Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Stefan Pierer

Deutlicher Rückgang der Zuschauerzahlen bei der MotoGP in Spielberg - Auch KTM fährt den selbst gesteckten Zielen hinterher - Keine Jubelstimmung in Österreich

Liebe MotoGP-Fans,

Titel-Bild zur News: Stefan Pierer

KTM-Chef Stefan Pierer sah kein sportlich erfolgreiches Wochenende Zoom

mit der zentralen Lage Österreichs ist Spielberg eine ideale Destination für Fans aus vielen Ländern. Von der Schweiz, von Italien über Tschechien, die Slowakei und Ungarn ist der Red-Bull-Ring gewöhnlich ein großes Fest.

Leider waren die Besucherzahlen in der Steiermark enttäuschend. Am Freitag waren die Tribünen praktisch leer und auch am Samstag (Sprints begeistern Massen?) waren sie sehr spärlich gefüllt. Selbst als am Sonntag die Moto3 begann, war geschätzt mindestens die Hälfte der Tribünen leer.

Bis zur MotoGP waren die Tribünen dann doch gut gefühlt. Am Sonntag wurden laut den offiziellen Zahlen 67.271 Fans gezählt. Das ist ein deutliches Minus, denn im Vorjahr waren am Sonntag laut der Statistik 93.519 Besucher an der Strecke.

Woran mag das gelegen haben? Schwierig zu sagen. Eventuell könnte auch das Wetter eine Rolle gespielt haben. In Österreich ist es in diesem Sommer jeden Tag extrem heiß, dazu gibt es gefühlt fast jeden Tag schwere Unwetter. Da vergeht einem die Lust auf Camping.

Am Freitag herrschte in Spielberg auf den Campingplätzen noch tolle Stimmung. Aber nach dem schweren Sturm am frühen Samstagabend war es still. Ich hoffe, dass alle Fans vor Ort diesen Sturm auf den Campingplätzen gut überstanden haben!

Der Arlbergtunnel ist seit April wegen (geplanter) Sanierungsarbeiten gesperrt. Nach Erdrutschen ist auch der Arlbergpass seit vergangenem Freitag gesperrt. Das machte es von Vorarlberg kommend auch für unsere Freunde aus der Schweiz schwierig, zur Strecke zu fahren.

Vielleicht sind auch einige Fans von ServusTV (DF1 in Deutschland) genervt. Ich höre in meinem Bekanntenkreis viele kritische Stimmen, weil ständig KTM und Red Bull im Mittelpunkt stehen. Viele würden sich eine ausgewogenere Berichterstattung wünschen.

Auch wenn es in Spielberg offiziell keinen Hauptsponsor gab ("Racing for the Future" Banner), hat Red Bull wie immer rundherum ein Fünf-Sterne-Event perfekt organisiert. In der großen Holzhaus-Hospitality wurden die Gäste erstklassig hofiert und bewirtet.

Zu wenig Ergebnisse für diese Infrastruktur

Während die vielen Gäste fürstlich geschmaust und (die diversen Red-Bull-Getränke) kostenlos genossen haben, ist Stefan Pierer hinaus zur Strecke gefahren. Am Sonntag ist er vor dem Moto3-Rennen mit Pit Beirer auf die Service-Road gefahren, um sich ein Bild der Lage zu machen.

Ehrlich gesagt, ich wäre gerne mit beiden im Auto mitgefahren und hätte gerne gelauscht, worüber sie sich unterhalten. Denn trotz des finanziellen Investments, wofür man vor Pierer den Hut ziehen muss, sieht es sportlich einfach nicht gut aus.

An dieser Stelle muss ich nicht aufzählen, wann KTM das letzte Mal gewonnen hat und wie groß derzeit der Rückstand auf den verschiedenen Strecken bei den Rennen ist. Vom großen Ziel WM-Titel ist man meilenweit entfernt.

Red Bull Hospitality

Red Bull hat die geladenen Gäste fürstlich hofiert Zoom

In Oberösterreich macht man trotzdem viel richtig. Die gesamte technische Infrastruktur für den Motorsport ist größer und besser als bei Aprilia in Noale oder aber auch bei Ducati in Borgo Panigale.

