• 09.12.2009 11:07

  • von Pete Fink

Kann Danica Patrick in der NASCAR bestehen?

Viel Lob, aber auch eine Prise Skepsis und Kritik: Was hinter dem Danica-Patrick-Vertrag steckt und wie die USA auf ihren NASCAR-Wechsel reagieren

(Motorsport-Total.com) - "Es war am Ende schon ein sehr schlecht gehütetes Geheimnis", gab selbst Bob Parsons, der Chef von 'GoDaddy.com' am Dienstagabend in Phoenix zu. Seit Juni hielt Danica Patrick die US-Motorsportszene mit einem möglichen NASCAR-Wechsel auf Trab und nun wurde die Angelegenheit auch offiziell verlautbart: 2010 und 2011 wird die 27-Jährige im Nationwide-Team von NASCAR-Superstar Dale Earnhardt Jr. einen giftgrünen Chevrolet Impala mit der Startnummer sieben fahren.

Titel-Bild zur News: Danica Patrick

Danica Patrick: Ab sofort ist die NASCAR um eine Attraktion reicher

Möglich machte diesen Deal in erster Linie Parsons großer US-Domainhändler, der auch das Patrick-Auto in der IndyCar-Serie finanziert. Der gemeinsame, und vermutlich millionenschwere Plan ist naheliegend: Zwei Jahre soll Patrick in der Nationwide-Serie Erfahrungen sammeln. Falls die US-Rennamazone dann für den Sprint-Cup bereit wäre, könnte sie bei Hendrick Motorsports die Nachfolge von Mark Martin antreten. Der Hendrick-Chevrolet des 50-jährigen NASCAR-Oldies wird von 'GoDaddy.com' ab 2010 ebenfalls unterstützt.#w1#

Denn nur darum kann es in den kommenden zwei NASCAR-Jahren gehen: Packt Patrick den Wechsel zu den StockCars, hätte Rick Hendrick mit Dauerchampion Jimmie Johnson, dem unangreifbaren Jeff Gordon, dem ewigen Publikumsliebling Dale Earnhardt Jr und eben Danica Patrick so ziemlich alles bei sich versammelt, was in NASCAR-USA Rang und Namen hat.

Oder wie es US-Chef-Analytiker Larry McReynolds formulierte: "Der Plan ist extrem klug und wer immer das alles erarbeitet hat, der verdient eine ganze Menge Lob." Finanzier Parsons selbst gab zu: "Wenn ich nur daran denke, dann habe ich schon ein Funkeln in den Augen. Aber wir werden sehen, wie es läuft und uns erst dann damit beschäftigen, wenn wir an diesem Punkt sind."

Erst ARCA, dann Nationwide

Brad Keselowski

GoDaddy.com sponsorte schon 2009 einen giftgrünen Hendrick-Chevy Zoom

Zunächst stehen jedoch die Hausaufgaben an, die alle NASCAR-Wechsler wie Juan Pablo Montoya, Scott Speed oder auch Jacques Villeneuve erledigen mussten: Ein unterklassiger ARCA-Test auf dem Daytona International Speedway im Dezember, dem das erste ARCA-Rennen am 6. Februar 2010 folgt. Auch hier bewiesen Parsons und Patrick übrigens perfektes Timing, denn am nächsten Tag wird die 27-Jährige in zwei 'GoDaddy'-Werbefilmen während des Superbowls erscheinen.

Der ARCA-Einsatz hat nur einen Zweck: Den Superspeedway-Führerschein zu machen, der Patrick dann wiederum in die Lage versetzt, auf allen NASCAR-Ovalen in der Nationwide-Serie fahren zu können. Wie viele Nationwide-Einsätze es 2010 werden, steht nach wie vor nicht fest. Allerdings soll die 27-Jährige nur vor oder nach der IndyCar-Saison (März bis Oktober) in ihren Chevrolet steigen. Ihre Nationwide-Premiere dürfte noch in Daytona stattfinden.

Patrick selbst machte in den vergangenen Monaten nie einen Hehl aus der Tatsache, dass sie nur dann gewillt sei, in der NASCAR zu fahren, wenn sie über Top-Material verfüge. Das ist nun der Fall, denn sie kann - egal in welcher Serie - immer auf Fahrzeuge aus dem Hause Hendrick zurückgreifen. JR Motorsports ist ein Hendrick-Kundenteam, an dem Rick Hendrick selbst Anteile besitzt.

