• 25.02.2011 14:15

  • von Tab Boyd

Kolumne: Über den Daytona-Wahnsinn

Tab Boyd, der Spotter von Juan Pablo Montoya, beschreibt das verrückte Daytona-Rennen aus seiner Sicht: "So etwas habe ich noch nie erlebt!"

Liebe NASCAR-Fans,

Titel-Bild zur News: Juan Pablo Montoya Tab Boyd

Juan Pablo Montoya, Tab Boyd und ein denkwürdiges Daytona-Rennen

was soll ich euch sagen? Daytona war einfach nur komplett verrückt und zwar von Anfang bis zum Ende. Ich bin nun seit fast acht Jahren ein NASCAR-Spotter, aber so etwas habe ich zuvor noch nicht erlebt. Ganz ehrlich: Das Daytona 500 war für mich das stressigste Rennen meiner ganzen Karriere. Der Grund dafür war natürlich das intensive Renngeschehen mit den Two-Car-Breakaways.

Diese Two-Car-Drafts hatten sich schon beim Testen angedeutet. Eigentlich wollten wir beim Testen nur ein paar Single-Car-Runs durchführen. Dann haben wir gesehen, dass ein paar Kollegen mit den Two-Car-Drafts eine ganze Runde und mehr gedreht haben. Das war plötzlich möglich, weil es in Daytona dieses neue und superglatte Asphaltband gab.

Nun ist der Windschatten in Daytona und Talladega immer schon entscheidend gewesen. Neu war aber, dass dieser Kontakt über viele Runden fast schon zur Vorraussetzung wurde. Du musstest in direktem Kontakt mit deinem Vordermann sein und wenn dir das gelingt, dann war es, als hättest du einen Turbo eingeschalten. Wenn der Kontakt abgerissen ist, dann hattest du das Gefühl, als hätte der Fahrer seinen Motor abgeschaltet.

Das alles mussten wir alle ganz schnell lernen, denn mit dieser Art Racing hat im Vorfeld ja keiner ernsthaft gerechnet. Normalerweise trainierst du in Daytona auch nicht so viel, denn du willst nicht riskieren, dein Einsatzauto für das Daytona 500 zu verlieren. Spätestens in den beiden Gatorade-Duels haben wir dann aber nur noch für das Daytona 500 geübt.

Blindflug bei Tempo 320

Carl Edwards, Matt Kenseth, Greg Biffle

Stoßstage an Stoßstange: Der neue Racing-Stil in Daytona Zoom

Ich versuche es euch einmal zu beschrieben: Erstens sieht der Hintermann beim Pushen gar nichts. Vielleicht ein ganz klein wenig, wenn er leicht versetzt fährt. Juan Pablo hat mir auch auf der Gegengerade durchgefunkt, dass er null Sicht hat. Ich musste ihm sogar sagen, auf welchem Platz er gerade fährt, denn er hatte keine Ahnung, ob er gerade Zweiter oder 20. war, wenn er im Two-Car-Draft als Hintermann durch das Feld nach vorne kam.

"Wie viele Leute sind noch vor mir?" Dies hat er mich nicht nur einmal gefragt. Ich musste ihm dann zum Beispiel sagen, dass er gerade Vierter war und ein weiteres Tandem etwa fünf Wagenlängen vor ihm liege. Dieser ganze Blindflug geschah vier Stunden lang bei konstant Tempo 320. Das war schon völlig verrückt, das könnt ihr mir bitte glauben. Doch das war noch lange nicht alles.

Ganz schwierig wurde es dann, wenn sie in zwei oder drei Spuren nebeneinander in eine Kurve hinein fuhren und die Positionen wechseln mussten. Dann musste ich meinem Tandem auch beschreiben, wer auf welcher Spur fährt, und wie und wo sie ihren Positionswechsel durchführen können. Der war natürlich nötig, weil der Motor des Pushers nach ein paar Runden überhitzt hat.

Zwei Dreher und ein ruhiger Montoya

Trevor Bayne, Bobby Labonte, Kurt Busch, Juan Pablo Montoya

Daytona-Kommunikation 2011: "Wo bin ich?" - "Du fährst gerade auf Platz vier!" Zoom

Oder wenn zum Beispiel dein Tandem auf langsamere Kollegen aufgelaufen ist. Das war eine super gefährliche Situation, denn wenn der Vordermann eine zu aggressive Lenkbewegung ausgeführt hat, dann hat ihn der Hintermann ganz einfach umgedreht. Es war also unabdingbar erforderlich, dass das Tandem immer möglichst geradeaus fuhr, aber ohne das der Hintermann dabei etwas sehen konnte.

Das ist uns im Rennen gleich zweimal passiert. Dabei hat es schon ausgereicht, wenn der Kontakt zwischen den beiden Autos in einem etwas schrägen Winkel geschehen ist. Juan Pablo hat sich im Rennen deshalb zweimal gedreht, aber er ist dabei bemerkenswert ruhig geblieben. Wir alle wussten: Das ist ein Teil des Daytona-Spiels und wir mussten es ganz einfach so akzeptieren.

Da könnt ihr euch wahrscheinlich gut vorstellen, was bei uns Spottern auf dem Tribünendach für eine Hektik aufkam. Früher hast du dich bei den Two-Car-Drafts mit dem entsprechenden Spotterkollegen per Handzeichen verständigt. Das hat in Daytona nicht mehr ausgereicht. Du musstest schon direkt neben dem Spotter stehen, mit dessen Fahrzeug du gerade für ein paar Runden zusammengearbeitet hast.

Zurück in die Normalität

Juan Pablo Montoya

Tab Boyd und Juan Pablo Montoya freuen sich auf normales Racing Zoom

Sogar nach den Restarts gab es jede Menge Stress, weil du bis wenige Sekunden vor dem Restart ja nie wusstest, mit wem du nun zusammenarbeiten musst. Und du musstest dem Kollegen gleichzeitig klar machen, dass du ihn im Stich lassen wirst, wenn dein Teamkollege neben dir auftaucht. Denn genau das war unser Plan. Juan Pablo und Jamie McMurray sollten das ganze Rennen über zusammen arbeiten.

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass die beiden einen phänomenalen Job erledigt haben. Jamie hat irgendwann im Rennen einmal auf uns gewartet, als wir ein wenig zurückgeworfen wurden. Trotzdem kam es immer wieder zu Situationen, in denen wir kurzzeitig mit anderen Piloten zusammenarbeiten mussten. Nur wenn dann dein Teamkollege in den Fokus kam, dann musste ich meinem Spotter-Kollegen sagen: "Sorry Jungs, unser Teamkollege ist da, wir lassen euch jetzt im Stich."

Leider hat Jamie dann einen Zylinder verloren und fiel zurück. Wir wurden Sechste, was für uns ein gutes Resultat war. Aber ich bin ganz ehrlich froh darüber, dass wir diesen Wahnsinn nun hinter uns haben. Nun freue ich mich auf Phoenix und darauf, dass die normale NASCAR-Saison beginnt. Drückt uns bitte die Daumen, wir haben in diesem Jahr eine Menge vor!

Herzliche Grüße,
Euer

Tab Boyd

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