Valentino Rossi: Der harte Weg zum ersten 500er-Sieg

82 Siege in der Königsklasse und sieben WM-Titel: Im Jahr 2000 hat der Erfolgslauf von Valentino Rossi begonnen - Damals hießen die Gegner Roberts, Criville, Biaggi

(Motorsport-Total.com) - Valentino Rossi steht vor seiner 16. Saison in der Königsklasse. Als der Italiener im Jahr 2000 in die damalige 500er-Klasse kam, waren Fans und Experten gespannt, wie er sich gegen die Topstars der damaligen Zeit schlagen würde. Superstar Mick Doohan war zur Jahrtausendwende nicht mehr dabei, nachdem er zwischen 1994 und 1998 ununterbrochen Weltmeister war. Der Sturz in Jerez 1999 setzte einen Endpunkt hinter die große Karriere des Australiers.

Titel-Bild zur News: Valentino Rossi

Valentino Rossi und seine Nummer 46 sind weltweit bekannt Zoom

Dieser Umstand spielte Rossi in die Karten, denn Honda stattete ihn mit Werksmaterial aus und stellte ihm den erfahrenen Jeremy Burgess zur Seite. Dieser hatte als Crew-Chief von Doohan maßgeblich Anteil an den Erfolgen. Die Zusammenarbeit Rossi und Burgess sollte bis Ende 2013 andauern. Das Duo gewann sieben WM-Titel in der MotoGP-Klasse. Doch die ersten Schritte in der Königsklasse waren schwer.

Es war die Endphase der giftigen Zweitakter mit 500 Kubikzentimetern Hubraum. Elektronik gab es nicht, die Fahrer mussten mit ihrem Handgelenk die Power kontrollieren. Highsider waren viel öfter an der Tagesordnung als heute. Das musste Rossi auch bei seinem Debüt im Jahr 2000 erleben. Er schied bei seinen ersten beiden Rennen in Südafrika (Welkom) und in Malaysia (Sepang) durch Stürze aus.

Die Situation erinnerte an das Jahr 1998, als er in seinen ersten beiden Rennen der 250er-Klasse ebenfalls nicht ins Ziel kam, dann aber drei zweite Plätze in Folge belegte. Als Rossi in die Königsklasse kam, waren alle Augen auf ihn gerichtet. Nach einer relativ unauffälligen Debütsaison 1996 in der Achtelliterklasse dominierte der damals 18-Jährige das Jahr 1997 nach Belieben.

Nach dem Vizetitel in der 250er-Klasse 1998 holte er sich anschließend mit neun Siegen den WM-Titel in der mittleren Klasse. In der 500er-Klasse traf Rossi auch erstmals auf seinen Landsmann Max Biaggi. Der Römer sah sich nach seinen vier WM-Titeln bei den 250ern als italienische Nummer 1. 1998 gewann Biaggi bei seinem Debüt in der Königsklasse auf Anhieb in Suzuka und machte Jagd auf Doohan.

Der Australier behielt die Oberhand, Biaggi fühlte sich von Honda benachteiligt und wechselte zu Yamaha, wo er 1999 nicht gegen Criville um den Titel kämpfen konnte. Nun begann das Jahr 2000. Die italienische Rivalität Rossi gegen Biaggi wurde erstmals auch auf der Strecke ausgetragen. Neben Criville, dem Weltmeister von 1999, hießen die etablierten Fahrer Tadayuki Okada, Kenny Robers jun., Nobuatsu Aoki, Norick Abe, Alex Barros, Luca Cadalora, Garry McCoy und Regis Laconi.

Schwieriger Einstand in der 500er-Klasse

Rossi zeigte von Beginn an jene Fähigkeiten, die ihn in der Folge berühmt machten: Er war im Qualifying nicht der Schnellste - er hat bis heute von insgesamt 312 Rennen "nur" 60 Pole-Positions geholt, die schlechteste Nummer in seiner Statistik - und stand in seiner Debüt-Saison kein einziges Mal auf der Pole. Auch die Starts verhaute er oft, viel bis auf Rang zehn zurück und musste sich dann mit spektakulären Überholmanövern nach vorne kämpfen. Dieses Spektakel beherrscht Rossi seit seinem glorreichen 125er-Jahr.

