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  • 01.03.2009 11:40

  • von Pete Fink

Interview: "Mad Max" Papis über NASCAR und Formel 1

Max Papis wird in Las Vegas die europäischen Fahnen vertreten, denn der Italiener qualifizierte seinen Germain-Toyota für das Shelbys 427

(Motorsport-Total.com) - Am Freitagnachmittag war Max Papis der glücklichste Mensch auf dem Las Vegas Motor Speedway. Mit Platz 26 qualifizierte der Italiener seinen Germain-Toyota ins Startfeld zum Shelby 427, und ist damit der einzige Europäer, der in der Sprint-Cup-Saison 2009 aktiv ist.

Titel-Bild zur News: Max Papis, Las Vegas, Las Vegas Motor Speedway

Max Papis hat sich lange auf die NASCAR und den Sprint-Cup vorbereitet

Für den 39-Jährigen erfüllte sich damit ein lang gehegter Traum, denn seine Vorbereitungszeit auf die NASCAR nahm einige Jahre in Anspruch. 18 der 36 Saisonrennen will Papis 2009 bestreiten und gleich im ersten Anlauf schaffte er in Las Vegas den Sprung ins Hauptfeld.#w1#

'Motorsport-Total.com' sprach mit dem seit 1996 in den USA fahrenden Schwiegersohn von Emerson Fittipaldi, der sowohl bei den ChampCars, als auch bei den Sportwagen einige Erfolge vorzuweisen hat. Dabei schilderte Papis auch ausführlich, welche speziellen Anforderungen die NASCAR im Vergleich zur Formel 1 an ihre Piloten stellt.

Frage: "Max, nun stehst du in deinem ersten Ovalrennen der NASCAR. Das war für dich ein langer und steiniger Weg. Wie lange hat das ganze Projekt genau gedauert?"
Max Papis: "Ich bin ja schon zwei Rundkursrennen gefahren, aber eben noch niemals auf einem Oval. Das waren viereinhalb, fast fünf Jahre harter Arbeit."

Papis ist weit herumgekommen

Frage: "Du hast lange in Miami gewohnt. Jetzt bist du nach Charlotte umgezogen. Alles nur um näher an der NASCAR zu sein?"
Papis: "Ja. Du kannst kein NASCAR-Fahrer sein und dabei nicht in Charlotte leben. In Charlotte dreht sich alles um NASCAR. Klar hat mich das viele Opfer gekostet, um das alles umzusetzen. Aber nun bin ich hier und dieses Gefühl wiegt alles auf."

Frage: "Wie groß ist die Erleichterung nun, an deinem ersten ganz großen Ovalrennen mitmachen zu können?"
Papis: "Das ist eine großartige Leistung. Wir haben ganz klein angefangen und mussten uns nach oben kämpfen. Mir bedeutet das eine Menge. Es zeigt, dass wir hierher gehören. Das hier ist nicht leicht. Die Leute in Europa meinen immer, nach links lenken sei leicht. Aber die Sache hier ist viel komplizierter."

"Als ich noch in der Formel 1 fuhr, hatten wir in Hockenheim am Ende der Geraden 320 Stundenkilometer drauf. Hier ist der minimale Speed an jedem Kurveneingang 260 oder 270 Stundenkilometer. Du hast hier permanent superschnelle Kurven, dein Auto verändert sich alle zehn Minuten."

"Die Anforderungen sind hier ganz anders. Man braucht jede Menge Mut und muss bei diesen hohen Geschwindigkeiten dabei noch ziemlich entspannt zur Sache gehen. Es ist ein völlig anderes Spiel."

Alle sechs Sekunden eine schnelle Kurve

Frage: "Nun bist du der erste europäische NASCAR-Pilot nach Dario Franchitti. Dessen NASCAR-Abenteuer war relativ kurz. Wie kannst du sicherstellen, dass dein NASCAR-Abenteuer etwas länger dauern wird?"
Papis: "Ich glaube, dass Dario in eine komplett neue Situation geworfen wurde. Er kam von den IndyCars und musste sehr viele Dinge lernen. Auch ich musste sehr lange daran arbeiten, mich an die Autos und die Menschen zu gewöhnen."

Max Papis, Las Vegas, Las Vegas Motor Speedway

Max Pais blickt der Herausforderung NASCAR gelassen entgegen Zoom

"Mein erstes Ziel ist es, ein gutes Auto fahren zu können. Für einen Rookie ist es sehr schwer, deinem Team klar zu machen, was du brauchst, denn dazu ist das Fahrgefühl einfach zu unterschiedlich. Um in dieser Serie bleiben zu können, muss man einfach richtig hart arbeiten. Richtig hart. Der große Unterschied liegt in der Einsatzzeit, der Erfahrung, und das kann man nicht kaufen.

