Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Fabio Quartararo

Vom Wunderkind zum Sorgenfall: Fabio Quartararo rutscht in der Meisterschaft auf die achte Position ab, nachdem er beim Saisonfinale auf Platz 14 ins Ziel kommt

Titel-Bild zur News: Fabio Quartararo

Fabio Quartararo wirkte im finalen Teil der Saison komplett verloren Zoom

Liebe Motorradfreunde,

die MotoGP-Saison 2020 ist Geschichte. Auch das 14. Renn-Wochenende (zum Rennbericht) dieser wirklich turbulenten Saison hatte es in sich. Sieg für den Lokalmatador, drei Satelliten-Fahrer auf dem Podium und eine ganze Reihe emotionaler Abschiede. Und natürlich gab es an diesem Wochenende auch einige Verlierer.

Mein Blick richtet sich erneut auf das Lager von Yamaha. Ein weiteres Mal muss man Franco Morbidelli ausklammern. Von Morbidellis Ergebnissen konnten die drei Yamaha-Piloten mit der aktuelleren M1 zuletzt nur träumen.

Nach der Schlappe in Valencia folgte für Maverick Vinales, Valentino Rossi und Fabio Quartararo auch in Portimao ein durchwachsenes Wochenende. Keiner dieser drei Yamaha-Piloten schaffte es beim Saisonfinale in Portugal in die Top 10.

Der einstige Titelfavorit beendet die Saison als WM-Achter

Besonders enttäuschend war das, was Fabio Quartararo zeigte. Platz 14 in einem Rennen, das nur 18 Fahrer beenden konnten. Wir erinnern uns: Im Juli startete der junge Franzose mit zwei souveränen Siegen in die Saison und war der Topfavorit in Sachen WM-Titel. Knapp vier Monate später beendete Quartararo die Saison als WM-Achter und qualifizierte sich damit für die Hauptrolle in der finalen Montags-Kolumne.

Wer von Ihnen kann sich noch an die beiden Auftakt-Grands-Prix in Jerez erinnern? Die Zeitspanne zwischen dem Saisonauftakt und dem Finale kommt mir deutlich länger als vier Monate vor. Vielleicht geht es Ihnen ja ähnlich. Zurückzuführen ist das wohl auf die vielen Überraschungen und Wendungen in der nun abgelaufenen Saison.

Fabio Quartararo

Fabio Quartararo führte die WM nach den Jerez-Rennen mit der Maximalpunktzahl an Zoom

Extrem schwankende Leistungen und nur vier Top-6-Ergebnisse

Obwohl Quartararo mit zwei Siegen in die Saison startete, war er ehrlich gesagt nie mein Topfavorit für den Titel. Warum nicht? Weil ich überzeugt war, dass er und Yamaha bei einigen Rennen schwächeln würden. Zudem war mir klar, dass Quartararo im Regen nicht zu den stärksten Fahrern zählt.

Dass er im Laufe der Saison so schwankende Leistungen zeigte, überraschte mich dann aber doch. Gehen wir die Ergebnisse mal kurz durch: 1-1-7-8-13-X-4-1-9-18-8-14-X-14. Also zusammengefasst drei Siege und keine weiteren Podestplätze. Oder noch besser auf den Punkt gebracht: Quartararo schaffte es in 14 Rennen nur vier Mal in die Top 6.

Fabio Quartararo

Fabio Quartararo fehlte die Konstanz, um in der WM weiter vorne mitzumischen Zoom

Bei der Abstimmung vom Weg abgekommen

Es ist offensichtlich, dass Yamahas 2020er-Maschine die Erwartungen nicht erfüllen konnte. Aber ist der Unterschied zum 2019er-Modell wirklich so groß oder spielte die Psyche mit rein? Mein Gefühl sagt mir, dass Franco Morbidelli zusammen mit Crewchief Ramon Forcada einfach besser arbeitete und somit mehr aus dem Paket herausholte.

Quartararo und Vinales hingegen befanden sich in dieser Saison mit ihren Crews auf einer Art Irrfahrt, was die Abstimmung angeht. Valentino Rossi klammere ich an dieser Stelle bewusst aus, denn nach der Coronavirus-Zwangspause hatte Rossi zu wenig Zeit, um wieder richtig in Schwung zu kommen.


Fotos: Fabio Quartararo, MotoGP in Portimao


Im Werksteam steigt der Druck

Ich frage mich, wie gut Quartararo in der kommenden Saison zurechtkommen wird. Dann steht er als Yamaha-Werkspilot deutlich stärker unter Druck. Er muss sich bei der Entwicklung stärker einbringen. Zudem drohen mehr PR-Verpflichtungen und somit mehr Stress. Bitte nicht vergessen: Der Bursche ist erst 21 Jahre alt.

Aber die MotoGP nimmt darauf keine Rücksicht. Bei Yamaha tritt er in große Fußstapfen. Quartararo ist der Nachfolger von Valentino Rossi. Natürlich wird er in Zukunft an der Nummer 46 gemessen. Auch wenn sich Rossi in Portimao nicht in Topform befand, fuhr er das deutlich bessere Rennen als Quartararo.

Fabio Quartararo, Valentino Rossi

Fabio Quartararo tritt 2021 in die Fußstapfen von Valentino Rossi Zoom

Findet Fabio Quartararo die Lockerheit von 2019 zurück?

Vor der Saison 2020 galt Quartararo als der große Marquez-Herausforderer. Bei seinem Debüt im Vorjahr konnte er Marquez einige Male herausfordern. In diesem Jahr folgten die ersten Siege und somit eigentlich auch mehr Selbstvertrauen. Aber ist Quartararo wirklich derjenige, der Marquez in Zukunft das Leben schwer machen wird?

Wenn alles passt, dann wird Quartararo wohl auch in Zukunft Siege feiern können. Die Konstanz des ehemaligen Weltmeisters fehlt dem Mann aus Nizza aber (noch). Quartararo muss seine Lockerheit von 2019 wiederfinden.

Dass er zuletzt sehr verkrampft agierte, verdeutlichen die Armpump-Probleme, die er nach dem Portimao-Rennen beklagte. Dieses Phänomen tritt meist dann auf, wenn ein Fahrer zu verbissen fährt.

Fabio Quartararo, Marc Marquez

Fabio Quartararo galt vor dem Saisonstart 2020 als größter Herausforderer von Marc Marquez Zoom

Ein jahrelanges Duell zwischen Marquez und Quartararo sehe ich aktuell nicht. Einerseits hat die Saison 2020 eine ganze Reihe neuer Hoffnungsträger hervorgebracht. Und zum anderen gibt es in Sachen Marquez noch einige Fragezeichen, was die gesundheitliche Situation angeht. Ich bin sehr gespannt, wie sich diese Situation über den Winter entwickeln wird.

Jetzt freue ich mich aber erst einmal auf die Winterpause. Endlich einmal durchatmen nach diesen turbolenten vier Monaten MotoGP-Action

Sportliche Grüße,

Sebastian Fränzschky

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