Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Joan Mir

Alex Rins beweist, dass auch ein anderer Fahrer als Marc Marquez mit der Honda gewinnen kann - Dagegen kommt Joan Mir mit der RC213V noch überhaupt nicht klar

Liebe MotoGP-Fans,

Titel-Bild zur News: Joan Mir

Joan Mir hat noch große Mühe, sich an die Honda RC213V anzupassen Zoom

mit dem Triumph von Alex Rins in Austin haben wir einen historischen Tag erlebt. Die längste sieglose Durststrecke von Honda ist damit zu Ende gegangen. Und zum ersten Mal seit Frühling 2018 hat ein anderer Fahrer als Marc Marquez mit der RC213V gewonnen.

Ein Wermutstropfen an diesem tollen Tag war die doch recht spärliche Zuschauerkulisse auf dem Circuit of The Americas. So wie im Vorjahr hat die Strecke keine offiziellen Besucherzahlen veröffentlicht.

Bei der Formel 1 war die Strecke in den vergangenen Jahren immer restlos ausverkauft. Die MotoGP hat in den USA derzeit einen deutlich schwierigeren Stand. Das neue Sprint-Format hat auch nicht mehr Fans an die Strecke gelockt.

Am Wochenende wurde der Marketingexperte Dan Rossomondo als neuer kommerzieller Direktor vorgestellt. Er hat viele Jahre für die NBA gearbeitet und soll in Zukunft der Dorna bei der Promotion helfen. Ich bin gespannt, welche Weichen er in den kommenden Monaten stellen wird.

Ist die Ducati GP23 "zu perfekt"?

Aber widmen wir uns dem Thema unserer traditionellen Montagskolumne. Kandidat Nummer 1 ist natürlich Francesco Bagnaia. Dass man mal auf nasser Strecke in Argentinien ausrutscht, kann im Regen immer passieren. Aber dieser Sturz in Austin in Führung liegend war unnötig.

Das weiß der Weltmeister selbst ganz genau. Seine Aussagen nach dem Rennen waren interessant. So wie in Argentinien hat er keine Ahnung, warum er gestürzt ist. Und das ist natürlich nicht gut, weil sich diese Zweifel im Unterbewusstsein zementieren können.

Francesco Bagnaia

Zum zweiten Mal hintereinander ist Francesco Bagnaia im Grand Prix gestürzt Zoom

Abgesehen von diesen beiden Stürzen agiert Bagnaia in dieser Saison bisher sehr souverän. Er kann im Training immer eine gute Rundenzeit fahren, wenn es gefordert ist. Seine Rennpace ist momentan auch die beste im Feld. Er müsste die WM eigentlich mit großem Vorsprung anführen.

Ducati hat mit dem Motorrad ein Level erreicht, das Bagnaia als perfekt beschreibt - aber vielleicht zu perfekt? Offenbar spürt er diesen schmalen Grat nicht, wenn das Limit minimal überschritten wird. Er spürt keine Vorwarnung.

Deshalb kann er nicht reagieren, um einen kleinen Rutscher abzufangen. Die Konsequenz ist ein unerwarteter Sturz. Wenn Bagnaia mit dieser Einschätzung richtig liegt, dann müssen die Ducati-Ingenieure eine Lösung finden, damit er spürt, wenn das Limit erreicht ist.

Aber lassen wir "Pecco" heute mit seinen Zweifeln alleine. Es wird spannend, wie er und Ducati auf die Situation reagieren werden. Für die WM ist noch nichts verloren. Bagnaia bleibt mit seinem Speed der Topfavorit.

Scheitert Joan Mir wie einige Vorgänger an der Honda?

Deshalb möchte ich mich heute der Situation von Honda widmen. Es war von Beginn an klar, dass es sehr interessant werden wird, wie die Ex-Suzuki-Fahrer Alex Rins und Joan Mir mit der RC213V zurechtkommen werden.

Wobei die Ausgangslage von Rins etwas "einfacher" war. Im vergangenen Herbst hat er mit der GSX-RR noch zwei tolle Siege geholt. Das hat ihn natürlich beflügelt. Läuft es mit der Honda nicht gut, dann kann er es auf das Motorrad schieben, denn dass er gewinnen kann, hat er bewiesen.

Joan Mir

Sturz im Argentinien-Sprint und Sturz im Grand Prix in Austin Zoom

Die Atmosphäre im familiären Team von Lucio Cecchinello ist auch etwas entspannter als im Repsol-Team. Dort ist die Erwartungshaltung an die Fahrer generell viel höher - noch dazu als Teamkollege von Marc Marquez.

Und Mir ist nach einer schwierigen Saison zu Honda gekommen. Er hat nicht wie Rins einen Schwung für die neue Aufgabe mitnehmen können. 2020 ist Mir verdient Weltmeister geworden. Er hat die Chance am Schopf gepackt, als sie sich ergeben hat.

Trotzdem schwingt immer mit, dass es damals ein sehr außergewöhnliches Jahr war. Im Endeffekt hat Mir erst ein MotoGP-Rennen gewonnen. Zählt er wirklich zu den absoluten Spitzenfahrern? Das muss er mit seiner neuen Aufgabe bei Honda beweisen, um alle Zweifel auszuräumen.

Bisher lief es nicht gut. Zu Beginn des Austin-Wochenendes klagte Mir über seinen Frust. Er hat kein gutes Gefühl für das Motorrad. Es ist offensichtlich, dass er deutlich größere Mühe als Rins hat, sich auf die RC213V einzustellen.

Die Saison ist natürlich noch jung. Mit dem Sturz und der Verletzung in Argentinien hatte Mir auch noch Pech. Wenn es nicht läuft, dann läuft es einfach nicht. Dieses positive Momentum, das ihm im Vorjahr abhanden gekommen ist, fehlt weiterhin - ganz im Gegensatz zu Rins.

An der Honda sind in den vergangenen Jahren einige Fahrer gescheitert. Auch Dani Pedrosa stand in seinen letzten Jahren im Schatten von Marc Marquez. Jorge Lorenzo hat seine Karriere beendet. Pol Espargaro und Alex Marquez haben ebenso entnervt die Flinte ins Korn geworfen.

Ist Mir der nächste Kandidat in dieser Reihe? Ich hoffe es nicht, denn es steht natürlich auch seine weitere Karriere auf dem Spiel. Noch ist es viel zu früh für ein Fazit, aber Mir muss schauen, dass er mit Rins Schritt halten kann. Wie der Vergleich beider Fahrer mit Marc Marquez aussehen wird, wird in den kommenden Wochen auch sehr interessant.

Ihr,


Gerald Dirnbeck

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