• 11.08.2007 23:44

Frauenpower: Gachnang im großen Interview

Die schnelle Schweizerin Natacha Gachnang über ihre Karriere und warum sie ihr schwieriges Debüt in der ChampCar-Atlantic trotzdem als Erfolg betrachtet

(Motorsport-Total.com) - Natacha Gachnang, die junge, hübsche Schweizerin ist von ihrem Vater zusammen mit ihrem Cousin Sébastien Buemi schon früh an den Motorsport herangeführt worden. Sie erkämpfte den Titel der Schweizer Junioren-Kartmeisterschaft, holte gute Ergebnisse in der Formel BMW und ist nun drauf und dran, die ChampCar-Atlantic-Serie zu stürmen, wobei sich ihr erster Anlauf als sehr rutschig erwies.

Titel-Bild zur News: Natacha Gachnang

Natacha Gachnang ist die Cousine von Formel-3-Star Sébastien Buemi

Frage: "Natacha, wann hast du angefangen, Rennen zu fahren?"
Natacha Gachnang: "Mein erstes Rennen fuhr ich, als ich neun Jahre alt war, aber angefangen zu trainieren habe ich mit sechs. Mein Vater schenkte mir ein Kart zu Weihnachten und gleichzeitig kaufte mein Onkel meinem Cousin Sébastien Buemi, der ein Jahr jünger als ich ist und nun in der Formel 3 Rennen fährt, auch eines."#w1#

Familienwettstreit mit Sébastien Buemi

Frage: "Wie konkurrenzfähig waren du und dein Cousin?"
Gachnang: "Zuerst war das nur so zum Spaß. Dann verwandelte es sich in einen Wettbewerb zwischen uns. Das war ein guter Weg, um alles aufzubauen."

"Zuerst war das nur so zum Spaß." Natacha Gachnang

Frage: "Wer hat dir beigebracht, wie man damit fährt?"
Gachnang: "Mein Vater baute auf dem Parkplatz seines Autohandels eine Strecke auf und trainierte uns da. Dann fingen wir an, jedes Wochenende und in den Ferien auf eine Strecke in Pontarlier in Frankreich zu gehen. Mein Vater liebt Motorsport und mein Großvater war Langstreckenfahrer am Nürburgring und in Le Mans mit seinem Bruder, der das Auto baute, während er die Rennen fuhr."

Frage: "Was denkt deine Mutter über das Rennfahren?"
Gachnang: "Sie weiß, dass ich es mag, und sie freut sich für mich, aber jetzt, wo ich einen kleinen Bruder habe, ist es schwieriger für sie, die Rennen zu besuchen."

Frage: "Wann war dein erstes Rennen und wie schlugst du dich dabei?"
Gachnang: "Osogneia in der Schweiz war mein erstes Rennen, es regnete und Sébastien und ich waren beide sehr angespannt. Ich schlug mich gut, beendete das Rennen auf dem achten Rang von über 50 Teilnehmern."

Frage: "Was passierte als nächstes in deiner Karriere?"
Gachnang: "Ich fuhr Minikart und danach zwei Jahre lang mit Junioren. Ich gewann 2001 die Schweizer Junior-Kartmeisterschaft gegen meinen Cousin Sébastien, der Zweiter wurde. In der letzten Kurve in der letzten Runde versuchte er mich zu überholen und wir kollidierten, aber er hatte einen Schaden am Kart davongetragen und konnte nicht mehr auf die Strecke zurück. Ich schon - und so gewann ich die Meisterschaft."

Von der Formel Ford zu Willi Weber

Frage: "Wie ging es weiter mit deiner Karriere?"
Gachnang: "Im Jahr 2002 fuhr ich einige Formel-Ford- und einige ICA-Kartrennen, Dann testete ich in der Formel BMW und wurde Achte von 64 Fahrern. Also testete ich weiter bei BMW, um in die nächste Saison zu kommen. 2003 kam ich zu Maubrey Motorsport bei BMW und ich hatte keine gute Saison, aber ich habe viele Erfahrungen gesammelt. Wir waren immer gut gegen Ende eines Wochenendes, aber es war eine harte Saison, weil ich immer noch die Strecken lernen und das Auto besser verstehen lernen musste."

