• 17.05.2008 15:17

Yamano: Hohes Motivationslevel halten

Honda-Teammanager Kazuhiko Yamano im Interview über seine Position, das aktuelle Motorrad und die Erfolgsaussichten des Teams

(Motorsport-Total.com) - Seit 25 Jahren ist Kazuhiko Yamano nun schon ein Teil von Honda und hat in dieser langen Zeit beinahe alle Schlüsselpositionen eines Rennstalls ausgefüllt. War er in den 1980er-Jahren noch ein Mechaniker, so arbeitete der Japaner in der 1990er-Jahren mit Mick Doohan, was ihn nachhaltig beeindrucken sollte. Nach einigen Jahren im Testteam wurde Yamano 2008 zum Teammanager in der MotoGP bestellt.

Titel-Bild zur News: Kazuhiko Yamano

Honda-Teammanager Kazuhiko Yamano ist stolz auf die Ergebnisse seines Teams

Frage: "Kazuhiko, wie kann man sich den Job, die Verantwortung und die Entscheidungen eines Teammanagers vorstellen?"
Kazuhiko Yamano: "Die Motorräder sind ein sehr wichtiges Werkzeug, aber noch wichtiger sind natürlich der Fahrer, der dieses Werkzeug benutzt. Unser Ziel ist es, dass der Pilot seine Maschine benutzen kann und sich dabei so wohl wie möglich fühlt. Motorradrennsport ist meiner Meinung nach sehr auf die einzelne Person konzentriert und wir möchten, dass die Protagonisten in den bestmöglichen Verhältnissen trainieren können."#w1#

Yamano als Experte für Teamfragen

"Sie sollen auf keinen Fall demotiviert werden. Und das ist mein Job, den Fahrern all das zu geben, was immer sie brauchen. Natürlich nicht nur den Fahrern, sondern auch denen, die um sie herum arbeiten - die Mechaniker, die Ingenieure und die Chefmechaniker. Ziel ist es, das ganze Team auf einem hohen Motivationslevel zu halten, denn das spornt den Fahrer noch zusätzlich an. Wir versuchen eine gute Arbeitsatmosphäre zu schaffen."

"Viele Leute würden sich um diesen Job reißen." Kazuhiko Yamano

Frage: "Du warst Mechniker, Mitglied des Testteams und Teammanager. Jetzt stehst du an der spitze eines der stärksten Rennställe in der MotoGP. Wie siehst du diese Verantwortungs-Veränderungen?"
Yamano: "Es war mein Traum, eines Tages Teammanager bei HRC in der höchsten Liga zu sein. Viele Leute würden sich um diesen Job reißen. Aber das war nicht nur mein Traum, ich musste nach und nach viele Stufen erklimmen seit ich als Mechaniker begonnen habe und letztendlich Teammanager geworden bin."

"Ich habe das immer Schritt für Schritt genommen und bin jetzt sehr zufrieden mit meinem Posten als Teammanager bei Honda, glaube aber nicht, dass das mein ultimatives Ziel ist. Ich habe nämlich keine Ziele, ich will einfach nur voran kommen. In der Vergangenheit waren alle Teammanagers Ingenieure, ich aber habe den Hintergrund eines Mechanikers. Ich will allen jungen Mechanikern und auch allen anderen zeigen, dass es ein Mechaniker bis zum Teammanager bringen kann, wenn er nur ehrgeizig ist und hart genug arbeitet."

Neue Einsichten dank eigenem Backround

Frage: "Du hast in verschiedenen Bereichen des Teams gearbeitet und das gibt dir sicherlich ein breiteres Spektrum an Einsichten vom gesamten Team. Macht das deinen Job leichter?"
Yamano: "Wegen meiner Erfahrungen als Mechaniker, kann ich mich in die Mechaniker hineinversetzen, auch in die Fahrer, denn das Verhältnis ist schon ein enges. Umso mehr, wenn du Chefmechaniker bist. Deshalb verstehe ich nun alle Sichtweisen innerhalb des Rennstalls, kenne die Gefühle, ihre Herangehensweise an Probleme und wie man eine gute Beziehung zu den Piloten aufbaut."

Frage: "Du hast mit einer ganzen Reihe von unterschiedlichen Fahrern gearbeitet. Wer hat dich am meisten beeindruckt?"
Yamano: "Ich denke, bis einschließlich heute hat mich Mick Doohan am meisten beeindruckt. Denn er hatte 1992 einen sehr schweren Unfall und eine komplizierte Verletzung. Er hat sich erholt und die Weltmeisterschaft fünf Mal gewonnen. Seine Motivation war unglaublich und er hat mir gezeigt, dass die wirklich wichtige Sache eine hohe Motivation ist, um die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Sein Kampfgeist hat mich auch sehr begeistert.

"Ich habe die harte Arbeit gewiss nicht alleine erledigt." Kazuhiko Yamano

Frage: " Jetzt ist das Bike konkurrenzfähig und das Team fährt um die Meisterschaft. Einige Leute behaupten, dass Du die entscheidende Figur hinter all dem bist. Was hälst du davon?"
Yamano: "Ich habe die harte Arbeit gewiss nicht alleine erledigt. Ich habe als Teammanager lediglich das gemacht, was man von mir erwartet."

"Es gibt viele Leute innerhalb von HRC und wir müssen jeden einzelnen in der Firma davon in Kenntnis setzen, wo das Team aktuell steht, welche Beschwerden die Fahrer haben und so weiter. Dabei reicht keine ungefähre Beschreibung, da muss es eine klare Angabe her, was gebraucht wird. Ich habe nur meinen Job als Teammanager gemacht, aber zu dieser Zeit hat einfach jeder die Erwartungen voll erfüllt."

