• 21.05.2014 12:02

  • von Pete Fink

Vorschau: Die 600 langen Meilen von Charlotte

Das Coca-Cola 600 ruft und damit steht das längste Saisonrennen 2014 an: Wer kann in der Marathonschlacht von Charlotte die Oberhand behalten?

(Motorsport-Total.com) - Es ist das Marathonrennen der Saison. 600 Meilen sind umgerechnet 965,6 Kilometer. Zum Vergleich: Die deutsche A7 hat zwischen der dänischen und der österreichischen Grenze eine offizielle Gesamtlänge von 962,2 Kilometer. Im Coca-Cola 600 fahren die 43 Sprint-Cup-Piloten also eine Renndistanz, die einer kompletten Autobahn-Durchquerung Deutschlands von Norden nach Süden entspricht. Auf dem Charlotte Motor Speedway mit seinen 1,5 Meilen und einer Kurvenüberhöhung von 24 Grad bedeutet dies 400 lange Runden.

Titel-Bild zur News: Jimmie Johnson

Abflug von Jimmie Johnson: Das "Beast of the Southeast" hat zugeschlagen Zoom

Doch das ist natürlich noch nicht alles. Die Startflagge fällt in der Dämmerung und das Rennende ist dann mitten in der Nacht, wenn die Temperaturen gesunken sind und die Oberfläche wesentlich mehr Grip aufweist. Das bedeutet, dass die Teams ihre Autos im Rennverlauf nicht nur optimieren können, sondern sogar müssen. Ein ganz entscheidender Schlüssel zum Erfolg ist auch eine perfekte Boxenstrategie, denn nicht selten erwächst sich das Coke 600 zu einem echten Spritpoker.

Und noch ein dritter Faktor kommt ins Spiel: Weil nahezu alle NASCAR-Teams ihr Hauptquartier im Großraum Charlotte mit seinen rund 2,3 Millionen Einwohnern aufgeschlagen haben, ist das Coca-Cola 600 auch das allgemeine Heimrennen. So ist es kein Wunder, dass Charlotte die NASCAR-Hauptstadt schlechthin ist. Benannt wurde die größte Metropole des US-Bundesstaats North Carolina übrigens nach Queen Charlotte of Mecklenburg, der Frau des damaligen britischen Königs George des Dritten.

In Deutschland wurde der Speedway vor allem bekannt als Schauplatz und Drehort für die Rennszenen aus dem Kino-Blockbuster "Days of Thunder", der 1990 mit Tom Cruise und Nicole Kidman in den Hauptrollen gedreht wurde. Während sich die beiden Hauptdarsteller unter der schwülen und heißen Sonne des amerikanischen Südens bei den Dreharbeiten näher kamen, stellte Hendrick Motorsports die zu den Aufnahmen der Rennszenen benötigten Autos.

Johnsons Wohnzimmer

Kevin Harvick

Das Coca-Cola 600 wurde im Vorjahr von Kevin Harvick gewonnen Zoom

Das Hendrick-Hauptquartier liegt nur einen Steinwurf entfernt, die Crews von Dale Earnhardt Jr., Jimmie Johnson, Jeff Gordon und Kasey Kahne könnten ihre Einsatzautos auch genauso gut einen Hügel hoch über eine Kreuzung schieben und würden die Chevrolets im Boxenbereich des Charlotte Motor Speedway abstellen können, ohne allzu sehr ins Schwitzen zu kommen. Das originale Fahrzeug von Cole Trickle alias Tom Cruise ist im angeschlossenen Hendrick-Museum übrigens in voller Lebensgröße zu bewundern.

Erbaut wurde das "Beast of the Southeast" im Jahr 1959 und diente damit quasi als planerische Vorlage für die vielen weiteren 1,5-Meilen-Ovale, die danach etwa in Atlanta, Texas, Las Vegas, Chicagoland, Kansas oder Kentucky entstanden sind. So ist Charlotte die Mutter aller Intermediate-Ovale oder der "Cookie-Cutter", wie Spötter die sehr gleichförmig aussehenden Strecken bezeichnen, weil sie wie von einer weihnachtlichen Plätzchenform im Plätzchenteig ausgestochen sein könnten.


