf die richtigen Dinge konzentrieren und nicht auf das, was ich sowieso nicht unter Kontrolle habe."

"All diese Ängste hätte ich nicht ablegen können ohne diese Erfahrung. Das hat mir geholfen und den Unterschied gemacht. Ich habe mich in Homestead im Titelkampf noch nie so wohl gefühlt und wir waren auch noch nie so stark. Klar hat das Qualifying keinen Spaß gemacht. Im gesamten Wochenende sind wir nur eine schlechte Runde gefahren und die war in der Qualifikation."

Jimmie Johnson

Jimmie Johnson findet auch Kritikpunkte an seiner Titelsaison Zoom

Frage: "Du hast immer gesagt, dass du versuchst, das Beste aus dir heraus zu holen, und ich weiß, dass du dich selbst nicht als perfekt ansiehst. Aber wie nahe bist du nach dieser Saison an deinem Bestmöglichen?"
Johnson: "Es gibt immer Platz für Verbesserungen. Ich glaube nicht, dass ein Fahrer eine Saison oder auch nur ein Rennen als perfekt bezeichnen kann. Ich vermute, wenn du das behaupten kannst, dann ist es an der Zeit, etwas anderes zu machen. Vielleicht ist an diesem Punkt der Hunger weg."

"Aber auf der Strecke ist so viel los. So viele Korrekturen am Auto, so viele emotionale Kommentare, wie ich das Auto zu fahren habe. Was Chad und die Jungs entwickeln - alles ist immer in Bewegung. Neue Reifen, neue Autos, neue Strecken, kein Testen mehr. Man kann heutzutage im Rennsport einfach nicht damit aufhören zu lernen, sich zu verbessern, sei es als Fahrer oder als Crewmitglied."

"Und an dem Tag, an dem dein Antrieb erlischt, wenn du keine Zeit und keine Arbeit mehr hineinstecken willst, dann geht es bergab. Deswegen freue ich mich auch immer, wenn ich in die Augen meiner Jungs blicke. Die wollen Rennen fahren, sie wollen es wieder schaffen und das ist etwas ganz Spezielles."

"Das kann man nicht künstlich zusammenstellen. Wir haben Glück, dass wir die richtigen Jungs haben, die richtige Führung und die richtige Unterstützung. Das alles bringt das Beste aus uns hervor und nun befinden wir uns in einem Lauf."

Frage: "Du sagst von dir selbst, dass deine Nerven dein Schwachpunkt seien. Ab und zu wurdest du im Rennen hart angegangen und du hast dich scheinbar ziemlich aufgeregt. Wie hast du es geschafft, dich wieder einzufangen?"
Johnson: "Da draußen gibt es Jungs, die Woche für Woche wie die Idioten fahren, und Unfälle und Probleme provozieren. Man sollte eigentlich glauben, dass diese Leute wenigstens an einem Tag wie diesen Respekt zeigen, aber das tun sie nicht. Ich vermute, es ist mein Fehler das anzunehmen."

"Ich war schon einige Male sauer, denn ich kann einfach nicht glaube, wie dumm einige Jungs da draußen zu Werke gehen. Das hat mich schockiert. Aber dann bin ich an ein paar Autos vorbeigefahren und habe gemerkt, dass sie zur Roush-Fraktion gehören. Dann hat das wieder Sinn ergeben, denn dann habe ich realisiert, dass sie nichts Falsches machen. Sie fuhren so hart wie möglich, um mich in einen Fehler zu treiben."

Jimmie Johnson

Auch am Ende des Jahres 2007 wurde der Titel wild gefeiert Zoom

Frage: "In den ersten beiden Jahren, in denen du den Titel gewonnen hast, haben viele Leute gesagt, das liege am Chase-Format. Wird dieser dritte Titel diese Meinung nun ändern?"
Johnson: "Ich habe gar nicht gewusst, dass das 2006 und 2007 ein Thema war. Es gibt immer Meinungen und die Leute versuchen Parallelen zu ziehen, aber 2006, 2007 und 2008 haben 43 Jungs eine Chance auf den Titel gehabt. Nur die Zeit kann sagen, ob das, was wir im Chase-Format erreicht haben, leicht war oder nicht."

