• 31.01.2014 08:44

  • von Pete Fink

Chase-Revolution: Die Kontroverse beginnt ...

Der neue Chase ist da und die Tastaturen glühen: NASCAR-Chef Brian France hat für Zündstoff gesorgt - viele Fans schimpfen, die Analysten analysieren

(Motorsport-Total.com) - Eines hat Brian France bereits erreicht: NASCAR ist in aller Munde. Nach der gestrigen Bekanntgabe des neuen Playoff-Systems mit 16 Piloten, drei Eliminierungsrunden und einem alles entscheidenden letzten Rennen in Homestead gibt es in den USA kaum jemanden, der sich nicht dazu berufen fühlt, einen Kommentar abzugeben. Selbst die altehrwürdige 'New York Times', die sich ansonsten kaum für die StockCars interessiert und in diesen Tagen mit dem Vorlauf zum heimischen Superbowl am Wochenende beschäftigt ist, kommentierte mit der Überschrift: "Auf der Suche nach dem Drama."

Titel-Bild zur News: Chase 2014

Das neue Chase-System 2014: Aus 16 mach 4 und am Ende ein Finale Zoom

Alles erinnert ein wenig an die Hysterie im Winter 2004, als der NASCAR-Chef das erste Chase-System ins Leben rief. Damals gab es viele empörte Kritiker, die der NASCAR einen schnellen und schmerzhaften Untergang prophezeiten. Zehn Jahre später gibt es ein ähnliches Bild: Der Aufschrei unter den NASCAR-Fans ist groß. Zumindest unter denjenigen, die die einschlägigen sozialen Netzwerke nutzen. Dabei hatte France in seiner Pressekonferenz, die übrigens live im US-amerikanischen TV zu sehen war, mehrfach davon gesprochen, dass seine Chase-Revolution ganz im Sinne der überwältigenden Mehrheit der Fans sei.

Im Gegensatz zu vielen empörten Fan-Reaktionen sieht die erste Analyse der Insider etwas anders aus. "Endlich hat NASCAR einmal etwas anderes geändert als immer nur den Frontspoiler oder den Heckflügel", twitterte etwa Altmeister Darrell Waltrip. "King" Richard Petty gab sich tiefenentspannt: "Das ist wieder einmal eine PR-Sache. Was kann NASCAR tun, um mehr Interesse zu generieren? Ich habe meine sieben Titel unter fünf verschiedenen Punktesystemen gewonnen. Langfristig ist es also egal, am Ende werden sich immer die Besten durchsetzen."

Das Ende des Punkte-Rennens

Brian France NASCAR-Chef

NASCAR-Chef Brian France schafft sich seinen eigenen Superbowl Zoom

Humpy Wheeler, der ehemalige Chef des Charlotte Motor Speedways, fand wie immer deutliche Worte: "Die Tage, an denen ein Pilot nach dem Rennen von einem glorreichen fünften Platz spricht, sind vorbei. Jetzt werden wir andere Dinge hören, zum Beispiel: Der Kerl vor mir hat mich absichtlich geblockt. Die Karriere der Piloten, die nicht in der Lage sind, jede Runde mit Vollgas zu fahren, wird kurz sein. Sie werden durch Bleifußtiere abgelöst werden, die vielleicht nicht perfekt angezogen sind oder einen Rhetorik-Kurs belegt haben."

Wheeler prognostiziert damit nichts anderes als das Ende des "Mr. Nice Well Funded Driver." Er weiß: "NASCAR musste drastische Änderungen unternehmen, um die Leute wieder an die Strecken zu locken. Das jetzt ist großartig, denn kein Fan zahlt heutzutage mehr einen Cent, um ein Punkte-Rennen zu sehen." Stewart/Haas-Racing reagierte mit Optimismus: Man stellte ein Bild der vier Stewart/Haas-Chevys von Tony Stewart, Kevin Harvick, Kurt Busch und Danica Patrick ins Netz mit der Unterschrift: "Unsere perfekte Prognose: Diese vier Piloten kämpfen am Ende um die Meisterschaft."

Vor allem dieses neue Saisonende steht im Fokus der Kritik: NASCAR hat sich mit dem neuen Chase-System ein eigenes Superbowl-Rennen geschaffen. "Vergangene Saison hatten die Baltimore Ravens eine schlechtere Bilanz als die San Francisco 49ers", analysiert Chef-Denker Larry McReynolds. "Trotzdem gingen sie gleichauf in den Superbowl und der Sieger dieses einen Spiels (die Ravens; Anm. d. Red.) war danach der Champion." Diese Möglichkeit ist das einzige Element, was bei McReynolds "eine hochgezogene Augenbraue" auslöst. Auch viele andere Kommentatoren befürchten, dass viele eigentlich gute Regelungen von diesem künstlichen Finale sozusagen überschattet werden.

Der eigene Superbowl

Richard Petty

Der "King" bleibt cool: Richard Petty sieht den neuen Chase als PR-Aktion Zoom

"Wenn du eines der ersten 26 Rennen gewinnst, dann weißt du, dass du im Chase stehst", analysiert McReynolds. "Das mag ich. Ich habe immer gesagt, dass es nicht richtig ist, wenn einer Rennen gewinnt und dann trotzdem nicht in den Chase kommt. Auch andersherum funktioniert es jetzt: Wenn du nach 26 Rennen die Punktewertung anführst, dann steht du auch im Chase. Auch das finde ich großartig." Pluspunkt für die neuen Playoff-Regeln also. Gleiches gilt für das neue Eliminierungssystem.

"Wir hatten bisher immer eine natürliche Eliminierung", so McReynolds. "Vergangenes Jahr in Homestead hatten zum Beispiel noch drei Piloten eine mathematische Chance, von denen zwei Fahrer eine realistische Chance hatten. Im ersten Chase-Rennen gab es bei Dale Earnhardt Jr. und Joey Logano zwei Motorschäden. Damit waren sie im Prinzip schon draußen. Jetzt haben sie in dieser Situation die Chance, eine oder zwei Wochen später zu gewinnen und damit eine Runde weiter zu kommen. Auch das mag ich."


NASCAR Media-Tour 2014

France und Co. bastelten nach eigener Aussage über drei Jahre lang an diesem neuen System. Die vielen kritischen Stimmen der Fans betrachtet die NASCAR-Führung offenbar als eine lautstarke Minderheit, was nicht reflektiert, wie eine schweigende Mehrheit die Sache sieht. Geht der Plan auf, dann hat sich NASCAR seinen eigenen Superbowl geschaffen. In der NFL funktioniert das, wenn am kommenden Sonntag wieder über 100 Millionen Amerikaner das Finale im American Football schauen. Es bleibt die Frage: Ist so etwas auch in der NASCAR möglich?

Folgen Sie uns!

Folge uns auf Facebook

Werde jetzt Teil der großen Community von Motorsport-Total.com auf Facebook, diskutiere mit tausenden Fans über den Motorsport und bleibe auf dem Laufenden!

Tourenwagen-Newsletter

Abonnieren Sie jetzt den kostenlosen täglichen und/oder wöchentlichen Tourenwagen-Newsletter von Motorsport-Total.com!