NASCAR: All-Star-Wochenende

Inklusive Allstar-Race und dem Chase-Rennen im Oktober wird in Charlotte gleich dreimal pro Saison gefahren. Jimmie Johnson gewann in den Jahren 2003 bis 2005 fünf von sechs Punkterennen, weshalb der damalige Lowe's Motor Speedway auch Johnsons Wohnzimmer genannt wurde. Dieses damals passende Titelsponsoring ist jedoch in der Zwischenzeit beendet und seit der Neu-Asphaltierung 2006 gelang Johnson nur noch ein einziger Punkteerfolg im Chase-Rennen 2009.

In diesem Jahr wartet Champion Johnson noch auf seinen ersten Saisonsieg, was ihm natürlich einen Chase-Platz sichern würde. Gleiches gilt für Vizemeister Matt Kenseth (Gibbs-Toyota), der in Charlotte in der Vergangenheit zweimal triumphierte. Die jüngsten Sieger im Coke 600 heißen Kevin Harvick (Stewart/Haas-Chevrolet; 2011 und 2013) sowie Kasey Kahne (Hendrick-Chevrolet; 2012). Harvick fuhr damals natürlich noch für Richard Childress Racing. Und auch für Kahne gilt: Ein Saisonsieg muss noch her - in Charlotte gewann er bereits viermal.

Jubiläum für Jeff Gordon

Danica Patrick, Brad Keselowski

Auch Danica Patrick hat es in Charlotte schon wiederholt erwischt Zoom

Doch nicht selten behält in diesem Marathonrennen auch ein Außenseiter die Oberhand, wenn es am Ende zu einer handfesten Strategieschlacht kommt. So holte sich Casey Mears im Mai 2007 seinen bisher einzigen Sprint-Cup-Erfolg, als er mit dem letzten Tropfen Sprit in seinem Hendrick-Chevy über die Ziellinie rollte. David Reutimann (Waltrip-Toyota) gewann im Mai 2009 ein verregnetes Montagsrennen im Wettlauf gegen die dunklen Wolken. Und wie könnte es in diesem Jahr auch anders sein: Auch für das anstehende Wochenende sind ein paar Gewitter angesagt.

Für Jeff Gordon jährt sich am Wochenende sein erster Sprint-Cup-Erfolg zum 20. Mal. Mit einem schnellen Zwei-Reifen-Stopp schlug sein kongenialer Crewchief Ray Evernham dem starken Rusty Wallace ein Schnippchen. Gordon gewann am 29. Mai 1994 sein erstes von mittlerweile 89 Cup-Rennen. "Das ist bis heute ein sehr spezieller Moment in meiner Karriere, den ich nie vergessen werde", sagte der vierfache NASCAR-Champion. Vor zwei Wochen in Kansas schaffte er in dieser Saison den Durchbruch. Kann sich Jeff Gordon im Coke 600 seinen sechsten Charlotte-Sieg holen?

Und was macht Danica Patrick, die vor 14 Tagen ebenfalls in Kansas so stark auftrumpfte? Ist es für ihr Stewart/Haas-Team möglich, auch in Charlotte ein ähnlich starkes Auto an den Start zu bringen? Und braucht die 32-Jährige vor dem Rennen wieder ein paar motivierende Worte des neuen Stewart/Haas-Teamleaders Harvick? In Kansas kam sie als Siebte ins Ziel, was ihre bis dato beste Sprint-Cup-Platzierung darstellte. Geht dieser Aufwärtstrend weiter?

