Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat

Null Punkte für Suzuki: In Jerez geht Andrea Iannone nach einem Sturz erneut leer aus - Sticheleien von Ducati-Nachfolger Jorge Lorenzo gibt es gratis dazu

Titel-Bild zur News: Andrea Iannone

Für Andrea Iannone gerät der Saisonstart bei Suzuki zum mittleren Desaster Zoom

(Motorsport-Total.com) - Liebe Leser,

die Frage, wer in der letzten Nacht besonders gut geschlafen hat, lässt sich nach einem Grand-Prix-Wochenende wie dem in Jerez leicht beantworten. Für Dani Pedrosa lief es beim Großen Preis von Spanien vom ersten Training bis zum Rennen am Sonntag wie am Schnürchen. Er kürte sich zum 3.000 Sieger in der Geschichte der Motorrad-Weltmeisterschaft und feierte mit seinen heimischen Fans eine spanische Fiesta.

Auch Teamkollege Marc Marquez dürfte gut genächtigt haben. Immerhin fuhr er auf einer Strecke, die nicht gerade zu seinen Favoriten zählt, aufs Podest und machte in der WM nach seinem Sieg in Austin weiter wichtige Punkte gut. Noch besser als die beiden Honda-Piloten mag nur noch Jorge Lorenzo geschlafen haben. Er fuhr in Jerez seinen ersten Podestplatz mit Ducati und zugleich das 100. Podium für den italienischen Hersteller in der MotoGP ein.

Crash in Jerez wirft Iannone erneut weit zurück

Während er sich auf der Desmosedici am Rennwochenende in Jerez so selbstbewusst und angriffslustig wie noch nie seit seinem Weggang von Yamaha präsentierte, erlebte sein Vorgänger ein weiteres Desaster. Gemeint ist Andrea Iannone - womit wir bei jenem Fahrer angelangt wären, der in der letzten Nacht ziemlich schlecht geschlafen haben dürfte. Der Suzuki-Pilot stürzte in Runde neun über das Vorderrad und ging erneut ohne Punkte nach Hause.

Dabei sah es zunächst so aus, als könne der Italiener den Schwung der ersten Punkte für Suzuki, die er vor zwei Wochen in Austin mit Platz sieben geholt hatte, in Jerez nutzen und sich weiter steigern. Nach dem Qualifying war er Fünfter, im Rennen kämpfte er sich vom Start weg vor auf Rang drei direkt hinter dem Honda-Führungsduo. "Ich hatte einen guten Start, war an Marc dran und hatte die Situation im Griff", bestätigte Iannone im Gespräch mit 'motogp.com'.

Doch dann verlor der 27-Jährige in nur fünf Runden sechs Positionen und fiel auf Rang neun zurück, bis er in Kurve 11 über das Vorderrad rutschend zu Boden ging. "Das Gefühl mit dem Motorrad war sehr gut, wurde aber von Runde zu Runde schlechter. Damit wurde alles schwieriger. Aber okay, das ist eine weitere Erfahrung für uns, aber natürlich eine große Enttäuschung", gab Iannone anschließend zu Protokoll.

Lorenzo über Iannone: Wie eine lästige Fliege

Ein Satz, den wir von ihm in seiner ersten Saison für Suzuki schon öfter gehört haben. Denn in den bisher gefahrenen vier Rennen verzeichnete der Italiener ganze drei Nuller: Er stürzte in Katar, wurde in Argentinien nach einer Durchfahrtsstrafe wegen Frühstarts nur 16. In Amerika gelang ihm mit Platz sieben ein solider Punkterang. Nun der erneute Rückschlag. Und das ausgerechnet an einem Wochenende, an dem Lorenzo bei Ducati eine Art Wiederaufstehung erlebte.

Für ihn hatte Iannone seinen Platz widerwillig räumen müssen. Dennoch hoffte er, bei Suzuki an die alten Erfolge anknüpfen und um Podestplätze, ja, vielleicht sogar Siege kämpfen zu können. Immerhin gelang das Maverick Vinales auch, als er noch für Suzuki fuhr - und Iannone selbst, als er noch in den Diensten von Ducati stand. Doch die Realität sieht anders aus. "Für mich ist es sehr schwer, der Lage Herr zu werden", gab der Suzuki-Pilot in Jerez zu.

