• 23.11.2008 16:28

  • von Pete Fink

Who is - Carl Edwards?

Für Carl Edwards bedeutete die Saison 2008 der endgültige Durchbruch - wer ist der Mann, der 2009 als einer der großen Titelfavoriten antreten wird?

(Motorsport-Total.com) - Die Sprint-Cup Saison 2008 wurde zum endgültigen NASCAR-Durchbruch von Carl Michael Edwards II, wie der vollständige Name im Reisepass von Carl Edwards lautet. 25 Prozent, also neun von 36 Saisonrennen gewann der 29-jährige Roush-Pilot - und lag damit in der Siegerstatistik 2008 sogar noch vor Champion Jimmie Johnson!

Titel-Bild zur News:

Nur Silber: Carl Edwards hat in der NASCAR eine goldene Zukunft vor sich

Bis zuletzt hielt Edwards das Saisonfinale gegen den Hendrick-Dominator offen, gegen dessen Konstanz er jedoch keine Chance haben sollte. 'Motorsport-Total.com' stellt den neuesten Top-Piloten in Diensten von Ford-Zampano Jack Roush etwas genauer vor.#w1#

Carl Edwards wurde am 15. August 1979 in Columbia, Missouri geboren und entstammt einer echten Rennfahrerfamilie. Sein Vater Carl Sr. fuhr bis vor kurzem selbst noch lokale Rennen, eine große Karriere gelang ihm jedoch nie, denn dazu fehlte der Familie Edwards - wie so oft - das nötige Kleingeld.

"Als ich klein war, nahm meine Mutter meinen Bruder und mich zu jedem Rennen mit", erinnert sich Edwards an seine Kindheit. "Eines Tages stand ich am Zaun und sah meinem Vater auf einer heißen Runde zu. Ich erinnere mich gut, ich habe den Klang seines Motors heute noch im Ohr. Ich sah ihm zu und dachte mir, das kannst du auch."

"Cousin Carl" und sein "schmutziger" Weg

Carl Edwards

Carl Edwards musste sich von ganz unten bis an die NASCAR-Spitze kämpfen Zoom

Sein Spitzname lautet "Cousin Carl", den ihm einst sein Cousin Kenny Schrader aufgrund Edwards' bodenständiger Mentalität gab. NASCAR-Urgestein Schrader drängte den Youngster 1997 auch zu einer Dirt-Track-Karriere, von der Edwards - übrigens ähnlich wie der gleichaltrige Childress-Pilot Clint Bowyer aus dem benachbarten Kansas - stark profitieren sollte.

Beide NASCAR-Stars stammen also aus dem Mittleren Westen der USA, doch für Edwards erschien die NASCAR zunächst völlig unerreichbar: "Missouri ist von Orten wie Daytona oder Charlotte meilenweit entfernt. Ich habe jeden Sonntag Leuten wie Richard Petty, Rusty Wallace oder Bobby Allison am Fernseher zugesehen. Für mich waren dies mystische Figuren."

Viele Jahre schlug sich Edwards sehr erfolgreich in den Dirt-Track-Nachwuchsklassen durch. Nicht jedoch auf Asphalt, was sich erst 2001 ergeben sollte, als Edwards und seine Familie ihr gesamtes Vermögen in ein Fahrzeug für die USAC-Silver-Crown-Serie steckten, und eine Reise nach Phoenix, Arizona antraten.

"Das war wild", erinnert sich Edwards an die Vorbereitungen für den International Raceway. "Ich lieh mir von einem Freund einen offenen Anhänger, an dessen Räder nicht einmal Kotflügel waren. Wir haben welche hin geschweißt und ich fuhr los. Irgendwo in New Mexiko haben wir die Kotflügel wieder verloren."

Doch sein Phoenix-Auftritt wurde zu einem Erfolg, denn Edwards verkaufte sich genauso gut, wie eine Woche später im kalifornischen Irwindale. "Plötzlich begannen die Teambesitzer mich zu engagieren. Damals in Phoenix hat alles angefangen."