"Wir waren immer gut gegen Ende eines Wochenendes, aber es war eine harte Saison." Natacha Gachnang

"Dann, im gleichen Jahr, kamen Weber und Lauda auf mich zu, um mich zu managen. Das war natürlich sehr spannend. Am Ende unterzeichnete ich bei Weber, weil er mir einen besseren Vertrag angeboten hat. Aber er setzte mich 2004 wieder in ein neues Team und ich hatte wieder eine sehr schwierige Saison. 2005 sagte ich dann, dass ich zu Kaufmann Motorsport möchte. Ich war 17 und neben der Saison machte ich eine Ausbildung als Sekretärin im Autohandel meines Vaters, für den Fall, dass es mit dem Rennfahren nicht klappen sollte. Aber ich wurde allmählich verrückt, weil Rennfahren alles war, an was ich den ganzen Tag gedacht habe. Also ging ich nach Deutschland, um beim Team zu sein und mit ihm zu arbeiten wie mit einer Familie."

"Die Wintertests waren gut und ich war immer vor meinen Teamkollegen. Die Saison war nicht schlecht, weil ich Sechste in der Endabrechnung wurde und mein Cousin Zweiter. 2006 habe ich bis Februar auf mehr Sponsorgeld gewartet, um die Formel 3 mit einem Topteam bestreiten zu können, aber ich endete bei einem kleinem Rennstall mit kleinem Budget. Ein Familienunternehmen: Die Tochter kümmerte sich um technische Aspekte, die Mutter wechselte Reifen. Am Anfang dachte ich, das wäre cool, weil der Vater genauso wie ich gewinnen und beweisen wollte, dass es auch ohne Geld geht. Also kam ich zu ihnen. Aber letzten Endes braucht man das Geld."

Glücklich beim AIM-Team

Frage: "Wir schreiben nun 2007. Du nimmst an der Star-Mazda-Meisterschaft teil und hast zwei Podestplätze in vier Rennen eingefahren. Spricht man nun über dich?"
Gachnang: "Das weiß ich nicht. Ich liebe mein Team AIM und ich bin dort sehr glücklich. Ich bin nun endlich bei einem guten Team; die Jungs arbeiten sehr hart, sind aber dennoch sehr nett."

Frage: "Würdest du die Star-Mazda-Meisterschaft wieder fahren wollen, und zwar die ganze Saison?"
Gachnang: "Ich denke, es würde keinen Sinn machen, die Star-Mazda noch mal zu fahren, weil mich das nicht voranbringen würde."

"Ich bin nun endlich bei einem guten Team." Natacha Gachnang

Frage: "Wir wollen nun über das ChampCar-Atlantic-Rennen in San Jose reden..."
Gachnang: "Das war verrückt, weil ich ankam und nicht wusste, ob ich fahren würde oder nicht. Am Anfang zögerte ich zu kommen, denn wenn ich nicht fahren sollte, wollte ich nicht dort sein. Aber am Ende wollte ich jedem beweisen, dass ich, obwohl ich eine Frau bin, als Rennfahrerin ernstzunehmen bin. Ich musste also in jedem Fall kommen, auch zum Zuschauen und zum Treffen von wichtigen Leuten, auch wenn ich nicht fahre. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich bin einer Reihe von Leuten begegnet und nun weiß jeder, dass ich es ernst meine mit dem Rennfahren und dass ich Talent habe. Jetzt haben sie etwas Angst vor mir, denke ich, was gut ist, um ernst genommen zu werden."

Frage: "Warum in ein Auto springen, dass du nicht kennst, mit einem Team, das du nicht kennst, auf einer Strecke, die du nicht kennst?"
Gachnang: "Weil ich verrückt bin! Nein, weil ich Rennfahrerin bin und ich denke, jeder andere Fahrer hätte das auch gemacht. Wenn man die Möglichkeit hat, muss man sie ergreifen und es versuchen."

