Dover: "Smoke" über Kolumbien

Tony Stewart erringt im spannenden Dover-Schlussspurt seinen ersten Saisonsieg - Montoya verpasst ersten Ovalsieg knapp - Schwarze Flagge für Johnson

(Motorsport-Total.com) - Die Schlussphase des FedEx 400 in Dover war ein echter Krimi. In diesem errang Tony Stewart (Stewart/Haas-Chevrolet) nach monatelanger Durststrecke seinen ersten Saisonsieg.

Titel-Bild zur News: Tony Stewart

Dover als Ende der Durststrecke: Erster Saisonsieg für Tony Stewart Zoom

Gleichzeitig verpasste Juan Pablo Montoya (Earnhardt/Ganassi-Chevrolet) seinen ersten Ovalsieg einmal mehr denkbar knapp. Der Kolumbianer lag bis zur drittletzten Runde in Führung, wurde in Turn 3 aber noch von Stewart abgefangen und kreuzte die Linie mit einem Rückstand von 0,788 Sekunden als Zweiter.

Für Stewart kam der Erfolg überraschend. Vor wenigen Wochen war das Stewart/Haas-Team in Dover testen. Der Ertrag hielt sich am Rennwochenende jedoch zunächst in Grenzen. Im Qualifying reichte es für "Smoke" nur zu Startplatz 22 und auch in den Freien Trainings konnte er nicht wirklich überzeugen. "Ich dachte eigentlich, dass unsere Testfahrten geholfen hätten. Doch gestern war mein Auto wieder nirgendwo", bekannte der Sieger in der Victory Lane und fügte hinzu: "Ich kann mich nur bei meinen Jungs für die harte Arbeit bedanken. Von allen Teams haben wir von Freitag bis Sonntag wahrscheinlich die größten Fortschritte erzielt. Hoffentlich können wir jetzt darauf aufbauen."

Um seine erste Top-5-Platzierung des Jahres und gleichzeitig seinen ersten Sieg seit 30 Rennen (Anfang Juli 2012 in Daytona) unter Dach und Fach zu bringen, musste Stewart im Finale aber noch den Earnhardt/Ganassi-Chevy von Montoya niederringen. "Es kommt nicht oft vor, dass man einen Montoya im Kampf um den Sieg bezwingen muss", konstatierte "Smoke" und präsentierte sich nach erfolgreich erledigter Aufgabe sichtlich erleichtert. In der Gesamtwertung machte der Stewart/Haas-Boss einen Sprung von Rang 20 auf 16.


Stewart vs. Montoya in Dover

Montoya verpasst ersten Ovalsieg einmal mehr knapp

Montoya war trotz des erneut knapp verpassten ersten Ovalsieges nicht allzu verbittert. "Ich habe keine Ahnung, wo er am Schluss auf einmal herkam. Er war vorher quasi nirgendwo", wunderte sich auch der Kolumbianer über die Auferstehung Stewarts auf der "Monster-Mile" und erkannte neidlos an: "Als es zählte, war er zur Stelle. Bei mir hingegen waren vor allem die linken Reifen absolut am Ende." Dennoch: Mit Platz zwei wiederholte Montoya seine beste Oval-Platzierung (Indianapolis 2007, Talladega 2008 und Pocono 2009) und brachte gleichzeitig sein bestes Resultat der laufenden Saison nach Hause.

Juan Pablo Montoya, Tony Stewart

Die Entscheidung in Runde 398: Stewart zieht außen an Montoya vorbei Zoom

Wegbereiter für das spannende Dover-Finale zwischen Stewart und Montoya war eine Schwarze Flagge für den lange Zeit auf Kurs zu seinem achten Dover-Sieg befindlichen Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet). Der fünffache NASCAR-Champion lag nach dezenter erster Rennhälfte, in der er denkbar knapp einer Überrundung durch die Spitze entging, in 143 der 400 Runden an der Spitze, legte beim letzten Restart 18 Runden vor Schluss aber einen Frühstart hin und erhielt die Schwarze Flagge.

Bei jenem letzten Restart war Montoya der Spitzenreiter. Der Kolumbianer hatte die siebte und letzte Gelbphase - ausgelöst durch einen Reifenschaden-bedingten Abflug von Polesetter Denny Hamlin (Gibbs-Toyota; 34.) - genutzt, um nur zwei frische Reifen aufzuziehen. In der Hendrick-Box von Jimmie Johnson setzte man auf dieselbe Strategie. Doch der Dover-Dominator der vergangenen Jahre musste sich bei der Ausfahrt aus der Boxengasse knapp hinter Montoya anstellen.

Schwarze Flagge für Jimmie Johnson

Beim ominösen letzten Restart hätte Montoya als Spitzenreiter auf der Außenbahn das Tempo vorgeben müssen. Doch es war Johnson, der auf der Innenbahn als Erster auf den Pinsel trat und die Grüne Flagge vor dem Earnhardt/Ganassi-Piloten passierte. Für dieses Manöver erhielt Johnson die Schwarze Flagge, musste daraufhin gemäß NASCAR-Reglement einmal durch die Boxengasse fahren und wurde schließlich mit einer Runde Rückstand nur als 17. gewertet.