Frage: "Wie kannst du als ehemaliger Formelpilot die größten Unterschiede zur NASCAR beschreiben?"
Papis: "Der größte Unterschied ist, dass du so schnell wie mit einem Formel-1-Auto in eine schnelle Kurve hinein fährst, dabei aber nur halb so viel Grip hast. Oder sogar noch weniger. Und das Ganze musst du alle sechs bis zehn Sekunden machen. Du hast keine Zeit zum entspannen."

"In der Formel 1 gibt es eine richtig schnelle Kurve, dann kommen einige langsamere Kurven. Du kannst auch Defizite am Auto wieder gutmachen. Hier sind die Speeds so hoch, dass dir gar nichts anderes übrig bleibt als zu lernen, wie man das Auto zur Not auch querstehend durch eine schnelle Kurve fahren muss. Dabei hast du bis zu 340 Stundenkilometer drauf und das muss für dich zur Normalität werden."

"Wenn jemand zur NASCAR stößt, dann tut er sich vielleicht sogar leichter, wenn er vorher Tourenwagen oder Sportwagen gefahren ist. Und nicht, wenn du aus einem Formel-1-Auto mit extrem viel Abtrieb in die NASCAR wechselst. Mir hat da die Corvette-Zeit in der Le-Mans-Serie sehr geholfen. Du bist mit wenig Grip schnell unterwegs und das Auto bewegt sich permanent."

NASCAR-Lehrjahre bei Hendrick

Frage: "Du warst einige Jahre lang Testfahrer bei Rick Hendrick. Bist du damals nur die Rundkurse gefahren, oder warst du damals auch bei den Ovaltests aktiv?"
Papis: "Ich fuhr schon zu meinen ChampCar-Zeiten 50 oder 60 Ovalrennen. Ich habe mein erstes IndyCar-Rennen ja auch in Homestead gewonnen. Als mich dann Hendrick engagiert hat, bin ich Rundkurse und Ovale gefahren."

Max Papis, Las Vegas, Las Vegas Motor Speedway

Die Nummer 13 gilt in den Vereinigten Staaten als Unglückszahl Zoom

"Aber eines kann ich dir sagen: Ich weiß genau, warum diese Jungs ein Meisterteam sind. Wenn du ihnen die NASCAR wegnehmen würdest, und ihnen einen Ferrari oder einen McLaren hinstellen würdest, dann würden sie den gleichen guten Job damit machen. Meiner Meinung nach ist Hendrick eines der besten Teams der Welt."

"Die Europäer müssen eines verstehen: Vielleicht gibt es hier nicht viel Technologie, wenn man sich die Autos ansieht. Aber in der Vorbereitung steckt jede Menge Technologie, genauso wie bereits im Bau des Fahrzeugs. Gleiches gilt auch für das Herantasten an das jeweilige Setup."

"Natürlich haben wir hier keine Wippschaltung oder einen Motor, der 19.000 Touren dreht. Aber der Wettbewerb ist einfach unglaublich. Schau dir nur das Resultat der Qualifikation an. Ich war drei Zehntel hinter der Pole Position und wurde 26. Es hat in der Formel 1 schon Zeiten gegeben, da lag zwischen der ersten und zweiten Startreihe mehr als eine Sekunde."

Kein Druck und keine großen Erwartungen

Frage: "Jetzt fährst du nicht mehr für Hendrick, sondern den Germain-Team hat enge Verbindungen mit Michael Waltrip Racing. Was sind die Unterschiede?"
Papis: "Sie sind groß. Waltrip ist gut organisiert, aber sie sind noch ein sehr junges Team. Hendrick hat die besten Leute und wir bei Germain Racing sind da nur ein kleines Team. Das wissen wir und sind damit zufrieden, haben deswegen aber auch eine Partnerschaft mit Michael Waltrip."

"Sie geben uns das Auto und die Technologie. Man muss halt irgendwo beginnen. Auch ich kam hierher und habe irgendwann beschlossen, NASCAR zu fahren. Der Vorteil dabei ist, dass niemand von uns etwas Großartiges erwartet, und deshalb befinden wir uns in einer sehr guten Situation."

Frage: "Mit anderen Worten: Du bist nun mit Haut und Haaren ein NASCAR-Fahrer und die anderen Dinge sind Vergangenheit?"
Papis: "Mein Fokus liegt ganz klar in der NASCAR. Vielleicht ergibt sich irgendwann einmal die Möglichkeit, noch einmal das Indy 500 zu fahren. Aber jetzt bin ich in der NASCAR und das will ich bis zum Ende meiner Karriere machen."

Frage: "Also auf der ganz großen Bühne..."
Papis: "Wenn du in Amerika im Motorsport Nummer eins sein willst, dann musst du NASCAR fahren. Daran gibt es keinen Zweifel. Die Besten der Besten fahren hier. Ganz ehrlich: Leute wie Jeff Gordon oder Jimmie Johnson hätten auch das Zeug, in der Formel 1 oder in Le Mans zu gewinnen. Diese Jungs sind echte Champions."