• 04.03.2009 09:52

  • von Pete Fink

TRG: Eine Sportwagenschmiede mischt die NASCAR auf

Das TRG-Team um Kevin Buckler sorgt in der NASCAR für Furore: Die Sportwagentruppe aus Kalifornien befindet sich in Schlagdistanz zu den Top 35

(Motorsport-Total.com) - The Racers Group, kurz TRG, hat sich seinen Namen eigentlich in der US-amerikanischen Sportwagenszene gemacht. Unvergessen ist etwa der Gesamtsieg 2003 beim 24 Stundenrennen von Daytona, als Teambesitzer Kevin Buckler und Michael Schrom, sowie die beiden Deutschen Timo Bernhard und Jörg Bergmeister in einem Porsche 911 GT3 RS den Gesamtsieg holten.

Titel-Bild zur News: Mike Wallace Daytona, Daytona International Speedway

Überraschung: TRG Motorsports ist auf dem Weg in die Top 35 der NASCAR

Wohlgemerkt in einem GT-Fahrzeug, mit dem sie den versammelten Daytona-Prototypen ein herbes Schnippchen schlugen. "Das und unser GT-Klassensieg in Le Mans hat uns zeitweise eine Menge Aufmerksamkeit auch in Europa eingebracht", muss Buckler heute noch grinsen, wenn er sich an die Ereignisse der damaligen Zeit erinnert.#w1#


Fotos: NASCAR in Las Vegas


Nun schreiben wir 2009, und plötzlich sorgt die kalifornische Sportwagenschmiede TRG auch in der NASCAR für Schlagzeilen: David Gilliland fuhr den TRG-Kundenchevrolet aus dem Hause Richard Childress Racing (RCR) in Las Vegas auf einen ausgezeichneten 14. Platz.

Woher kommt das plötzliche Interesse der langjährigen GT-Gurus an der NASCAR? "NASCAR zieht im gesamten US-Rennsport das Leben aus allen anderen Serien heraus", begründete Buckler den eigentlich schwierigen Schritt in die StockCar-Szene. "Das gilt sowohl für Zuschauerzahlen, TV-Quoten und natürlich auch für die Sponsoren."

Alle TRG-Partner begeistert

Dazu kommt Bucklers Erkenntnis, dass "ich schon vor einigen Jahren realisiert habe, dass wir als Sportwagenteam nicht mehr viel großer werden können." Denn es handelt sich um einen immer wieder kehrenden Kreislauf: "Bei den Sportwagen dreschen reiche Enthusiasten und die Automobilhersteller solange gnadenlos aufeinander ein, bis eine Partei von der Bildfläche verschwindet. Dann geht dieser ganze Zyklus wieder von vorne los."

Andy Lally Kevin Buckler

Nicht nur mit Andy Lally feierte TRG-Chef Kevin Buckler (re.) große Erfolge Zoom

Also musste etwas völlig Neues her. Buckler erinnert sich an die Ursprünge seiner NASCAR-Idee: "Es geschah Mitte 2007 bei einem Sportwagenrennen in Watkins Glen. Ich hatte fast eine Woche lang damit gezögert, meinen potenziellen Partnern eine Email zu schicken, in der ich ihnen mitteilen wollte, dass ich in die NASCAR einsteigen möchte."

Buckler lacht: "Ich hatte dieses Email also aufgesetzt, habe den 'Send'-Button gedrückt und den Computer dann sofort ausgeschalten. Ich wollte mir meinen Computer erst wieder am folgenden Morgen ansehen und als ich das dann tat, hatte ich 20 neue Partner." Soll heißen: Alle 20 Partner Bucklers, die als "The Racers Group" bereits in der Sportwagenszene aktiv waren, wollten sich den Schritt in die NASCAR nicht entgehen lassen. TRG trennt sein kalifornisches Sportwagenbusiness strikt von den aktuellen NASCAR-Aktivitäten in der Region Charlotte.

Technische Allianz mit Childress

2008 brachte TRG in der NASCAR-Truck-Serie teilweise sogar zwei Fahrzeuge an den Start, und gewann mit Donnie Lia ein Rennen in Mansfield. Doch der Sprung in den Sprint-Cup bedeutete noch einmal eine ganz andere Liga. Buckler: "Lass es mich so ausdrücken: Ich musste klug genug sein, damit mein persönliches Ego als NASCAR-Teambesitzer nicht im Weg stand."

TRG David Gilliland

Unübersehbar: Der TRG-Chevrolet stammt aus dem Hause Childress (RCR) Zoom

Es folgte also eine technische Allianz mit RCR: TRG kaufte zwei Childress-Chassis des Jahrgangs 2008, dazu die starken Earnhardt-Childress-Motoren auf Basis Chevrolet. "Rein von der Größe her sind wir natürlich noch kein Kundenteam, wie es etwa bei Tony Stewart und Rick Hendrick der Fall ist", weiß Realist Buckler. "Aber es funktioniert und worauf ich besonders stolz bin: Mit Richard Childress geschah nahezu alles was wir unternommen haben, auf Basis eines Handschlages."

