David Ragan entgeht Crash-Fest auf den letzten Metern!

David Ragan (Roush-Ford) holte in einem dramatischen Daytona-Finish seinen ersten Sprint-Cup-Sieg vor Matt Kenseth- Zwei Big Ones in der Verlängerung

(Motorsport-Total.com) - David Ragan hatte mit dem Daytona International Speedway noch eine Rechnung offen: Beim Daytona 500 im Februar musste der 26-Jährige in Diensten von Roush/Fenway Racing seinen Traum vom ersten Sprint-Cup-Sieg zwei Runden vor Schluss begraben, als er beim entscheidenden Restart zu früh die Spur wechselte und dafür eine Strafe kassierte.

Titel-Bild zur News: David Ragan

David Ragan feierte beim 163. Sprint-Cup-Start seinen ersten Sieg

In der Nacht von Samstag auf Sonntag machte Ragan im Coke Zero 400 an gleicher Stelle seinen ersten Triumph in der höchsten NASCAR-Liga schließlich perfekt. In einem dramatischen Finale, das von zwei Massenkarambolagen im Verlauf der abschließenden Green-White-Checkered-Phase gekennzeichnet war, setzte er sich dank tatkräftiger Drafting-Hilfe von Teamkollege Matt Kenseth durch und feierte beim 163. Sprint-Cup-Start seiner Karriere endlich den längst überfälligen ersten Sieg.

"Endlich hat es geklappt", freute sich der aus Unadilla im US-Bundesstaat Georgia stammende Ragan in der Victory Lane. "Ich habe den Gedanken an das Daytona 500 nie ganz verdrängen können", gestand er und ließ seiner Freude über den Premierensieg freien Lauf.


Fotos: NASCAR in Daytona


Ragans Teamkollege Kenseth war nach Platz zwei in erster Linie froh, nach längerer Zeit wieder einmal ein Restrictor-Plate-Rennen mit einer Top-Platzierung beendet zu haben: "Alles in allem war es ein großartiges Rennen für uns. Auf den Superspeedways hatten wir in diesem Jahr bisher ausschließlich Pech."

Gibbs-Pilot Joey Logano, der sich eingangs der letzten Runde noch realistische Siegeschancen ausrechnen konnte, kam letztlich als Dritter ins Ziel freute sich einen Tag nach seinem eigenen Sieg im Nationwide-Rennen für seinen Kumpel Ragan: "Wir sind mit den Legends-Cars zusammen groß geworden. Ihn heute in der Victory Lane zu sehen, nachdem ich selbst gestern dort stand, ist eine tolle Sache."

Red-Bull-Pilot Kasey Kahne, der über weite Strecken des Rennens mit Teamkollege Brian Vickers (12.) zusammenspannte, beendete das Rennen auf Platz vier und war damit letztlich nicht unzufrieden. "Nachdem ich Brian im Verlauf des Rennens als Drafting-Partner verloren habe, habe ich am Schluss mit Joey zusammengearbeitet. Das hat gut funktioniert. Leider hat es letztlich nicht ganz gereicht. Platz vier ist dennoch ein gutes Ergebnis für uns."

Frühes Aus für den Daytona-500-Sieger

Der zweite Auftritt der Sprint-Cup-Piloten in diesem Jahr auf dem 2,5 Meilen langen Superspeedway im selbsternannten "World Center of Racing" war vor der dramatischen Schlussphase über weite Strecken der letztlich 170 Runden zunächst von den üblichen Taktikspielchen geprägt.

Als kurz vor 02:00 Uhr MESZ die Grüne Flagge fiel, konnte Mark Martin (Hendrick-Chevrolet) die 50. Pole-Position seiner Sprint-Cup-Karriere direkt in die erste Führung im Coke Zero 400 ummünzen. Auf der Außenbahn begann er vom ersten Meter an mit dem Two-Car-Draft gemeinsam mit Teamkollege Jeff Gordon. Auf der Innenbahn machten Trevor Bayne (Wood-Ford) und Clint Bowyer (Childress-Chevrolet) gemeinsame Sache.

