Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Somkiat Chantra

In Jerez ist Somkiat Chantra auch langsamer als "Rentner" Aleix Espargaro - Die MotoGP scheint für den Thailänder eine Nummer zu groß zu sein

Liebe MotoGP-Fans,

Titel-Bild zur News: Somkiat Chantra

Somkiat Chantra ist der langsamste Stammfahrer im Feld Zoom

nach den ersten fünf Rennwochenenden ist es Zeit für einen ersten Rookie-Check. Im Gegensatz zu den vergangenen beiden Jahren, wo es jeweils nur einen Moto2-Aufsteiger im Feld gab, sind aktuell drei Neulinge am Start. Das macht Vergleiche natürlich interessant.

Die Körpersprache von Ai Ogura auf der Aprilia hat mir schon beim ersten Wintertest in Malaysia sehr gut gefallen. Der Saisonauftakt in Thailand war dann gleich beeindruckend - Platz vier im Sprint und Rang fünf im Grand Prix.

Gut, dort gab es im Vorfeld zwei Testtage. Aber die hatten alle anderen auch. Seither ist Ogura nicht ganz vorne dabei, aber ich finde, er fährt im Bereich, den man derzeit von der Aprilia realistisch erwarten kann. Seinen Trackhouse-Teamkollegen Raul Fernandez hat er mental gebrochen.

Größere Fragezeichen hatte ich bei Fermin Aldeguer. Den Ducati-Vertrag hat er bekommen, weil er Ende 2023 die letzten vier Moto2-Rennen gewonnen hat. Aber im Vorjahr war seine Moto2-Saison doch eine große Achterbahnfahrt ohne Chance auf den WM-Titel.

Als Aldeguer beim ersten MotoGP-Test in Barcelona im November beim ersten Startversuch mit dem Helm das Windschild zertrümmert hat, habe ich Zweifel bekommen, ob er nicht doch etwas überfordert sein könnte.

Auch bei den Wintertests und an den ersten beiden Rennwochenende hat der jüngste Fahrer im Feld auch nicht so wirklich überzeugend agiert. Aber in Austin, auf einer fahrerisch sehr anspruchsvollen Strecke, ist der Knoten geplatzt.

Seither ist Aldeguer wirklich stark und toll unterwegs. Gut, es gab auch Stürze. Aber die Performance ist vorhanden. Es gilt der alte Spruch im Motorsport, dass man einen schnellen Fahrer konstanter machen kann, aber einen langsamen Fahrer nicht schnell.

Das Talent ist absolut vorhanden. Im Gresini-Team hat er auch das optimale Umfeld, um sich entwickeln zu können. Im Vergleich zu Ogura hat Aldeguer auch das bessere Motorrad zur Verfügung. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass wir ihn bald auf dem Podium sehen werden.

Somkiat Chantra

Honda reserviert den Platz bei LCR für asiatische Nachwuchsfahrer Zoom

Von den drei Rookies hat Somkiat Chantra mit der Honda das wohl am schwierigsten zu fahrende Motorrad. Dass der Thailänder von Anfang an auf dem Niveau von Routinier Johann Zarco agieren würde, wäre natürlich vermessen.

Aber Chantra ist mit Abstand der langsamste Stammfahrer im Feld. Dass nun in Jerez "Rentner" Aleix Espargaro bei seinem Wildcard-Einsatz deutlich schneller war, spricht Bände. Das darf nicht sein, wenn man Talent hat und sich in der MotoGP etablieren will.

Das Rennen musste Chantra übrigens wegen Armpump-Problemen aufgeben. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass die MotoGP eine Nummer zu groß für ihn ist. Das ist natürlich bitter, wenn man als Fahrer das große Ziel schafft und dann erkennen muss, dass man nicht gut genug ist.

Positiv: Honda fördert asiatischen Nachwuchs

An dieser Stelle möchte ich über ein anderes Thema sprechen. Über viele, viele Jahre wird die breit aufgestellte Nachwuchsförderung von KTM gelobt. Zu Recht! Was da über mehr als ein Jahrzehnt getan wurde, ist absolut lobenswert.

Zum Vergleich haben Ducati und Aprilia gar keine Nachwuchsprogramme in den kleinen Klassen. Yamaha hat es in den vergangenen Jahren mit VR46 probiert, aber erst jetzt mit Pramac in der Moto2 ein richtiges Nachwuchsteam etabliert.

Honda widmet sich schon länger der Förderung von jungen Fahrern. Einerseits im Asia Talent-Cup, den es seit 2014 gibt. Andererseits gibt es je ein Team in der Moto3 und Moto2, die von Ex-Rennfahrer Hiroshi Aoyama geleitet werden.

Hiroshi Aoyama

Hiroshi Aoyama war 2009 der letzte Weltmeister der 250er-Klasse Zoom

Positiv finde ich, dass sich Honda darauf konzentriert, Nachwuchsfahrern aus dem asiatischen Raum Chancen zu ermöglichen. Es wird nicht nach dem nächsten spanischen Talent gesucht. Das finde ich sehr lobenswert, denn es ist schließlich eine Weltmeisterschaft.

Honda hat vom Talent-Cup bis zum Platz bei LCR eine Karriereleiter aufgestellt. Ursprünglich wäre Ogura als Nachfolger für Takaaki Nakagami vorgesehen gewesen. Aber er hat diesen Platz schon für 2023 abgelehnt. Das fand ich damals schon etwas überraschend.

Als Ogura dann im vergangenen Sommer das Angebot von Trackhouse-Aprilia angenommen und sich endgültig von Honda getrennt hat, stand Honda natürlich etwas in der Bredouille. Chantra war der nächste in der Pipeline, obwohl es Zweifel gab, ob er für diesen Schritt bereit wäre.

Bisher sieht es auch danach aus, dass die MotoGP für ihn eine Nummer zu groß ist. Da Honda als loyal gilt, wird er die Saison sicherlich zu Ende fahren. Derzeit gibt es aus dem Nachwuchsprogramm auch niemanden, der so weit wäre, um nachrücken zu können.

Euer


Gerald Dirnbeck

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