• 23.07.2010 21:56

Villeneuve-Interview: Formel 1 oder doch NASCAR?

Für Jacques Villeneuve gibt es derzeit nur zwei ernsthafte Optionen: Eine Rückkehr in die Formel 1 oder ein Vollzeitengagement in der NASCAR

(Motorsport-Total.com) - Jacques Villeneuve betrat am Freitag in Indianapolis wieder einmal den Boden, der ihn 1995 mit seinem Indy-500-Sieg berühmt gemacht hat. 15 Jahre später kämpft der Kanadier um seine NASCAR-Karriere, die er mit einer Qualifikation und einem guten Auftritt beim Brickyard 400 wieder ankurbeln könnte. Denn trotz aller Gerüchte rund um ein Formel-1-Comeback ist auch ein Vollzeitengagement im Sprint-Cup nach wie vor eine ernsthafte Option.

Titel-Bild zur News: Jacques Villeneuve

Jacques Villeneuve fährt an diesem Wochenende wieder einmal in Indianapolis

Frage: Jacques, herzlich Willkommen in Indianapolis. Schön dich hier wieder einmal zu sehen..."
Jacques Villeneuve: "Es ist toll, hier wieder einmal auf dem Oval zu fahren. Ich war in der Zwischenzeit zwar einige Male mit der Formel 1 hier, das war aber nicht auf dem Oval. Mein Sieg beim Indy 500 ist nun 15 Jahre her, aber es ist immer noch eine tolle Erinnerung und hat mir für meine weitere Karriere auch sehr geholfen. Nun das Brickyard 400 zu fahren, ist großartig. Ich habe in den vergangenen Jahren einige Rundkursrennen bestritten, aber was ich wirklich erleben will, sind die Oval-Rennen. Insofern ist das speziell."#w1#

Frage: "Kannst du nach so langer Zeit etwas von deinem Wissen transferieren, was dir für das Oval weiterhelfen wird?"
Villeneuve: "Natürlich wird das reine Fahren ganz anders sein als in einem IndyCar. Damals war eine Qualifikationsrunde mit Vollgas, im Rennen hast du nur kurz gelupft. In der NASCAR musst du bremsen, insofern wird sich das Auto völlig anders anfühlen. Auch die Kurvenüberhöhung ist nicht so ausgeprägt, weshalb ich erwarte, dass sich das Ganze anfühlen wird, wie auf einer schnellen Rundstrecke. Zumindest hoffe ich das."

"Entscheidend wird sein, dass die Balance des Autos von Beginn an gut sein wird, denn wir werden im Freien Training nicht viel Zeit haben, das Setup zu korrigieren. Helfen kann mir die Erinnerung daran, dass es ein sehr langes Rennen sein wird. 1995 bekamen wir früh eine Strafe und mussten zwei Runden aufholen."

Frage: "Eine Frage in Bezug auf den Verlauf deiner Karriere: Hast du es jemals bereut, Williams verlassen zu haben?"
Villeneuve: "Es gab eigentlich kein Angebot, um bei Williams zu bleiben. Williams ist auch kein Team, das seine Weltmeister behält. Das war immer so. Fast jeder, der dort Weltmeister geworden ist, hat das Team sofort danach verlassen. Insofern gab es seitens des Teams keine Bestrebungen, mich zu behalten. Es gab aber andere Angebote für ein ähnliches Gehalt zu fahren. Bei der Gründung von BAR ging es also nicht ums Geld. Es war eine große Herausforderung, die sich nicht so entwickelt hat, wie wir alle gehofft haben."

Frage: "Was sind deine Pläne für die Zukunft?"
Villeneuve: "Es geschieht gerade eine Menge, aber bevor es etwas Endgültiges gibt, muss man alle Alternativen in Betracht ziehen. Ich liebe es wirklich, NASCAR zu fahren, weswegen ich heute hier sitze. An meiner NASCAR-Karriere arbeite ich seit einigen Jahren und langsam aber sicher öffnen sich einige Türen. Ich würde nur gerne mehr Ovale fahren."

"Auch in Sachen Formel 1 gibt es Gespräche und so lange das eine Option darstellt, muss ich sie offen halten. Aber es ist ziemlich schwer zu sagen, wo die Präferenz liegen würde, denn dazu musst du warten, bis die wirkliche Gelegenheit auf dem Tisch liegt. Und solange sich kein Vollzeitengagement absehen lässt, kann ich mich nicht auf nur eine Sache konzentrieren."

Frage: "Siehst du dies hier als eine zweite Chance in den Sprint-Cup einzusteigen? Und was wirst du nach Indianapolis machen?"
Villeneuve: "Als erstes müssen wir unser Auto qualifizieren. Das schafft mehr Druck, weshalb wir uns heute nur auf das Qualifikationssetup stürzen werden, um in die Show zu kommen. Hoffentlich regnet es nicht. Wenn sich das Rennen gut entwickelt, dann wird das sicher einen Einfluss auf meine Zukunft haben."

Frage: "Warum hattest du nach der Formel 1 kein Interesse an den IndyCars?"
Villeneuve: "Vor dem Split standen die IndyCars fast auf dem Level der Formel 1. Danach nicht mehr, danach waren es zwei halbe Serien. Das wäre für mich damals ein Schritt rückwärts gewesen, anders als zum Beispiel die NASCAR. Nun sind die IndyCars wieder zusammen und können wieder dorthin zurückkommen, wo sie einmal waren. Schon in diesem Jahr gab es für mich ein paar IndyCar-Optionen, aber für mich sind Formel 1 und NASCAR immer noch die beiden besten Formen des Racings in dieser Welt.

Frage: "Wie nahe bist du in Sachen Formel 1 an der Erfüllung deiner Pläne? Und wenn du dir die Resultate der neuen Formel-1-Teams ansiehst, was kann ein neues Team realistischerweise erreichen?"
Villeneuve: "In der ersten Saison nicht viel. Sie sind sehr spät gestartet und hatten auch nicht gerade viel Budget zur Verfügung. Das Problem ist nun, dass sie nach so einem Start nicht viel haben, worauf sie aufbauen können. Es ist ein wenig wie ein Teufelskreis. Aber heute bin ich in den USA und möchte mich ganz auf das NASCAR-Rennen konzentrieren."