Wie gut die Hendrick-Kundenautos auch im Sprint-Cup unterwegs sind, können Tony Stewart und Ryan Newman bezeugen, die für Stewart/Haas-Racing beide den Einzug in den NASCAR-Chase schafften. Insofern sind im Fall Patrick vergleichsweise viele Zutaten zusammen, damit ihr NASCAR-Debüt 2010 eben genau nicht zu einem Fiasko wird.

Das beste Material von allen

Danica Patrick

Danica Patrick wird sich in der NASCAR auf Top-Material stützen können Zoom

"Sie wird im Vergleich zu uns mit großem Abstand das beste Material haben", erklärte etwa IndyCar-Urgestein Paul Tracy, der 2006 den Sprung in die NASCAR versuchte. "Sie fährt ein Hendrick-Auto und hat eine Crew, die auf Sprint-Cup-Level arbeiten wird. Dario Franchitti, Juan Pablo Montoya und Sam Hornish haben alle in mittelstarken Teams angefangen und ich fuhr für einen Kerl, der Unfallautos von Richard Childress gekauft hat."

Für Franchitti ist vor allem das permanente Wechselspiel ein Dorn im Auge: "Das ist ganz schwierig", orakelt der Schotte, der 2008 versuchte, in der NASCAR Fuß zu fassen und 2009 den IndyCar-Titel holte. "Als ich zum ersten Mal wieder in einem IndyCar saß, hat mich das Gefühl umgehauen. Es war, als wäre ich von einer 737 in einen Kampfjet umgestiegen."

Denn nicht nur Tracy und Franchitti wissen, dass schon in der Nationwide-Serie mit extrem harten Bandagen gekämpft wird. Obwohl es nur die zweite NASCAR-Liga ist, ist es bei weitem kein Selbstläufer, sich dort in Szene setzen zu können. Ein Scheitern Patricks ist also auch mit Top-Material nicht unmöglich. Vor allem dann, wenn sie von - mit Sicherheit topmotivierten - Youngstern aufs Korn genommen wird.

Fakt ist also: In der Nationwide-Serie wird sich zeigen, ob Patrick den Durchbruch in der NASCAR schaffen kann. Egal wie ihre Resultate ausfallen werden, die Nationwide-Offiziellen können sich die Hände reiben, denn das Medieninteresse für diese Rennen der zweiten Liga wird gewaltig sein. Scheitert Patrick, dann erlebt die Nationwide-Serie zumindest ein extremes Zwischenhoch. Setzt sie sich aber durch, dann hat die NASCAR auf Jahre hinweg eine gewaltige Attraktion.

Die größte Sache seit Dale und Dale Jr.

Dale Earnhardt Senior und Junior

Im Jahr 2000 fuhren Dale Earnhardt Sr. und "Junior" zusammen in der NASCAR Zoom

Auf genau diese Langfristigkeit setzt auch Rick Hendrick: "Sie geht die Sache sehr methodisch an und ich habe noch nicht bemerkt, dass sie bislang einen Fehler gemacht hat", erklärte der mächtige Teambesitzer vor wenigen Tagen in Homestead. Gleiches weiß Tony Stewart zu berichten, der den Sprung von den IndyCars zu den StockCars erfolgreich vollzog, und daher in den vergangenen Wochen und Monaten einer der großen direkten Ansprechpartner Patricks war.

"Ich weiß, dass sie das schaffen will", erklärte der zweifache NASCAR-Champion nach einem der Patrick-Besuche. "Sie hat mir tief in die Augen geschaut und gesagt, dass sie das tun wolle. Sie weiß, dass eine Menge Arbeit auf sie zukommen wird, aber sie ist sich auch sicher, dass es ihr viel Spaß machen wird."

Kritiker gibt es ebenfalls. "Ich glaube nicht, dass sie uns etwas bringen kann", gab etwa Felix Sabates, Mitbesitzer bei Montoyas Earnhardt/Ganassi-Team zu Protokoll. "Erst wenn sie mir zeigen kann, dass sie unsere Autos beherrscht, dann glaube ich an sie." Für den dreifachen NASCAR-Champion Darrell Waltrip ist es "für sie ein irrsinniger physischer und mentaler Test. Der Druck wird extrem hoch sein."

Vor allem von den Seiten der Medien natürlich, denn Danica Patrick ist in den USA einer der ganz großen Superstars. "Natürlich werden alle Augen auf uns gerichtet sein", weiß Kelley Earnhardt, die den Patrick-Vertrag verhandelte. Oder wie es der ehemalige NASCAR-Champion Dale Jarrett formulierte: "Das ist die größte Sache seit Dale Earnhardt und Dale Earnhardt Jr." Die beginnt im Februar 2010 in Daytona.