"Aber von meiner Seite aus und aus den Gesprächen mit Kollegen und Teams kann ich sagen, dass das kein leichtes Spiel war. Ende 2006 kam Tony Stewart zu mir und sagte, dass ich zu diesem Zeitpunkt schon ein oder zwei Titel verdient gehabt hätte. Aber 2004 und 2005 hatten eben wir ein paar Probleme."

Frage: "Was bedeutet dir mehr? Der Titel oder der Eintrag in das Rekordbuch?"
Johnson: "Es ist ähnlich. Aber eigentlich wollte ich immer der Champion sein. Das war mein Antrieb und nicht die Rekordbücher. Ich denke, das werde ich mehr schätzen, wenn sich meine Karriere dem Ende zu neigt. Nun geht es nur um Siege und Titel. Jetzt haben wir drei und im Winter denke ich darüber nach, wie wir Nummer vier holen können."

Frage: "Du hast über die Fahrweise heute deutlich deine Meinung gesagt. Es gab Zeiten, in denen die NASCAR solchen Meinungen genau zugehört hat - speziell bei Leuten, die sieben Titel geholt haben. Hoffst du darauf, dass man auf deine Stimme nun öfter hören wird?"
Johnson: "Auf so eine Rolle bin ich nicht besonders scharf, um ehrlich zu sein. Aber mir ist auch klar, dass man mit zunehmendem Erfolg auf deine Meinung hören wird. Aber ich sage am Funk auch viele Dinge, die ich besser nicht sagen sollte, obwohl meine Sprüche im Vergleich zu anderen wohl eher harmlos ausfallen."

Frage: "Aufgrund der historischen Bedeutung dieses Abends - hebst du dir besondere Dinge auf? Hast du dir Andenken an andere Titel aufgehoben?"
Johnson: "Darüber habe ich noch nicht nachgedacht, das weiß ich nicht. Aber normalerweise ja. Rennanzüge, Helme, Handschuhe, Schuhe - solche Dinge oder auch tolle Fotos. Alles, was sich Rick (Hendrick - Teambesitzer; Anm. d. Red.) nicht sichert, versuche ich mir unter den Nagel zu reißen."

Jimmie Johnson

Jimmie Johnson behielt die Nerven und ließ sich nicht nervös machen Zoom

Frage: "Nach fünf Rennen warst du nur 13. Damals haben viele gefragt, was mit Hendrick Motorsports los sei. Wie zuversichtlich warst du damals, dass du heute Abend hier sitzen kannst? Wie habt ihr den Umschwung geschafft und wo steht ihr heute?"
Johnson: "Ich glaube nicht, dass wir damals mit einer Titelchance kalkuliert haben. Aber wir wussten, dass wir eine Menge Arbeit haben werden. Es war eine gemeinsame Anstrengung: Testen, Entwickeln, die Motorenseite, das Chassis - alle Bereiche. Um es einfach zu halten: Jeder musste herausfinden, woran und wie zu arbeiten ist."

"Das hat eine Zeit lang gedauert. Wo haben wir Defizite? Was ist das Problem? Und wie lösen wir es? Das haben wir geschafft und uns bequem in den Chase manövriert. Wir wurden immer stärker und haben das Auto immer besser verstanden, sowohl aus Fahrersicht, wie auch in Sachen Setup. Es war eine Teamleistung."

Frage: "Wie willst du nun mental zur Ruhe kommen und dich anschließend wieder neu motivieren?"
Johnson: "Das ist für einen Fahrer definitiv einfacher als für die Crew. Ich kann von Montag bis Mittwoch fern bleiben. Ich habe zwar Verantwortung, aber im Prinzip bekomme ich erst wieder am Freitagmorgen Druck. Die Jungs sind da am Wichtigsten, denn zwischen Montag und Donnerstag geschieht der Löwenanteil."

"Aus Fahrersicht ist es schön, nun Urlaub zu haben. Aber wenn morgen Daytona anstehen würde, dann wäre ich bereit. Die Jungs brauchen eine Pause, denn sie arbeiten das ganze Jahr über sehr hart. Auch ich brauche vielleicht eine kleine Pause, aber wenn es gerade gut läuft, willst du eigentlich immer weitermachen. Und wir sind auf einem Hoch."