Trevor Bayne

Für Daytona-500-Sieger Trevor Bayne (21) war das Coke Zero 400 früh gelaufen Zoom

Doch noch bevor das Rennen richtig in Gang kommen konnte, war für Bayne der Abend bereits gelaufen. In Runde fünf erhielt der Ford des Youngsters eingangs Turn 1 einen etwas zu kräftigen Push von Brad Keselowski (Penske-Dodge). Der Sensationssieger des Daytona 500 konnte sich nach dem Einschlag in die Außenmauer zwar noch bis in die Boxengasse schleppen, dort war angesichts der massiv verbogenen Front des Fusion allerdings Feierabend. "Wir hatten anfangs keinen festen Plan, mit wem wir zusammenarbeiten würden" erklärte der 20-Jährige nach der Kollision. "Nach dem Sieg im Februar nun so früh im Rennen auszufallen, ist hart."

Two-Car-Drafts prägen das Renngeschehen

An der Spitze machten derweil die beiden Hendrick-Duos Mark Martin/Jeff Gordon und Dale Earnhardt Jr./Jimmie Johnson die Pace. Dahinter formierten sich weitere der auf den Superspeedways nicht mehr wegzudenkenden Zweierpärchen. Das Roush-Duo Carl Edwards/Greg Biffle schloss sich genauso zusammen wie ihre Teamkollegen David Ragan/Matt Kenseth. Kyle Busch/Joey Logano (beide Gibbs-Toyota) sowie die beiden Red-Bull-Toyota von Kasey Kahne und Brian Vickers bildeten weitere Two-Car-Drafts.

Wenig später erwischte es Tabellenführer Edwards. Ausgangs Turn 4 schob ihn Teamkollege Biffle (18.) unbeabsichtigt in Richtung Innenmauer. Der an diesem Wochenende in Gelb gehaltene Ford Fusion von Edwards schlug mit dem Heck voran in die Mauer ein und verlor durch die anschließende Reparatur drei Runden an der Box. Die Führung in der Gesamtwertung musste der Roush-Pilot nach Platz 37 in Daytona an Kevin Harvick abtreten.

David Ragan, Kasey Kahne, Brian Vickers, Matt Kenseth

Die Two-Car-Drafts bestimmten einmal mehr das Bild in Daytona Zoom

Nach der wilden Anfangsphase zogen es sowohl die beiden Hendrick-Duos als auch das Childress-Gespann Jeff Burton/Clint Bowyer sowie die Earnhardt/Ganassi-PIloten Juan Pablo Montoya und Jamie McMurray vor, sich ans Ende des Feldes zurückfallen zu lassen - eine durchaus übliche Strategie bei den Restrictor-Plate-Rennen, um den gefürchteten Massencrashs im Feld möglichst aus dem Weg gehen zu können. An der Spitze machten derweil Kurt Busch/Regan Smith sowie die Roush-Piloten Ragan/Kenseth in gewohnter Zweier-Formation das Tempo.

Bei Halbzeit des ursprünglich auf 400 Meilen angesetzten Rennens führte im Zuge eines längeren Green-Flag-Runs Red-Bull-Pilot Kahne dank tatkräftiger Drafting-Hilfe seines Teamkollegen Vickers das Feld an. In der zweiten Rennhälfte setzten sich dann die beiden Childress-Duos Kevin Harvick/Paul Menard und Jeff Burton/Clint Bowyer verstärkt in Szene. Nach drei Vierteln der Renndistanz lagen zwischenzeitlich alle vier Chevrolet Impala von Richard Childress Racing in Front und schienen im Kampf um den Sieg ein gehöriges Wörtchen mitsprechen zu können.

Jeff Gordon mit unglaublichem Save

Nachdem das Feld knapp 80 Runden ohne jeden Zwischenfall unter Grüner Flagge zurückgelegt hatte, eröffneten in Runde 130 die beiden Earnhardt/Ganassi-Piloten Montoya und McMurray die letzte Runde der Boxenstopps unter Renntempo. In den folgenden Umläufen folgten schließlich alle weiteren in der Führungsrunde befindlichen Fahrzeuge in konsequenter Zweier-Formation, sodass sich für die Schlussrunden eine interessante Konstellation von bis zu acht dieser Two-Car-Drafts an der Spitze des Feldes zusammenbraute.