Der berühmte Rückwärtssalto

Carl Edwards

Carl Edwards und sein berühmtes Markenzeichen - der Rückwärtssalto Zoom

Das absolute Markenzeichen von Edwards ist ein Rückwärtssalto, den er nach jedem Sieg vorführt. Wie kam es zu diesem mittlerweile in ganz USA bekannten Salto? "Ich habe Tyler Walker zugesehen, wie er das machte, nachdem er ein Rennen der World-Of-Outlaws-Serie gewonnen hatte", verriet Fitness-Freak Edwards.

"Ich schaffte einen Rückwärtssalto zum Beispiel von einem Surfbrett herunter. Da dachte ich mir, es wäre doch cool, wenn ich das nach einem Sieg machen könnte. Einfach auf der Autotüre stehen und einen Rückwärtssalto hinlegen. Da habe ich damit angefangen."

Diesen Salto konnten die Fans bisher 42mal bewundern. Edwards hat 16 Cup-Siege, 20 Nationwide-Erfolge und sechs Siege bei den Trucks zu Buche stehen. Geht da noch etwas? Sieht die NASCAR-Gemeinde eines Tages vielleicht sogar einen Doppelsalto des wohl fittesten aller NASCAR-Piloten?

Der Hobby-Artist winkt ab: "Ich würde vielleicht eineinviertel Drehungen hinbekommen - und dann auf direktem Weg ins Krankenhaus fahren", scherzte Edwards. "Ich komme geradeso aus dieser Drehung heraus, mehr habe ich einfach nicht drauf. Es muss wohl dabei bleiben."

Durch die Trucks wird Jack Roush aufmerksam

Carl Edwards Jack Roush

Carl Edwards verdankt Teamchef Jack Roush den Sprung in den Sprint-Cup Zoom

Die erste Salto-Gelegenheit kam am 12. Juli 2003 auf dem Kentucky Speedway, als Edwards sein erstes Truck-Rennen für Jack Roush gewann - schon damals fuhr er übrigens mit der Startnummer 99. "Ich kletterte also aus dem Truck und dachte mir: Warum eigentlich nicht? So fing das an."

Bereits 2002 fuhr Edwards sieben Truck-Rennen für das Ford-Team von Mike Mittler, wobei Roush auf den damals 23-jährigen Youngster aufmerksam wurde. "Mike gab mir damals eine Chance in der Truck-Serie, nachdem sein Stammpilot Larry Gunselman gegangen war. Das Roush-Team stellte dann kurz vor dem Daytona-Rennen 2003 den Kontakt mit mir her."

Das hatte Konsequenzen, denn Edwards erlebte ein ungemütliches Wochenende. Er erinnert sich: "Roush-Präsident Geoff Smith rief mich an einem Freitag an und erklärte mir alles. Ich sagte natürlich sofort zu, und sie versprachen, sie würden mir am Montag einen Vertrag zufaxen - wenn alles klappen würde."

"Ab diesem Zeitpunkt habe ich kein Auge mehr zugetan, solange bis ich die endgültige Bestätigung in Händen hatte." Es sollte sich lohnen, denn Edwards holte sich in der Saison 2003 bei den Trucks den Rookie-Titel, drei Rennsiege und den achten Gesamtplatz.

Früher als gedacht im Cup

Carl Edwards

Carl Edwards fuhr bereits im Jahr 2005 eine brillante NASCAR-Saison Zoom

Plötzlich ging alles ganz schnell: Nach dem Watkins-Glen-Rennen Mitte August 2004 verabschiedete sich Jeff Burton ganz kurzfristig vom Roush-Team und heuerte bei Richard Childress Racing an. Das sollte die große Chance von Truck-Youngster Edwards werden, denn nur eine Woche später in Michigan saß er im Nextel-Cup in einem Roush-Ford mit der Startnummer 99 - und sitzt bis heute dort.

Denn Edwards fuhr in Michigan auf Anhieb in die Top 10 und schob wenig später in Fontana und Richmond zwei sechste Plätze hinterher. "Der Originalplan bestand darin, 2005 ein paar Cup-Rennen zu fahren und dann 2006 eine volle Saison zu bestreiten." Großes Glück für Edwards und Jack Roush, denn Ende 2005 stand der Edwards-Ford schon viermal in der Victory Lane!

