• 15.10.2008 11:07

  • von Pete Fink

Vorschau Martinsville: Wer kann Johnson schlagen?

Auf dem Papier gibt es in Martinsville nur einen Favoriten - ist ein Titel-Konkurrent von Jimmie Johnson in der Lage, den Kalifornier zu besiegen?

(Motorsport-Total.com) - Die Hälfte des diesjährigen Sprint-Cup-Chase ist vorbei. Fünf Rennen sind absolviert, fünf weitere stehen in den kommenden Wochen noch an. Darunter befinden sich drei 1,5 Meilenovale (Atlanta, Texas und Homestead), ein flaches Ein-Meilenoval in Phoenix und - am kommenden Wochenende - der Martinsville Speedway in Henry County im US-Bundesstaat Virginia.

Titel-Bild zur News: Jimmie Johnson

Jimmie Johnson beherrschte Martinsville in den vergangenen Jahren klar

Martinsville bedeutet gleichzeitig zum letzten Mal in der Saison 2008 auch Short-Track-Time, denn die Bahn ist mit gerade einmal 846,5 Metern Länge die kürzeste im gesamten Kalender. Und die älteste, denn in Martinsville wird bereits seit dem Jahr 1949 gefahren - seit 1950 sogar zweimal pro Jahr, weshalb die Herbstausgabe 2008 dort bereits NASCAR-Rennen Nummer 120 ist.#w1#

Für jede Menge Spannung und Action wird also gesorgt sein, was noch durch die Tatsache verstärkt wird, dass drei Titelaspiranten innerhalb von nur 86 winzigen Punkten liegen: Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet), Jeff Burton (Childress-Chevrolet) und Greg Biffle (Roush-Ford).

Der 41-jährige Burton brachte sich erst am vergangenen Wochenende durch seinen Sieg in Charlotte in das Titelrennen, als der - wegen seines so sympathischen und verantwortungsvollen Auftretens auch "Bürgermeister der NASCAR" genannte - "Mr. Konstant" plötzlich ungeahnte Zocker-Qualitäten an den Tag legte.

Wer kann Jimmie Johnson gefährden?

Cale Yarborough 1967

Cale Yarborough gewann zwischen 1976 und 1978 drei NASCAR-Titel in Folge Zoom

Burton ist übrigens in Virginia geboren und gewann in Martinsville bereits einmal, doch das ist lange her. Es war das Herbstrennen des Jahres 1997, damals fuhr er - noch in Diensten von Jack Roush - die Startnummer 99, die nun von Carl Edwards bewegt wird.

Doch in Martinsville gibt es auf dem Papier nur einen klaren Favoriten und der heißt Jimmie Johnson. Drei der letzten vier Martinsville-Rennen konnte der Kalifornier gewinnen, bereits 2004 kam sein Erfolg Nummer vier zustande. Und wenn jemand in zwölf seiner insgesamt 13 Martinsville-Auftritten in die Top 10 fahren kann, dann weiß die Konkurrenz, was die Stunde geschlagen hat.

Tabellenführer Johnson ist also ernsthaft auf der Jagd nach der Einstellung eines bisher einmaligen NASCAR-Faktums, denn in der über 60-jährigen Geschichte gab es nur einen einzigen Piloten, der drei Titel am Stück holen konnte, nämlich Cale Yarborough zwischen 1976 und 1978.

Aber die Hoffnung der Konkurrenz besteht in der Tatsache, dass Short-Track-Rennen einfach nicht vorherzusagen sind. Dazu steckt das 43-köpfige Fahrerfeld viel zu eng zusammen und ein einziger Dreher, ein kleiner Blechschaden oder Defekt führt dazu, dass das Gesamtklassement nach Martinsville komplett anders aussehen würde.

Der Parkplatz von Martinsville

Bobby Labonte Martinsville

In Martinsville wird für gewöhnlich 500 Runden lang auf Kontakt gefahren Zoom

Dieses wird Carl Edwards sicher bestätigen, der durch einen simplen Zünddefekt in Charlotte von Platz zwei auf Rang vier zurückfiel. Das hat zur Folge, dass das Roush-Team nun in Greg Biffle seinen Top-Kandidaten weiß, doch der wiederum hat in Martinsville noch nie gut ausgesehen.

