Harvick siegt in Phoenix - Fiasko für Kenseth
Kevin Harvick gewinnt in Phoenix - Jimmie Johnson macht als Dritter einen Riesenschritt in Richtung Titel - Matt Kenseth erlebt als 23. ein Fiasko
(Motorsport-Total.com) - War's das? Um es kurz und knapp zu formulieren: Es sieht alles danach aus, als habe sich am Sonntagabend auf dem Phoenix International Raceway die NASCAR-Meisterschaft 2013 entscheiden. Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet) fuhr im Advocare 500 auf einen grundsoliden dritten Platz, während sein großer Titelkonkurrent Matt Kenseth (Gibbs-Toyota) gewaltig schwächelte. Die Startnummer 20 war zu keinem Zeitpunkt konkurrenzfähig und kam mit Rundenrückstand nur auf Platz 23 ins Ziel.

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Kevin Harvick gewinnt nach Kansas sein zweites Chase-Rennen 2013 Zoom
Damit geht Johnson jetzt mit einem satten Vorsprung von 28 Punkten ins Saisonfinale von Homestead, was dem Kalifornier eine sonntägliche Spazierfahrt im Sonnenstaat Florida verspricht. Die NASCAR-Mathematik sagt: "Five-Time" Johnson macht sich dann zum "Six-Päck", wenn er am kommenden Wochenende in Homestead mindestens auf Rang 23 (oder besser) ins Ziel kommt. Eine durchaus lösbare Aufgabe für die Hendrick-Mannen um Crewchief Chad Knaus.
Dritter Titelkandidat neben Johnson und Kenseth ist noch Kevin Harvick (Childress-Chevrolet), der das Phoenix-Rennen gewann, weil Carl Edwards (Roush-Ford; 21.) in der letzten Runde der Sprit ausging. "Damit habe ich überhaupt nicht gerechnet", freute sich Harvick in der Victory Lane über den missglückten Benzinpoker der Roush-Konkurrenz. Mit einem Rückstand von 34 Punkten besitzt auch der Childress-Pilot am kommenden Wochenende in Homestead zumindest noch rechnerische Chancen.
"Aber da muss schon viel passieren", weiß der Kalifornier, der bei einem normalen Verlauf der Dinge nach 2010 und 2011 zum dritten Mal Gesamtdritter in der höchsten NASCAR-Liga werden dürfte. In Phoenix zeigte Harvick eine bärenstarke Vorstellung, die nach 70 Führungsrunden alles andere als unverdient mit Saisonsieg Nummer vier endete. In einem mit acht Gelbphasen recht unterhaltsamen Rennen, das zahlreiche Strategievarianten ermöglichte, unterlief dem Childress-Team nur ein Fehler, als Harvick in Runde 269 ohne Benzin in die Boxengasse rollte.
Zwei Schrecksekunden für Johnson