Bei den Hinterbänklern gab es im Vergleich zu Kansas einige personelle Veränderungen: Trevor Bayne (Wood-Ford) ist wieder einmal dabei, während Blake Koch (FAS-Ford) und Brian Scott (Circle-Chevrolet) eine neue Chance erhalten. Auch die Leavine-Familiy unternimmt wie immer mit Michael McDowell am Steuer einen erneuten Qualifikationsversuch. Damit bewerben sich 45 Piloten um die 43 Startplätze. 'Motorvision TV' überträgt das längste Saisonrennen der NASCAR in der Nacht von Sonntag auf Montag live ab 23:30 Uhr. Am Mikrofon sitzen Stefan Heinrich und Mario Fritzsche.

Der Zeitplan von Charlotte:

Donnerstag:
20:30 Uhr - 21:50 Uhr: Erstes Freies Training

Freitag:
ab 1:10 Uhr: Gruppen-Qualifikation

Samstag:
15:30 Uhr - 16:20 Uhr: Zweites Freies Training
19:00 Uhr - 20:00 Uhr: Abschlusstraining
ab 20:45 Uhr: Nationwide-Rennen

Sonntag:
ab 24:00 Uhr: Coca-Cola 600

Die Meldeliste von Charlotte:

01. 1 Jamie McMurray (Ganassi-Chevrolet)
02. 2 Brad Keselowski (Penske-Ford)
03. 3 Austin Dillon (Childress-Chevrolet)
04. 4 Kevin Harvick (Stewart/Haas-Chevrolet)
05. 5 Kasey Kahne (Hendrick-Chevrolet)
06. 7 Michael Annett (Baldwin-Chevrolet)
07. 9 Marcos Ambrose (Petty-Ford)
08. 10 Danica Patrick (Stewart/Haas-Chevrolet)
09. 11 Denny Hamlin (Gibbs-Toyota)
10. 13 Casey Mears (Germain-Chevrolet)
11. 14 Tony Stewart (Stewart/Haas-Chevrolet)
12. 15 Clint Bowyer (Waltrip-Toyota)
13. 16 Greg Biffle (Roush-Ford)
14. 17 Ricky Stenhouse Jr. (Roush-Ford)
15. 18 Kyle Busch (Gibbs-Toyota)
16. 20 Matt Kenseth (Gibbs-Toyota)
17. 21 Trevor Bayne (Wood-Ford)
18. 22 Joey Logano (Penske-Ford)
19. 23 Alex Bowman (BK-Toyota)
20. 24 Jeff Gordon (Hendrick-Chevrolet)
21. 26 Cole Whitt (Swan-Toyota)
22. 27 Paul Menard (Childress-Chevrolet)
23. 31 Ryan Newman (Childress-Chevrolet)
24. 32 Blake Koch (FAS-Ford)
25. 33 Brian Scott (Circle-Chevrolet)
26. 34 David Ragan (Front-Row-Ford)
27. 36 Reed Sorenson (Baldwin-Chevrolet)
28. 38 David Gilliland (Front-Row-Ford)
29. 40 Landon Cassill (Circle-Chevrolet)
30. 41 Kurt Busch (Stewart/Haas-Chevrolet)
31. 42 Kyle Larson (Ganassi-Chevrolet)
32. 43 Aric Almirola (Petty-Ford)
33. 44 J.J. Yeley (Xxxtreme-Chevrolet)
34. 47 A.J. Allmendinger (JTG-Chevrolet)
35. 48 Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet)
36. 51 Justin Allgaier (HScott-Chevrolet)
37. 55 Brian Vickers (Waltrip-Toyota)
38. 66 Joe Nemechek (Waltrip-Toyota)
39. 77 Dave Blaney (Humphrey-Ford)
40. 78 Martin Truex Jr. (Furniture-Row-Chevrolet)
41. 83 Ryan Truex (BK-Toyota)
42. 88 Dale Earnhardt Jr. (Hendrick-Chevrolet)
43. 95 Michael McDowell (Leavine-Ford)
43. 98 Josh Wise (Parsons-Ford)
44. 99 Carl Edwards (Roush-Ford)