Mit der Entscheidung von NASCAR, ihn für einen Frühstart zu bestrafen, war Johnson alles andere als einverstanden. "Ich teile diese Ansicht überhaupt nicht, aber es ist wie es ist. Jetzt muss ich einfach versuchen, das Herbstrennen zu gewinnen", zeigte sich der siebenfache Dover-Sieger nach dem Rennen verbittert und präzisierte seine Kritik, indem er klarstellte, dass ihn Montoyas Verhalten irritierte: "Ich wusste überhaupt nicht, was beim letzten Restart los war. Ließ er die Reifen zu stark durchdrehen? Hatte sein Auto einen Schaden? Irgendwann musste ich einfach beschleunigen. Ich fuhr dann die gesamte Start/Ziel-Gerade mit Halbgas, um auf ihn zu warten."


Fotos: NASCAR in Dover


Seitens NASCAR kaufte man Johnson diese Version freilich nicht ab. "Das war eine einfache Entscheidung", so Vize-Renndirektor Robin Pemberton mit Blick auf die Schwarze Flagge für Johnson. "Er kam sogar vor der 42 (Montoya; Anm. d. Red.) aus der Restart-Box. Das ist anhand der Video-Aufzeichnungen klar zu erkennen", verweist Pemberton auf die Regel, wonach der Spitzenreiter in der gekennzeichneten Fläche ausgangs Turn 4 das Tempo vorzugeben hat.

Jeff Gordons Strategie geht auf: Platz drei

So kam Johnsons Hendrick-Teamkollege Jeff Gordon hinter Sieger Tony Stewart und dem Zweitplatzierten Juan Pablo Montoya als Dritter ins Ziel und sicherte sich damit ebenfalls wichtige Punkte im Kampf um den Chase-Einzug. Der Kalifornier hatte sich nach dezenter erster Rennhälfte nach vorn gezockt, indem er während der vorletzten Gelbphase auf der Strecke blieb, so entscheidende Track-Position gewann und anschließend das Glück hatte, dass die durch Hamlins Abflug verursachte letzte Gelbphase kurz vor seinem anstehenden letzten Tankstopp herauskam.

Jeff Gordon

Ex-Champion Jeff Gordon: Zum dritten Mal Platz drei in der Saison 2013 Zoom

"Endlich liefen die Dinge einmal für uns. Wir blieben draußen und brauchten unbedingt eine Gelbphase. Leider hat es Denny erwischt, aber für uns kam diese Gelbphase genau zum richtigen Zeitpunkt", so Gordon. Um in den finalen Zweikampf Stewart/Montoya einzugreifen, reichte es für den vierfachen Dover-Sieger allerdings nicht. "Da konnte ich nur zuschauen", erkannte Gordon die Überlegenheit der beiden abschließenden Frontrunner neidlos an. In der Gesamtwertung schob sich der vierfache NASCAR-Champion dank Platz drei in Dover von Rang 15 auf elf nach vorn.

Brad Keselowski droht Strafe

Hinter den Top 3 kam Kyle Busch als Vierter ins Ziel. Der Gibbs-Pilot hatte in der ersten Rennhälfte neben dem Auto von Teamkollege Matt Kenseth den stärksten fahrbaren Untersatz im Feld und verbrachte nicht weniger als 150 Runden auf Platz eins. Als es darauf ankam, machte Kyle Busch allerdings das Handling seines Gibbs-Toyota zu schaffen und er konnte in der Schlussphase schließlich nichts mehr ausrichten.

Brad Keselowski

Warten auf Nachricht von NASCAR: Brad Keselowski droht ein Punktabzug Zoom

Brad Keselowski beendete das 400-Runden-Rennen auf Platz fünf. Anschließend gab es jedoch bittere Kunde für den amtierenden NASCAR-Champion: Die Bodenfreiheit seines Penske-Ford wurde bei der technischen Untersuchung als zu gering eingestuft. Eventuelle Strafen seitens NASCAR sind nicht vor Dienstag zu erwarten. Zur Erinnerung: Waltrip-Pilot Martin Truex Jr., für den das Dover-Rennen nach einem in Runde 280 erlittenen Motorschaden gelaufen war, wurden für dasselbe Vergehen auf dem Texas Motor Speedway sechs Meisterschaftspunkte abgezogen.

Zwei Motorschäden im Toyota-Lager

Truex war beim FedEx 400 in Dover nicht der einzige Toyota-Pilot, der sein Auto vorzeitig abstellen musste. Auch den in der Anfangsphase stark auftrumpfenden dreifachen Saisonsieger Matt Kenseth (Gibbs) erwischte es mit Motorschaden. Doch nicht nur die "Blowyota"-Fraktion hatte Pech. Die Teamkollegen der beiden Erstplatzierten sahen die Zielflagge ebenfalls nicht.

Matt Kenseth

Nichts geht mehr: Motorschaden beim dreifachen Saisonsieger Matt Kenseth Zoom

Montoyas Teamkollege Jamie McMurray erwischte es auf Kurs zu einer Top-10-Platzierung mit einem Leck im Kühler. Ryan Newman, Teamkollege von Sieger Tony Stewart, musste nach einer selbst heraufbeschwörten Kollision mit dem überrundeten David Gilliland (Front-Row-Ford) einpacken. Danica Patrick brachte den dritten Stewart/Haas-Chevy nach einer frühen Kollision mit David Stremme (Swan-Toyota) mit vier Runden Rückstand auf Platz 24 ins Ziel.

Weiter geht es am kommenden Wochenende auf dem weitläufigen Tri-Oval in Pocono. 'Motorvision TV' überträgt auch dieses Rennen inklusive der kompletten Pre-Race-Show live und in voller Länge.