Diese Infrastruktur für den Motorradrennsport gibt es sonst nirgendwo in Europa. Dafür muss man vor Pierer den Hut ziehen, dass er so einen Standort in Oberösterreich aufgebaut hat. Aber sportlich gesehen müsste viel mehr dabei herauskommen.

Wie die Stimmung bei KTM intern ist, kann ich nicht beurteilen. Uns Medien gegenüber ist man verschlossener als in den vergangenen Jahren. Auch habe ich Pierer, Beirer und Hubert Trunkenpolz schon besser gelaunt im Fahrerlager herumlaufen sehen.

Klar, der Jobabbau in Oberösterreich lässt sich medial nicht gut verkaufen. Eine Verlagerung der Serienproduktion nach Indien und China kommt in der Bevölkerung und bei den Fans nicht gut an. Denn KTM ist eine Marke, auf die man in Österreich prinzipiell sehr stolz ist.

Dazu kommt die undurchsichtige Strategie mit den verschiedenen Marken. Einmal ist Husqvarna das nächste große Ding, dann ist es GasGas und jetzt plötzlich doch wieder KTM. Was man mit MV Agusta wirklich vorhat, werden wir in den nächsten Jahren sehen.

Ist Leidenschaft bei KTM zu wenig?

Trotzdem finde ich, dass in Bezug auf den Rennsport das Motto "Ready to Race" richtig ist. Denn alle Mitarbeiter, die ich jemals in der KTM-Motorsportabteilung kennengelernt habe, leben und lieben den Rennsport 365 Tage im Jahr.

Einmal durfte ich mir mit Motorenguru Kurt Trieb den MotoGP-Motor auf dem Prüfstand ansehen. Das ist absolut unfassbare Technologie! Jetzt in Spielberg habe ich Trieb eines Morgens gesehen, wie er mit der Lederkombi ins Fahrerlager gekommen ist. Also selbst mit dem Bike gefahren!

Das ist Leidenschaft! Genauso Wolfgang Felber, der mit seiner Erfahrung ein absolutes Genie ist. Im Februar habe ich ihn bei der Motorrad-Messe in Wels in Zivilkleidung gesehen. Er ist ebenso eine Persönlichkeit, die das Thema Motorrad rund um die Uhr lebt und liebt.

Pit Beirer lebt den Motorsport ebenso und gibt auch jeden Tag alles. Dieses Herzblut für den Motorsport gibt es bei KTM, zweifellos. Aber auf der Strecke bleiben die Ergebnisse aus. Das Entwicklungsbike in Spielberg war ein Fortschritt, aber auch nicht der große Wurf.

Pol Espargaro

Die neueste Entwicklungsstufe aus dem Hause KTM Zoom

Deshalb muss sich Pierer als oberster Chef fragen, was man trotz der vorzüglichen Infrastruktur ändern muss, um die klaren MotoGP-Ziele zu erreichen. Denn Ducati ist im Vergleich zu KTM ein deutlich kleinerer Fisch auf dem Markt.

Sicherlich ist geographisch der Standort in Mattighofen und Munderfing ein Nachteil. Bologna ist zwar auch nicht die schönste Stadt Italiens, aber sie liegt nicht in so einem einsamen Eck in Oberösterreich.

Beirer hat schon versucht, zu Universitäten und Fachhochschulen im deutschsprachigen Raum zu gehen und Werbung für den Motorsport zu machen. Um talentierte, junge Ingenieure zu finden. Wie erfolgreich er dabei bisher war, kann ich nicht beurteilen.

Aber es wäre wichtig, dass diese Leidenschaft für Technik und den Motorsport aus der Gesellschaft kommt. Denn ansonsten wird Pierer nicht nur Produktion nach Asien verlagern, sondern im schlimmsten Fall den Motorsport kürzen. IntactGP erlebt das gerade.

Alle Fans können sich schon folgendes Datum im Kalender notieren. Die MotoGP gastiert 2025 am 17. August in Spielberg. Hoffentlich kommen dann wieder mehr Besucher.

Ihr,


Gerald Dirnbeck

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