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Kevin Harvick zeigte sich in Phoenix bestens aufgelegt Zoom
Es war ein Stopp unter Grüner Flagge, was die Startnummer 29 nur kurzzeitig zurückwarf. Vorne hatten die Edwards-Strategen hingegen etwas zu hoch gepokert und warfen den durchaus möglichen zweiten Phoenix-Erfolg 2013 um Haaresbreite weg: Eingangs der letzten Runde kam der Ford-Motor plötzlich ins Stottern, der Vorsprung von rund einer Sekunde war dahin und Harvick zog mühelos vorbei. Edwards humpelte als 21. ins Ziel.
Hinter Harvick hatte sich Kasey Kahne (Hendrick-Chevrolet) durch eine geschickte Boxentaktik weit nach vorne gearbeitet und überquerte die Ziellinie bereits zum sechsten Mal in der laufenden Sprint-Cup-Saison 2013 als Zweiter. Sein Teamkollege Dale Earnhardt Jr. übte sich in einer ganz ähnlichen Taktik, nachdem "Junior" durch einen Reifendefekt samt Notstopp unter Grün früh einen Rundenverlust hinnehmen musste. Earnhardt kämpfte sich zurück und wurde Vierter.
Kahne vorne und Earnhardt hinten gaben Jimmie Johnson im Phoenix-Finale sozusagen Geleitschutz zu einem bombensicheren dritten Platz. Mehr war auch nicht nötig, weil es natürlich auch der gesamten Hendrick-Mannschaft nicht entgangen war, in welch großen Schwierigkeiten Konkurrent Kenseth steckte. Johnson hatte zweimal eine Schrecksekunde zu überstehen: Gleich nach dem Start kam ihm Joey Logano (Penske-Ford; 9.) in die Quere. In Runde 163 rutschte Edwards leicht in den Johnson-Chevy. Zweimal rettete er souverän.
"Beim zweiten Zwischenfall sah ich mich schon in der Mauer von Kurve 1", unkte Johnson nach dem Rennen. Durch die zahlreichen Boxenstrategien im Feld wurde auch der Kalifornier immer wieder ins dichte Mittelfeld zurückgeworfen, was ihn aber nicht großartig beunruhigen konnte. Der Grund war simpel: "Ich wusste, dass wir ein großartiges Auto haben." Und die Konsequenz ist zwingend logisch: Johnson steht jetzt mit mehr als nur einem Bein in seiner sechsten Meistertüre.
Kenseth vergeigt wohl den Titel

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Hundsmiserabel ist wohl das treffende Synonym für die Kenseth-Vorstellung Zoom
Hauptverantwortlich dafür zeichnete das Kenseth-Team. Die knallgelbe 20 entwickelte zu keinem Zeitpunkt der 312 Runden ein Handling, mit dem der Johnson-Verfolger auch nur annähernd zufrieden war. Trotz mehrfacher Boxenbesuche bezeichnete Kenseth seinen Toyota Camry als "nicht fahrbar". Dazu kam noch ein völlig verpatzter Boxenstopp, als die Vorderreifen auf dem Druckschlauch des Schlagschraubers standen. Als Folge all dieser Missgeschicke flog er im letzten Renndrittel sogar aus der Führungsrunde und kam als chancenloser 23. in die Wertung.
Ein absolutes Fiasko zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. "Natürlich bin ich enttäuscht, denn ich habe schon gehofft, dass wir in Homestead um den Titel kämpfen werden", sagte Kenseth, der jedoch auch positive Worte fand, die einer ersten Saisonbilanz als Vizemeister glichen: "Trotzdem bin ich sehr stolz auf mein Team. Wir sind eine unglaublich gute Saison gefahren und das macht mich sehr glücklich. Ein Rennen kommt ja noch." Allerdings bräuchten Kenseth (und Harvick) dabei mehr als nur eine normale Portion NASCAR-Glück.
Von all diesen Titeldramen unberührt, fuhr Kurt Busch seinen Furniture-Row-Chevy auf Rang fünf ins Ziel. Auch Juan Pablo Montoya (Earnhardt/Ganassi-Chevy) gab als Sechster eine sehr gute Phoenix-Abschiedsvorstellung. Bester Gibbs-Pilot war Kyle Busch, der seinen Toyota als Siebter ins Ziel brachte. Einen Rang dahinter landete Martin Truex Jr. (Waltrip-Toyota; 8.), hinter Logano rundete Ryan Newman (Stewart/Haas-Chevy; 10.) die Top 10 ab.
In der aktuellen Punktekonstellation wäre alles andere als der sechste Johnson-Titel eine faustdicke Überraschung. Kenseth (-28) und Harvick (-34) sind von einem frühen Ausfall des Hendrick-Chevys mit der Startnummer 48 abhängig. Johnson wiederum kennt diese Ausgangssituation aus den vergangenen Jahren: Schon 2007, 2008 und 2009 musste er in Homestead nicht mehr alles riskieren und konnte sich mit einer Mittelfeldplatzierung zum Champion krönen. Am kommenden Sonntagabend liegt seine magische Marke bei 23.