Doch nicht nur das: Hinter Tony Stewart (Gibbs-Chevrolet) und seinem Teamkollegen Greg Biffle wurde Edwards in der Gesamtwertung 2005 ein sensationeller Dritter. Eine Wiederholung gelang Edwards 2006 nicht: Ohne Sieg verpasste er den damals noch zehn Piloten umfassenden Chase und wurde in der Gesamtwertung Zwölfter.

Ein Grund, der 2006 gegen einen Edwards-Erfolg sprach, war die zwischenzeitliche Abberufung seines Crewchiefs Bob Osbourne, der dem Roush-Ford von Jamie McMurray zugeordnet wurde. Erst als Osbourne 2007 wieder am Auto mit der Startnummer 99 arbeiten konnte, ging es aufwärts.

Dann war der Bart plötzlich ab

Carl Edwards

Kurz vor der Rasur: Der Bart von Tom Giacchi muss gleich dran glauben Zoom

"Bob hat einfach ein Gespür dafür, was gerade vorgeht", beschrieb Edwards Mitte 2007 die Zusammenarbeit der Beiden. "Wir kennen uns sehr gut und das hilft mir. Es ist wichtig, dass du nicht in ein Loch fällst und dich dort immer tiefer herein gräbst. Ich kann nur dankbar dafür sein, dass Jack Roush Bob und mich wieder zusammengebracht hat."

Nach einer langen Durststrecke von 52 sieglosen Cup-Rennen musste der Bart von Edwards-Truckie Tom Giacchi im Juni 2007 in Michigan schließlich dran glauben: Eineinhalb Jahre lang wucherten dessen Gesichtshaare aufgrund einer Wette vor sich hin, aber beim Citizen Banks 400 wurde Giacchi geschoren - Edwards hatte den lang ersehnten Cup-Sieg in der Tasche, und ließ 2007 in Bristol und Dover zwei weitere Rückwärtssaltos folgen.

Doch sein bislang wohl größter Erfolg kam am 3. November 2007, als Edwards auf dem Texas Motorspeedway vorzeitig der letzte Champion der Busch-Serie wurde, die 2008 dann unter der Bezeichnung Nationwide-Serie firmierte. 2008 belegte er ebendort hinter Clint Bowyer Gesamtrang zwei.

Nach zweimal Silber große Pläne für die Zukunft

Bob Osbourne Carl Edwards

Bob Osbourne und Carl Edwards planen für 2009 den Großangriff auf den Titel Zoom

Überhaupt ist die Edwards-Farbe des Jahres 2008 Silber, denn auch am Sprint-Cup-Titel 2008 knabberte er erfolglos, dazu war Jimmie Johnson zu stark. Ändern soll sich dies selbstverständlich in der Saison 2009, dann in einer neuen Lackierung: Hauptsponsor 'Office Depot' verabschiedet sich in Richtung Tony Stewart, dafür springt für etwa 25 Millionen US-Dollar pro Saison 'Aflac' ein.

Edwards hat es in der NASCAR also schon weit gebracht. Die Farbe rot wird dann gegen einen in schwarz und grün abgesetzten Ford Fusion eingetauscht. "Wir haben 2008 mehr Rennen gewonnen als Jimmie", analysierte der Vizemeister seine Saison. "Ich persönlich glaube, dass wir 2008 eine große Lücke schließen konnten."

"Wir wurden von einem echten Champion geschlagen", gratulierte er Johnson und schob hinterher: "Aber sie wissen auch, dass wir da sind. Ich wünschte, Daytona würde in 20 Minuten beginnen. Neun Sprint-Cup-Siege und sieben Nationwide-Erfolge - ich kann es gar nicht erwarten, wieder an den Start zu gehen."

Denn Edwards hat in der NASCAR noch viel vor: "Ich bin ja erst 29 Jahre alt", lautet seine Ankündigung in Richtung Johnson und Co. "Mein gesamtes Team ist so gut wie nie und ich glaube fest daran, dass wir uns noch auf eine ganze Menge schöner Dinge freuen können."