In Runde 157 und somit drei Umläufe vor dem geplanten Ende des Rennens war es mit der Ruhe im Feld dann vorbei. Jeff Gordon, der gemeinsam mit Mark Martin pünktlich zur Schlussphase wieder den Weg bis ganz nach vorn fand, drehte sich mitten im Feld, konnte den Hendrick-Chevy erstaunlicherweise aber einfangen und seine Fahrt ohne großen Zeitverlust fortsetzen.

Mark Martin

Die 50. Pole-Position seiner Karriere brachte Mark Martin kein Glück Zoom

Auslöser für die insgesamt vierte Gelbphase des Abends, welche die Verlängerung des Rennens in Form eines Green-White-Checkered-Finales einläutete, war das etwas zu exzessiv vorgetragene Bump-Drafting der auf der Innenbahn befindlichen Fahrzeuge. Brian Vickers schob nach Kontakt vom hinter ihm befindlichen Chevrolet von Kevin Harvick seinen Red-Bull-Teamkollegen Kasey Kahne in die Mittelspur hinauf und damit in den Weg von Gordon. Juan Pablo Montoya verfehlte den nach Berührung von Joey Logano nach innen trudelnden Chevy mit der Startnummer 24 nur um Millimeter. Kyle Busch geriet im Zuge der Konfusion an die Außenmauer und fiel zunächst zurück.

Big One sorgt für Verlängerung

Der anschließende erste Green-White-Checkered-Anlauf musste bereits nach wenigen Metern mit einer erneuten Gelben Flagge unterbrochen werden. Diesmal kam es zum gefürchteten Big One, in den insgesamt zwölf Fahrzeuge verwickelt waren. Der inzwischen ohne Drafting-Partner fahrende Joey Logano versuchte sich in den Verkehr einzureihen und erwischte dabei das Heck des Hendrick-Chevy von Mark Martin.

Kurt Busch, Mark Martin, Clint Bowyer, Brian Vickers

Die erste von zwei Massenkarambolagen eliminierte insgesamt zwölf Fahrzeuge Zoom

Der Wagen des Polesetters schlug quer und löste hinter ihm ein Chaos aus, dem unter anderem Clint Bowyer (Childress-Chevrolet; 36.), Martin Truex Jr. (Waltrip-Toyota; 35.), Regan Smith (Furniture-Row-Chevrolet; 24.), Kurt Busch (Penske-Dodge; 14.) sowie Tony Stewart (Stewart/Haas-Chevrolet; 11.) und Brian Vickers (Red-Bull-Toyota; 12.) mit teilweise massiv verformten Autos zum Opfer fielen. "Ich wusste, dass es gegen Ende verrückt zugehen würde", gab Martin nach Platz 33 zu Protokoll. "Ich habe versucht, mich vor Joey zu setzen, dabei haben wir uns wohl um wenige Zentimeter verschätzt. Danach krachten einfach alle ineinander."

Der zweite Versuch, das Rennen unter Grün ins Ziel zu bringen, ließ sich zunächst sauber an. Ragan führte das Feld mit Kenseth im Schlepptau auf der Innenspur in die beiden finalen Umläufe. Auf der Außenbahn formierten sich Ryan Newman (Stewart/Haas-Chevrolet; 23.) und Denny Hamlin (Gibbs-Toyota; 13.), die bereits beim vorangegangenen Restrictor-Plate-Rennen in Talladega erfolgreich zusammengespannt hatten.

