• 12.11.2008 11:56

  • von Pete Fink

NASCAR-Chef: Zur Not auch ohne die Hersteller

NASCAR-Chef Brian France nahm innerhalb weniger Tage gleich zweimal zur aktuellen US-Krise Stellung - "Wir ändern unser Geschäftsmodell nicht"

(Motorsport-Total.com) - "NASCAR ist nicht immun gegen gesamtwirtschaftliche Entwicklungen." So lautet einer der Lieblingssätze von NASCAR-Chef Brian France, der diese Ansicht in den vergangenen zwölf Monaten bei nahezu jedem seiner eher seltenen öffentlichen Auftritte in den Vordergrund stellte.

Titel-Bild zur News: Brian France

NASCAR-Chef Brian France nahm gleich zweimal zur aktuellen Krise Stellung

Umso bezeichnender für die Dimension der aktuellen US-Krise war die Tatsache, dass France in den vergangenen Tagen gleich zweimal die Öffentlichkeit suchte: Nach einer Pressekonferenz am Wochenende auf dem Phoenix International Raceway gab er darüber hinaus gestern Nacht eine kurzfristig angesetzte Telekonferenz.#w1#

Die Begründung ist klar, denn Gesprächsstoff gibt es derzeit genug. Und angesichts der mannigfaltigen Probleme befindet sich die NASCAR-Führung auch im Zugzwang, denn nicht nur der Sprint Cup sieht eine ganze Reihe von Baustellen, bei denen die Geschäftsführung in Sachen Krisenmanagement gefordert ist.

Das größte Problem betrifft natürlich die drei US-Hersteller General Motors, Ford und Chrysler. Deren schräge Finanzlage, und damit die unsichere Zukunft vor allem von Chevrolet und Dodge, ist hinlänglich bekannt, während Ford mit dem Treueschwur gegenüber seinem Aushängeschild Roush bereits Stellung bezogen hat.

Über die Herstellersituation

Kasey Kahne Evernham Dodge

Vor allem um die Situation bei Dodge und Chevrolet ranken sich viele Gerüchte Zoom

Nicht so im Fall Chevrolet und Dodge. Die Analysten der Deutschen Bank beurteilen GM mittlerweile sogar als bankrott, der Konzern selbst sprach davon, dass ihm im Sommer 2009 die liquiden Mittel ausgehen würde, falls nicht Hilfe von staatlichen Stellen eintreffen würden.

Für NASCAR ein Horrorszenario, doch France wiegelte ab: "Wir haben nicht über die Option eines Bankrotts mit ihnen gesprochen", sagte er in Phoenix. "Die Regierung redet bereits mit ihnen und unsere Vermutung ist es, dass sie bessere Autos bauen werden. Sie haben exzellente Management-Teams und wir hoffen darauf, dass sie durchhalten werden. Wir wissen es zwar nicht, aber das ist alles, was wir im Moment tun können."

Er, so der NASCAR-Chef weiter, hoffe nicht, dass sich ein - oder sogar mehrere - Hersteller komplett aus dem Sport zurückziehen müsse. "Aber wenn dies passiert, dann werden wir trotzdem weiterleben und weiterexistieren. NASCAR ist so solide aufgestellt, dass auch das Verschwinden eines oder mehrerer Hersteller überlebt werden kann."

Auch einem neuen Hersteller sähe man positiv entgegen: "Wenn sich jemand diesem Sport gegenüber so annähern würde, wie es Toyota und andere getan haben, dann stünden alle Türen offen. Nur glaube ich nicht, dass dieses gerade die beste Zeit für so eine Aktion wäre."

Erste Kürzung betrifft die Tests

Daytona Tests Drafting

Ein kurzfristiger Ansatzpunkt wäre ein weitreichendes Testverbot Zoom

Kurzfristig kann NASCAR seinen Teams nur helfen, indem man massiv an der Kostenschraube dreht. Ohne konkret zu werden, deutete France indirekt ein komplettes Testverbot an: "Wir sehen uns gerade das Thema Tests an und wir werden in dieser Sache aggressiver vorgehen, als wir es jemals taten." Und: "Wir müssen dabei schnell reagieren, denn die Budgets der Teams werden gerade gesetzt."

Zwei weitere denkbare Ansätze wären eine Verringerung des langen NASCAR-Kalenders, wie es Superstar Dale Earnhardt Jr. unlängst forderte: "Das wird nicht passieren, denn es gibt Verträge mit den Streckenbetreibern", so France. Gleiches gilt für eine Verkürzung der langen Renndistanzen, was der NASCAR-Chef als "rein symbolischen Akt" betitelte.

Wenig überraschend nahm France die Heilige Kuh NASCARs, das neue Car of Today, aus der Kostenspirale aus. "Bauen die Teams nun weniger Autos? Brauchen sie weniger Autos und weniger Ingenieursarbeit? Haben wir in all diesen Bereichen Fortschritte erzielt? Die Antwort lautet ja."

Arbeiten im Hintergrund

Juan Pablo Montoya Chip Ganassi

Juan Pablo Montoya und Chip Ganassi sind zwei heiße Fusionskandidaten Zoom

Zwar musste auch der NASCAR-Chef zugeben, dass es in Bezug auf diese Fragen unterschiedliche Meinungen der Teams gäbe, aber "der Großteil ist dieser Ansicht, während andere sicherlich nicht damit einverstanden wären." Seine Schlussfolgerung: "Um eine komplette Bilanz zu ziehen, ist es mit Sicherheit etwas zu früh."

Eine weitere Stellschraube ist das Thema Fusionen: "Dabei spielen wir eine Rolle. Wir verstehen die unterfinanzierten Teams, die die größten Risiken auf sich zukommen sehen und wir arbeiten mit ihnen zusammen, um Partner und Sponsoren zu finden. Wir stellen dies nur nicht jede Woche ins Rampenlicht."

So lautete das France-Fazit der aktuellen Situation: "Das ist nicht die erste Krise, die wir in den vergangenen 60 Jahren erlebt haben. Wir hatten die Energiekrise 1972 und vor nicht allzu langer Zeit hatten wir den 11. September. Dies jetzt ist eine große Krise, aber deswegen ändern wir unser Geschäftsmodell nicht."