Biffle fuhr in seinen elf Martinsville-Auftritten ein einziges Mal in die Top 10, ansonsten platzierte er sich immer zwischen Rang 17 und 35! Eine Wiederholung eines solchen Resultats und die Konkurrenz kann sich die Hände reiben, denn dies ist natürlich gleichbedeutend mit einem herben Punkteverlust.

Der Mann aus Vancouver würde wohl das folgende und eindeutige Statement seines Roush-Teamkollegen Matt Kenseth unterschreiben, das da lautet: "Martinsville erinnert mich an Rennfahren auf einem großen Parkplatz, an dem zwei Pfosten als Begrenzung aufgestellt sind. Es gibt keinen Platz, es ist langsam und es ist eng."

Der Grund dafür ist vor allem die Kurvenerhöhung, die mit nur zwölf Grad wesentlich geringer als beispielweise in Bristol ist, wo man auf 36 Grad fast wie auf einer Achterbahn unterwegs ist. Der Vorteil wiederum: Allgemein sagt man dem Martinsville-Oval nach, dass das Handling der Autos wesentlich weniger problematisch sei.

Jeff Gordon - wann, wenn nicht in Martinsville?

Jeff Gordon

Wenigstens einen Saisonsieg würde Jeff Gordon 2008 gerne landen Zoom

Dementsprechend gibt es in Martinsville ein ganz entscheidendes Erfolgskriterium: Der schonende Umgang mit den Bremsen, denn schließlich sind am Sonntag insgesamt 263 Meilen auf nicht weniger als 500 Runden Renndistanz zurückzulegen.

Einer, der dieses bereits sieben Mal als bester Cup-Pilot bewältigte, wartet 2008 noch auf seinen ersten Saisonsieg - Jeff Gordon. Dessen Titelchancen sind zwar so gut wie nicht mehr vorhanden, doch eine sieglose Gordon-Saison gab es zuletzt 1993(!). Viel Zeit ist nicht mehr und man möchte sich fragen: Wenn nicht in Martinsville, wann bitte dann?

Dagegen wird Denny Hamlin (Gibbs-Toyota) Einspruch erheben, denn der zweite Lokalmatador aus Virginia gewann die Frühjahresausgabe 2008 - übrigens bezeichnenderweise vor Jeff Gordon, Jeff Burton und Jimmie Johnson.

Dieses Rennen war übrigens genauso wenig ausverkauft, wie es am Sonntag der Fall sein wird, obwohl in Martinsville "nur" knapp 70.000 Besucher Platz haben. Daher mehrten sich in der Vergangenheit die kritischen Stimmen, die hinterfragen, warum Martinsville zwei Rennen pro Saison haben muss. Andere US-Großräume sind für die dringend benötigten Sponsoren attraktiver.

Wie im Autoscooter

Scott Speed

Für Scott Speed beginnt in Martinsville der Sprint-Cup-Alltag Zoom

Gespannt sein darf man am Wochenende auch auf die Vorstellung von Juan Pablo Montoya. "Du schubst einen, ein anderer schubst dich, aber man macht so was nie mit Absicht. Und von einem Short-Track kann man auch nichts anderes erwarten. Ich glaube, das ist es, was ich an einem Short-Track gut finde, es geht zu wie im Autoscooter."

Soweit der Kolumbianer nach seinen ersten Short-Track-Eindrücken im Jahr 2007, aber seine bisherigen Platzierungen in Martinsville sind aller Ehren wert: 16., 8., und 13. unterstreichen eine Faustregel der NASCAR die da lautet: Je flacher das Banking, desto bessere Chancen haben die ehemaligen Formelpiloten.

Und von denen gibt es am Wochenende wieder etwas Neues zu berichten, denn dann wird Scott Speed im Red-Bull-Toyota mit der Startnummer 84 sein Sprint-Cup-Debüt geben. Nach Montoya und Jacques Villeneuve ist Speed der dritte Formel-1-Pilot, der seit Ende 2006 in der NASCAR-Oberliga in Erscheinung treten wird.

Ob sich Speed im Autoscooter der NASCAR zu Recht finden kann, wird am Sonntagabend beantwortet werden können. Die Startflagge zum TUMS QuikPak 500 auf dem Martinsville Speedway fällt kurz nach 19:30 Uhr MESZ. Am Samstagabend fahren bereits die Trucks der Craftsman Truck Series.