Auf der Gegengeraden der 169. und vorletzten Runde schob Kasey Kahne Joey Logano in einer dritten Spur ganz außen kurzfristig an den beiden Führungsduos vorbei. Als Sekunden später die Weiße Flagge die letzte Runde einläutete, hatte Kenseth auf der Innenbahn seinen Teamkollegen Ragan wieder auf Platz eins geschoben. Die beiden Zweierpärchen Ragan/Kenseth und Logano/Kahne konnten sich im letzten Umlauf vom Rest des Feldes lösen, während weiter hinten in Turn 3 die zweite Massenkarambolage ihren Lauf nahm.

Chaos in der letzten Runde

Als der führende Roush-Ford mit der Startnummer 6 mit Ragan am Steuer bereits als Sieger die Linie überfuhr, kreiselten unter anderem Ryan Newman, Juan Pablo Montoya, Jamie McMurray, Jimmie Johnson, Dale Earnhardt Jr., Brian Vickers und David Reutimann durchs Gras des Infields. Auslöser war zunächst ein Dreher von Marcos Ambrose (17.), der seinen Petty-Ford nach einer Berührung von Landon Cassill (Phoenix-Chevrolet; 26.) aus der Kontrolle verlor.

Jamie McMurray, Jeff Burton

Jeff Burton (31) geriet ebenso ins Chaos der Schlussrunde wie Jamie McMurray (1) Zoom

Wenige Meter später gerieten McMurray (22.) und Earnhardt (19.) aneinander. Der rote Earnhardt/Ganassi-Chevy von McMurray schoss daraufhin quer in Richtung Außenmauer von Turn 4 und traf mit voller Wucht auf den Wagen von Teamkollege Montoya. Jubilar Jeff Burton, der in Daytona seinen 600. Sprint-Cup-Start absolvierte, geriet im Zuge des Durcheinanders mit dem Hendrick-Chevy von Champion Jimmie Johnson (20.) aneinander und musste sich mit Platz 21 begnügen.

Unterdessen konnte sich Johnsons Teamkollege Jeff Gordon (6.) genau wie Kyle Busch (5.) irgendwie durch das Chaos hindurch manövrieren und kam trotz des Beinahe-Abflugs wenige Runden zuvor noch auf einer Top-Platzierung ins Ziel. "Nachdem ich den Wagen zuvor irgendwie abfangen konnte, haben wir einfach vier neue Reifen draufgemacht. In der Endphase habe ich mich dann hinter Kyle geklemmt, der ein paar großartige Lücken im Verkehr gefunden hat. Es ist mir schleierhaft, wie wir noch Fünfter und Sechster werden konnten", kommentierte Gordon im Ziel. "Wir haben am Schluss einfach draufgehalten und konnten allen Wracks ausweichen", pflichtete ihm Kyle Busch bei.

Harvick reist als Tabellenführer nach Kentucky

Kevin Harvick wurde vor Teamkollege Paul Menard als Siebter abgewinkt. Die beiden Childress-Piloten verloren beim zweiten und letzten Restart unter Green-White-Checkered-Bedingungen den Anschluss nach ganz vorn und konnten so im Kampf um den Sieg nicht mehr mitreden. "Ich bin froh, nach dem Chaos am Schluss überhaupt ins Ziel gekommen zu sein", kommentierte Harvick, der sich mit der Übernahme der Tabellenführung trösten konnte. Juan Pablo Montoya schleppte seinen arg ondulierten Chevy als Neunter ins Ziel. Petty-Pilot A.J. Allmendinger machte die Top 10 des Coke Zero 400 komplett.

Am kommenden Wochenende betreten die Sprint-Cup-Teams mit dem Kentucky Speedway erstmals seit zehn Jahren komplettes Neuland. Auf dem 1,5 Meilen langen und in den Kurven um 14 Grad überhöhten Oval war bis dato nur die Nationwide-Serie zu Gast. Insofern gibt es für die Sprint-Cup-Meute abgesehen von der einen oder anderen Testfahrt in den vergangenen Jahren nur sehr wenig Anhaltspunkte. Vor Kentucky wurden zuletzt in der Saison 2001 mit dem Chicagoland Speedway und dem Kansas Speedway zwei neue Strecken in den Kalender der höchsten NASCAR-Liga aufgenommen.