Doch nun kommen die Finanzen ins Spiel. Die so lukrative Qualifikation von Daytona wurde mit NASCAR-Urgestein Kenny Wallace am Steuer um Haaresbreite verpasst. Seit Fontana sitzt David Gilliland im Auto des TRG-Chevrolets mit der Startnummer 71 und hat auch einen Sponsor mit an Bord gebracht. Bis Bristol ist das Auto also finanziert.

Gilliland soll es richten

Damit kann TRG solange durchhalten, bis nach Saisonrennen Nummer fünf (Bristol) die aktuellen Ownerpunkte von 2009 zählen. Bucklers Plan: "Das Ziel ist es, dann in den Top 35 der Ownerwertung zu stehen und dadurch das Geld auftreiben zu können, um den Rest der Saison zu finanzieren."

David Gilliland

Die TRG-Hoffnungen ruhen auf David Gilliland und dessen Erfahrung Zoom

Der Pilot Gilliland kommt Buckler da gerade recht: "David hat etwas zu beweisen", versichert der Teamchef die Motivation seines bei Yates-Ford überzählig gewordenen kalifornischen Landsmannes. Yates engagierte zur neuen Saison Bobby Labonte und Paul Menard, einen dritten Yates-Ford fährt Travis Kvapil.

Gleiches gilt auch für den TRG-Crewchief, der kein Unbekannter ist: Slugger Labbe betreut den TRG-Chevrolet, er zeichnete unter anderem verantwortlich für den Bill-Davis-Toyota von Jacques Villeneuve, als der ehemalige Formel-1-Weltmeister Ende 2007 seinen letztlich erfolglosen NASCAR-Versuch startete.

"Zwischen Slugger und David hat es sofort geklickt", freut sich Buckler und die Resultate beweisen dieses: Erst Platz 33 in Fontana und nun der Las-Vegas-Coup mit Rang 14. Gilliland ist zweifellos der Mittelpunkt dieser One-Man-Show: "Ich habe schon das Gefühl, dass ich hier etwas beisteuern kann", sagte der 33-Jährige, der seit 2006 bislang 89 Sprint-Cup-Rennen bestritt.

Showdown in Atlanta und Bristol

"Wir sind in beide Rennen gekommen, zu denen wir bisher angetreten sind. Wir können mithalten." Ein kleiner Vorteil ist der Kalender, denn in den für TRG beiden so vorentscheidenden Rennen von Atlanta und Bristol benötigt man ein relativ ähnlich abgestimmtes Auto.

TRG David Gilliland

Schafft TRG nach Bristol tatsächlich den Sprung unter die Top 35 der NASCAR? Zoom

"In Bristol brauchst du ein Fahrzeug, das dem hier in Las Vegas oder in Atlanta ähnelt", beschreibt Gilliland. "Denn obwohl Bristol ein Short-Track ist, besitzt es ein steiles Banking und da muss dein Auto viel arbeiten." Der Kalifornier ist nach seinem Las-Vegas-Auftritt jedenfalls voller Hoffnung: "Wir machen gerade das Richtige. Leicht wird es nicht, aber was ist im Sprint-Cup schon leicht?"

Nur: Was passiert, wenn dieses ehrgeizige Vorhaben scheitern sollte? "Dann werden wir uns zurückziehen, unsere Wunden lecken und uns um neue Sponsoren kümmern", weiß Buckler. Sicher ist in diesem Fall nur, dass Andy Lally die beiden Rundstreckenrennen in Sonoma und Watkins Glen fahren soll.

Doch die Chancen sind nach Gillilands Bravourvorstellung von Las Vegas vorhanden: Gerade einmal zwei winzige Punkte trennen TRG von dem so wichtigen Platz 35 der Ownerwertung, der ein garantiertes Startrecht im Sprint-Cup bietet. Am Wochenende in Atlanta und danach in Bristol kommt es wohl zu einem echten Showdown. Das bisherige Sprint-Cup-Überraschungsteam 2009 TRG ist jedenfalls gerüstet.

Der Kampf um die Top 35 der Ownerwertung nach Las Vegas:

33. 39 Ryan Newman (Stewart-Haas-Chevrolet) - 222 Punkte
34. 5 Mark Martin (Hendrick-Chevrolet) - 211
35. 78 Regan Smith (Furniture-Row-Chevrolet) - 206

36. 71 David Gilliland (TRG-Chevrolet) - 204
37. 82 Scott Speed (Red-Bull-Toyota) - 198