Talladega-Finish unter Gelb: McMurray beendet Durststrecke

Jamie McMurray nach drei Jahren wieder in der Victory Lane - Crash von Austin Dillon verhindert Schlussattacke von Earnhardt Jr. - Matt Kenseth verliert Tabellenführung

(Motorsport-Total.com) - 187 von 188 Runden lang verlief das Camping World RV Sales 500 auf dem Talladega Superspeedway ungewöhnlich ruhig. Lediglich eine frühe Gelbphase in Runde vier aufgrund von Flüssigkeit auf der Strecke und eine zweite Gelbphase in Runde 79 nach Abflug von Marcos Ambrose (Petty-Ford; 39.), bei dem Juan Pablo Montoya (Earnhardt/Ganassi-Chevrolet; 41.) unschuldig mitgerissen wurde, verlangsamten in der weniger als drei Stunden dauernden Restrictor-Plate-Schlacht das Renntempo.

Titel-Bild zur News: Jamie McMurray

Riesenjubel bei Jamie McMurray (Earnhardt/Ganassi): Erster Sieg seit 2010 Zoom

Nachdem das Rennen nach der Ambrose/Montoya-Caution mehr als 100 Runden lang unter Grün lief und in dieser Phase das klassische Pack-Racing in mehreren Fahrspuren sah, folgte im finalen Umlauf die dritte und letzte Gelbphase. Austin Dillon (Stewart/Haas-Chevrolet) drehte sich in Turn 2 und wurde von Casey Mears (Germain-Ford) erwischt. Beim Frontalzusammenstoß der beiden Fahrzeuge stieg Dillons Chevy mit der Startnummer 14 spektakulär in die Luft auf, landete anschließend aber wieder auf den Rädern. Sowohl Dillon als auch Mears kamen mit dem Schrecken davon und wurden auf den Plätzen 26 und 27 gewertet.

Zum Zeitpunkt seines Drehers in der Schlussrunde lag Dillon auf Platz drei hinter Jamie McMurray (Earnhardt/Ganassi-Chevrolet) und Dale Earnhardt Jr. (Hendrick-Chevrolet). Alles wartete auf eine Schlussattacke von Talladega-Spezialist Earnhardt Jr., dessen grüner Chevy mit der Startnummer 88 sich im Rennverlauf klar als das schnellste Auto herausgestellt hatte. Doch der Dreher und anschließende Beinahe-Überschlag von Childress-Enkel Austin Dillon beendete nicht nur dessen eigene Hoffnungen auf eine Top-3-Platzierung. Gleichzeitig nahm die dadurch ausgerufene letzte Gelbphase Dale Earnhardt Jr. die Chance auf die geplante Schlussattacke auf Spitzenreiter Jamie McMurray.


Fotos: NASCAR in Talladega


Das Rennen ging unter Gelb zu Ende und McMurray, der 14 Runden vor Schluss erstmals die Führung übernommen hatte, bejubelte schließlich seinen ersten Sprint-Cup-Sieg seit dem 16. Oktober 2010 in Charlotte. "In der letzten Runde machte ich mir Sorgen, dass mich die 88 noch abfangen könnte. Zwar hätte ich das Rennen gern unter Grün beendet, doch als hinter mir die Gelbphase ausgerufen wurde, war das für mich auch okay", so Sieger McMurray nach dem Ende seiner dreijährigen Durststrecke und dem insgesamt siebten Sprint-Cup-Sieg seiner Karriere. Nicht nur für den 37-Jährigen aus dem US-Bundesstaat Missouri, auch für das Team Earnhardt/Ganassi Racing war es der erste Sieg seit Charlotte 2010. Für Teambesitzer Chip Ganaasi, der nicht in Talladega weilte, nach dem IndyCar-Titelgewinn von Scott Dixon der zweite Anlass zum Jubeln an einem Tag.

Dale Earnhardt Jr. musste sich nach 38 Führungsrunden mit Platz zwei zufriedengeben und meinte: "In der letzten Runde kam ich gut aus Turn 2 heraus und wollte auf der Gegengerade einen Angriff setzen. Leider hatte ich nicht mehr die Chance." Weil alle weiteren Chase-Piloten hinter ihm landeten, ging es für Earnhardt Jr. in der Sprint-Cup-Gesamtwertung von Rang neun auf sechs nach vorn. Hinter dem bärenstarken Hendrick-Chevy von "Junior" kam Roush-Youngster Ricky Stenhouse Jr. in Talladega auf Platz drei ins Ziel. Der Rookie lag eingangs der letzten Runde auf Rang vier unmittelbar hinter Austin Dillon, als sich der Childress-Enkel in Turn 2 aufgrund der Luftturbulenzen von der Strecke drehte.

Paul Menard (Childress-Chevrolet; 4.) und Kyle Busch (Gibbs-Toyota; 5.) komplettierten die Top 5. Für Kyle Busch bedeutet Platz fünf mehr als nur Schadensbegrenzung, nachdem er beim ersten Boxenstopp nicht die Markierung traf, viel Zeit verlor und dadurch früh in Rundenrückstand geriet. Bei der Ambrose/Montoya-Caution in Runde 79 jedoch hatte der als Tabellenfünfter angereiste Gibbs-Pilot das Glück auf seiner Seite: Kyle Busch kam als "Lucky Dog" zurück in die Führungsrunde und war beim Fallen der Karierten Flagge schließlich zweitbester Chase-Pilot hinter Dale Earnhardt Jr. In der Gesamtwertung schob sich Kyle Busch von Rang fünf auf drei nach vorn und bis auf 26 Punkte an die Tabellenspitze heran.