Als wäre das nicht frustrierend genug, hagelt es verbale Spitzen von Kollegen und Fans. So verschoss Lorenzo nach seinem Qualifying Giftpfeile in Richtung Iannone, der ihm auf einer schneller Runde gefolgt war. "Er ist wie eine Fliege, die immer um dich herumschwirrt", sagte der Ducati-Pilot und legte nach: "Diese Art von Fahrer wartet auf andere, weil sie nicht zu den stärksten zählen und nicht um die WM kämpfen können."


Fotos: Andrea Iannone, MotoGP in Jerez


Enge MotoGP: Kleinigkeiten machen den Unterschied

Davon ist Iannone tatsächlich weit entfernt. Fans verspotten ihn im Internet als "Crash-König" und "Maldonado der MotoGP". Das ist nicht nur für den 27-Jährigen, sondern auch für Suzuki bitter. Konnte der japanische Hersteller mit Vinales und auch Aleix Espargaro im Vorjahr regelmäßig Punkte sammeln, steht man nach vier Rennen mit gerade einmal 16 Zählern da. Nach den Fortschritten bei KTM mit dem Big-Bang-Motor muss Suzuki sogar die Gefahr von hinten fürchten.

Dass Iannones Teamkollege Alex Rins seit Amerika verletzt ausfällt, macht es nicht besser. In Jerez kam stattdessen Testpilot Takuya Tsuda zum Einsatz. Anders als Iannone erreichte er - wenn auch mit deutlichem Rückstand - das Ziel und sammelte wichtige Daten für Suzuki. Das ist auch der Plan für den Test an diesem Montag. Dann wird Sylvain Guintoli für Rins einspringen. Der Superbike-Weltmeister von 2014 wird auch die nächsten drei Grands Prix bestreiten.

Es bleibt abzuwarten, wie der Franzose mit der Suzuki GSX-RR im Vergleich zu Iannone zurechtkommen wird. Fest steht: Das Feld in der MotoGP ist eng, wie die Abstände in den Trainings von Jerez zeigten. Im Qualifying lagen 21 Piloten innerhalb von einer Sekunde. Auch der WM-Stand spricht Bände: Die Top 4 mit Valentino Rossi, Vinales (Yamaha), Marquez und Pedrosa (Honda) trennen derzeit gerade einmal zehn Punkte.

Marc Marquez, Daniel Pedrosa, Jorge Lorenzo

Die Gewinner von Jerez: Marc Marquez, Dani Pedros und Jorge Lorenzo Zoom

Jeder von ihnen erlaubte sich schon Patzer. So hatten Rossi und Vinales am Jerez-Wochenende mit Gripproblemen zu kämpfen, die sich im Rennen sogar noch potenzierten. Nur kleinste Änderungen am Set-up oder in den Bedingungen können eben einen großen Unterschied machen. So kann sich das Blatt schon beim nächsten Grand Prix schnell wieder wenden. Darauf muss auch Iannone hoffen, sonst wird er wohl noch einige schlechte Nächte haben.

Wer sonst noch schlecht geschlafen hat:

Andrea Dovizioso: Seit seinem zweiten Platz beim Saisonauftakt in Katar stand der Ducati-Pilot nicht mehr auf dem Podium. In Jerez betrieb er nach einem schlechten Qualifying (Startplatz 14) Schadensbegrenzung und fuhr bis auf Rang fünf vor. Dennoch steht er trotz der Startschwierigkeiten von Teamkollege Lorenzo schon nach vier Rennen im Schatten des Neuankömmlings, der von Ducati nun noch mehr hofiert werden dürfte als zuvor.

Sam Lowes: Für den Briten ist der Titel "Rookie of the year" schon jetzt in weite Ferne gerückt. Während seine ehemaligen Moto2-Kollegen Johann Zarco und Jonas Folger bei Tech-3-Yamaha konstant in die Punkte fahren und Zarco ein Feuerwerk nach dem anderen abbrennt, kommt Lowes auf seiner Aprilia nicht einmal ansatzweise in die Nähe. Stattdessen hagelt es Crashs und letzte Plätze. Noch ist der 26-Jährige in der MotoGP nicht angekommen.

Ihre

Juliane Ziegengeist