War San Jose ein Reinfall?

Frage: "Du hast die erste Trainingssession verpasst und hattest im Qualifying eins einen kleinen Unfall mit Junior Strous, welcher dafür sorgte, dass du das nächste Training verpasst hast. Im Qualifying zwei bist du wieder in der Mauer geendet. Kein gutes Debüt?"
Gachnang: "Ich denke nicht. Ich habe viel gelernt. Ich kenne das Auto jetzt, diese Strecke, die Teams, die Fahrer und die Rennserie. Alle unterstützen mich. Wenn ich keinen Unfall gehabt hätte, wäre ich das Rennen gefahren und dann wäre es vielleicht schlechter, als Letzte anzukommen, weil sich daran jeder erinnern würde. Nun erinnern sie sich an den Kampf und an die verrückte Situation, an die ich mich herangewagt habe, und das ist gut so."

"Ich habe viel gelernt." Natacha Gachnang

Frage: "Meinst du, deiner ChampCar-Atlantic-Karriere damit einen Knick verpasst zu haben, in San Jose gefahren zu sein?"
Gachnang: "Nein, nicht wirklich. Ich habe bewiesen, dass ich wettbewerbsfähig sein kann und dass ich Talent habe. Ich weiß, dass ich gute Arbeit geleistet habe, denn drei Teams und eine Gruppe von Sponsoren haben bereits Kotakt zu meinen neuen Managern CJ Motorsport aufgenommen, um für den Rest der Saison und nächstes Jahr noch zu fahren. Ich bin also glücklich."

Frage: "Also bedauerst du es nicht?"
Gachnang: "Nein, ich würde es noch mal tun. Es war ein verrücktes Wochenende, sicher, aber ich denke, der Versuch war es wert, und deswegen bin ich gekommen. Wenn ich daheim geblieben wäre, würde niemand an mich denken. So weiß nun jeder, wer ich bin."

Frage: "Was war das verrückteste Experiment in deiner Rennkarriere?"
Gachnang: "Mit Sicherheit dieses Rennwochenende."

Ohne Erfahrung ins erste ChampCar-Atlantic-Rennen

Frage: "Warum?"
Gachnang: "Weil ich viel riskiert habe, hierher zu kommen am Ende der Saison. Alle hatten viel Erfahrung mit den Autos. Ich hatte aber keine Tests, keine Sitzanpassungen, wusste nicht, wie man den Motor anlässt, nicht mal, wo der Speedlimiter war. Und so war es verrückt, so etwas zu tun, aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Und es hat Spaß gemacht."

"Wer nicht wagt, der nicht gewinnt." Natacha Gachnang

Frage: "Warum wartest du nicht auf umfassende Tests, bevor du in ein Rennen gehst?"
Gachnang: "Weil ich dachte, es wäre eine Möglichkeit, etwas Gutes an diesem Wochenende zu tun, aber das Freitags- und das Samstagstraining habe ich verpasst. So war es unmöglich, etwas zu tun, weil das Auto nicht auf mich abgestimmt war. Aber ich versuchte es auch so und ich wurde immer besser, mit jeder Runde. Nach nur zwei Sessions im Auto war ich nur zwei Sekunden von der Pace entfernt. Dafür, dass ich noch nie in diesem Auto gesessen habe und gegen wesentlich erfahrenere Fahrer gekämpft habe, denke ich, dass ich ganz gut war. Wenn ich mehr Übung hätte, wäre ich schneller als viele andere Fahrer, da bin ich mir sicher."

Frage: "Was sind deine Pläne für die nächste Saison?"
Gachnang: "Tests in der ChampCar-Atlantic, zurückkommen und jedermann zeigen, zu was ich wirklich imstande bin, wenn ich Zeit habe, das Auto kennen zu lernen."