Jimmie Johnson neuer Tabellenführer

Austin Dillon

Der Crash von Austin Dillon (Stewart/Haas) sorgte für ein Finish unter Gelb Zoom

Die Tabellenführung hält nach dem Talladega-Rennen nicht mehr Kyle Buschs Gibbs-Teamkollege Matt Kenseth, sondern Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet). Zusammen mit Dale Earnhardt Jr. verbuchten Kenseth (32 Führungsrunden) und Johnson (47 Führungsrunden) die meiste Zeit aller Fahrer auf Platz eins, doch als am Ende zusammengezählt wurde, lagen beide außerhalb der Top 10. Johnson (13.) wurde in der Schlussphase der Umstand zum Verhängnis, dass die untere Spur im Rennverkehr, in der er sich befand, im Vergleich zur oberen wesentlich langsamer war. Kenseth (20.) hatte in der zweiten Rennhälfte mit starkem Übersteuern zu kämpfen und rettete gerade so noch eine Platzierung in den Top 20. Die Tabellenführung aber musste er erstmals im diesjährigen Titelkampf an Johnson abtreten.

Restrictor-Plate-Spezialist Kevin Harvick schob sich nach 130 Runden planmäßiger "Bummelfahrt" am Ende des Feldes rund 50 Runden vor Schluss in die Top 10 nach vorn. In der absoluten Schlussphase aber konnte der Childress-Pilot aufgrund eines nicht optimal verlaufenen letzten Boxenstopps unter Grün den Anschluss an die Spitzengruppe nicht halten und wurde auf Platz zwölf gewertet. Damit holte er im Titelkampf ein paar wenige Zähler auf und liegt nun mit 26 Punkten Rückstand auf Johnson punktgleich mit Kyle Busch auf Rang vier der Sprint-Cup-Tabelle.

Der Rückstand des Tabellenfünften Jeff Gordon (Hendrick-Chevrolet) beträgt nach Talladega 34 Zähler. Es hätten deutlich weniger sein können, wäre Gordon nicht in der absoluten Schlussphase ähnlich wie Teamkollege Jimmie Johnson ein Opfer der langsameren unteren Linie geworden. So kam der vierfache NASCAR-Champion auf Platz 14 und damit direkt hinter seinem auf dem Weg zu Titel Nummer sechs befindlichen Teamkollegen ins Ziel.

Starke Leistung von Danica Patrick bleibt unbelohnt

Danica Patrick

Schnelle Lady in Pink: In der Boxengasse war Danica Patrick zu schnell Zoom

In den Top 10 des Camping World RV Sales 500 fanden sich stattdessen die beiden im Frühjahrsrennen überraschend auf den Plätzen eins und zwei ins Ziel gekommenen Front-Row-Teamkollegen David Ragan (6.) und David Gilliland (7.) sowie Martin Truex Jr. (Waltrip-Toyota; 8.) und die Chase-Piloten Ryan Newman (Stewart/Haas-Chevrolet; 9.) und Clint Bowyer (Waltrip-Toyota; 10.) wieder.

Die weiteren Chase-Piloten Joey Logano (Penske-Ford), Carl Edwards (Roush-Ford) und Kurt Busch (Furniture-Row-Chevrolet) klassierten sich einträchtig auf den Rängen 16 bis 18. Einzig Kasey Kahne (36.) musste einmal mehr einen herben Rückschlag einstecken: Der ohnehin nur als 13. der Gesamtwertung angereiste Hendrick-Pilot verlor bereits früh den Anschluss ans Feld, fiel aus der Führungsrunde und fing sich in der zweiten Rennhälfte zu allem Überfluss noch eine Durchfahrtsstrafe für zu schnelles Fahren in der Boxengasse ein.

Abseits des Kampfs um Punkte im Chase zeigte beim letzten Restrictor-Plate-Rennen des Jahres auch Danica Patrick eine starke Leistung. Die Stewart/Haas-Pilotin hielt sich bis zum letzten Boxenstopp nahezu dauerhaft in den Top 10 auf, doch beim entscheidenden "Money-Stop" unter Grün ging alles schief: Patrick kam am Eingang der Boxengasse mit Überschussgeschwindigkeit an, geriet darüber hinaus noch aufs Gras und verpasste so ihre Crew. Der allein schon dadurch entstandene Rückstand wurde noch größer, als sie die Durchfahrtsstrafe für zu schnelles Fahren in der Boxengasse antreten musste. Unterm Strich stand für Danica Patrick ein alles andere als repräsentativer 33. Platz zu Buche.

Mit Talladega - der längsten Strecke im NASCAR-Kalender - im Rücken, steigt das siebte von zehn Chase-Rennen am kommenden Sonntag auf der kürzesten Strecke im Kalender: Dem Halb-Meilen-Oval in Martinsville. Jimmie Johnson, der auf dem Short-Track im US-Bundesstaat Virginia bereits achtmal in die Victory Lane fuhr, reist mit einem Vorsprung von vier Punkten auf Matt Kenseth als neuer Tabellenführer an.