Fahrer und Motorrad stimmen zuversichtlich

Frage: "Sprechen wir über die Honda RC212V. Was hälst du vom Motorrad zur jetzigen Entwicklungsphase und welches Potential siehst du noch?"
Yamano: "Im vergangenen Jahr hatten sich die Regeln geändert und der Hubraum wurde auf 800 Kubik begrenzt. Wir hatten ein neues Bike gebaut und wollten in diesem Jahr nicht wieder von ganz vorne anfangen. Deshalb haben wir uns die bereits geleistete Arbeit zunutze gemacht und das Motorrad ohne größere Änderungen weiterentwickelt."

"Wir müssen neue Dinge ausprobieren und das braucht einfach seine Zeit." Kazuhiko Yamano

"Wenn ich gefragt werde, ob wir in dieser Situation die Meisterschaft gewinnen können, dann halte ich das für eine sehr knifflige Frage. Wir müssen neue Dinge ausprobieren und das braucht einfach seine Zeit. Obwohl wir wissen, dass die Piloten diese Verbesserungen erwarteten, sind wir immer noch in der Testphase."

Frage: "Was hälst du von den Fahrern Dani Pedrosa und Nicky Hayden?"
Yamano: "Beide Fahrer sind mental sehr stark und sehr talentiert, haben aber unterschiedliche Charakterzüge. Wir versuchen, daraus das Beste zu machen. Ich habe viel von Dani gelernt, weil er weiß, wie man in besonderen Situationen die Gelegenheit am Schopfe packen muss. Er ist ein sehr intelligenter Fahrer. Nicky ist unheimlich aggressiv und bringt sich sehr produktiv ein, vor allem dank der Motivation und der Hingabe seines Teams."

Richtige Schritte in der MotoGP

Frage: "Du warst in der 500er-Kategorie, dann bei der MotoGP und jetzt bei 800 Kubik - Wie siehst du die Motorrad-Meisterschaft im Augenblick?"
Yamano: "Ich verstehe den Wechsel zu Viertaktmotoren sehr wohl, weil diese einfach umweltfreundlicher sind. Und der darauf folgendes Schritt zu 800 Kubik ist auch einfach zu erklären, denn das wurde für die Sicherheit der Fahrer eingeführt."

"Ich denke, die Sicherheit der Piloten sollte im Vordergrund stehen." Kazuhiko Yamano

Frage: "Wie stehst du zur Traktionskontrolle?"
Yamano: "Ich denke, die Sicherheit der Piloten sollte im Vordergrund stehen. Wenn die Traktionskontrolle also eingeführt wurde, um diesen Aspekt zu verbessern, dann verstehe ich diesen Schritt voll und ganz."

Frage: "Im vergangenen Jahr war Bridgestone Michelin immer einen Schritt voraus und einige Teams haben die Marke gewechselt. Wie ist das Team momentan mit den Reifen zufrieden?"
Yamano: "Ich bin sehr glücklich damit. Die Gesamtleistung von Michelin ist prima. Ich weiß nicht genau, was im Vorjahr passiert ist, weil ich da nicht Teammanager war. Aber in diesem Jahr haben wir oft unsere Meinungen ausgetauscht und im Moment machen wir zusammen einen guten Job."

Frage: "Kannst du uns etwas über den neuen Motor sagen?"
Yamano: "Unser Job ist es, einen Siegermotor zu stellen. Dabei sollte es egal sein, welche Ventile er benutzt, ob nun pneumatisch oder Standard. Wir versuchen einfach Motoren zu bauen, die Rennen gewinnen können und konzentrieren und dabei auf beide Optionen um dieses Ziel zu erreichen."

Kompromisse bei der Motorenentwicklung

Frage: "Wen siehst du beim Kampf um die Meisterschaft in einer besseren Position: Ducati oder Yamaha?"
Yamano: "Beide sind sehr stark. Sie haben Bikes, die richtig gut funktionieren und beide haben auch gute Fahrer in ihren Teams."

Frage: "Der Benzintank ist momentan auf 21 Liter beschränkt. Hat Honda Probleme damit, diese Dimensionen mit einem starken Motor zu vereinbaren?"
Yamano: "Man muss einen Kompromiss finden zwischen Benzindurst und Leistung. Wenn du nämlich so viel Power wie möglich haben willst, dann hast du kein Benzin mehr, bevor das Rennen zu Ende ist. Es ist sehr wichtig, da eine Balance zu finden, die dir eine Chance gibt, das ganze Benzin zu nutzen ohne eine zu hohe Verbrauchsrate befürchten zu müssen. Wenn du das nicht tust, dann merkst du das am Leistungsunterschied."

Frage: "Es gibt eine Welt, in der ältere Menschen mit jahrelanger Erfahrung sich vollkommen auf die Anweisungen von Jungs konzentrieren müssen, die gerade einmal 20 Jahre alt sind. Hast du je aufgehört, darüber nachzudenken?"
Yamano: "Naja, ich denke, ich würde sehr gerne mit Dani und Nicky Rennen fahren, wenn ich nur könnte. Aber das ist nicht möglich, also ordne ich alle meine Träume, meinen Einsatz und meine Arbeit dem Ziel unter, unseren Fahrern zum Sieg zu verhelfen. Ihr Alter spielt keine Rolle, aber ihre Arbeit und ihr Talent hat sie letztendlich in diese Position gebracht und mein Weg hat mich dahin gebracht, ihnen aus meiner Position heraus zu helfen."