Honda hatte die Motorcharakteristik für das Jahr 2000 verändert und die Leistungskurve nach oben verschoben. Deshalb war für die Fahrer das Gefühl für den Gasgriff am Kurvenausgang schwer einzuschätzen. Criville kam damit nicht zurecht, was zum Teil seine schwache Saison erklärt. Burgess ging einen anderen Weg. Er verwendete für Rossi das Chassis-Jahrgang 2000 mit dem Honda-Motor von 1999.

Von Rennen zu Rennen wurde Rossi stärker und vermied es auch, Fehler zu machen. Bei seinem vierten Grand Prix in Jerez stand er erstmals hinter Roberts und Carlos Checa als Dritter auf dem Podest. Es folgten weitere dritte Plätze in Le Mans und Barcelona. In der WM zog Roberts mit konstanten Ergebnissen davon. Schließlich stand das neunte Saisonrennen am 9. Juli auf dem Programm.

Regen in Donington bringt den Durchbruch

Schauplatz war der Donington Park und wie es in Großbritannien im Frühsommer üblich ist, regnete es. Rossi stand auf Startplatz vier in der ersten Reihe - damals standen noch vier Fahrer pro Reihe - und erwischte einen ganz schlechten Start. Rossi kam auf der nassen Fahrbahn nicht in die Gänge und links und rechts schossen andere Fahrer vorbei. Nach der ersten Zwischenzeit war er nur 13. Allerdings war Biaggi zu diesem Zeitpunkt nicht in den Top 20 zu finden.

Mit Fortdauer des Rennens bildete sich eine trockene Ideallinie. In den letzten Runden kämpften drei Fahrer um den Sieg: Jeremy McWilliams, Rossi und Roberts. Yamaha, Honda und Suzuki waren vorne gleichauf. Vier Runden vor dem Ende schnappte sich Rossi in der Melbourne Haarnadel McWilliams und ging in Führung. Bis zum Ziel blieb es spannend. Rossi hatte in den letzten beiden Runden einige heftige Rutscher und McWilliams suchte einen Weg vorbei.

Rossi machte aber keinen Fehler und brachte den Sieg ins Ziel. Roberts wurde Zweiter, McWilliams Dritter. Nur eine Sekunde trennte das Trio nach spannenden 30 Runden. Rossi gewann seinen neunten Grand Prix in der 500er-Klasse und es war sein Erster von bis heute 82 in der Königsklasse. So wie schon in den beiden kleinen Klassen war der erste Sieg der Auftakt zu einer starken Serie.


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Roberts wird Weltmeister

Roberts hatte nach Donington 145 Punkte auf dem Konto, Rossi hielt bei 92. Rossi machte mit zweiten Plätzen auf dem Sachsenring und in Brünn weiter Boden gut. Platz drei in Estoril brachte zusätzliche Punkte auf sein Konto, doch in Valencia stürzte der aufkommende Star wenige Runden vor dem Ende. Roberts eroberte einen wichtigen zweiten Platz hinter McCoy.

Drei Rennen vor Saisonende hatte Rossi 66 Punkte Rückstand auf Roberts. Das bedeutete, dass er zwei Rennen gewinnen musste und einen dritten Platz braucht, wenn Roberts in den drei Rennen leer ausgeht. Und es begann vielversprechend: Rossi setzte sich in Rio gegen Lokalmatador Barros durch und feierte seinen zweiten Sieg in der Königsklasse. Von Brasilien ging es weiter nach Japan. Da damals noch in Suzuka gefahren wurde, firmierte der zweite japanische Grand Prix in Motegi unter dem Label Pazifik-GP.

Das Rennen brachte schließlich die Entscheidung. Roberts holte sich seinen vierten Saisonsieg und war damit unangefochten Weltmeister. Rossi hatte in Motegi keine Chance und wurde mit sechs Sekunden Rückstand Zweiter. Zum ersten und bis heute einzigen Mal in der Geschichte der Motorrad-WM war ein Sohn eines Weltmeisters ebenfalls Champion. Suzuki beendete eine sechs Jahre andauernde Honda-Serie, doch wie sich herausstellen sollte, war es für Suzuki der letzte große Erfolg für eine lange Zeit.

Rossi kletterte beim Saisonfinale in Australien noch einmal als Dritter auf das Podium. Mit 209 WM-Punkten schloss er die Debüt-Saison als Vizeweltmeister ab. Nur in seinen beiden Ducati-Jahren hat Rossi weniger Zähler gesammelt als damals. Im Hintergrund wurden damals bereits die Weichen für die Viertaktära MotoGP ab der Saison 2002 gestellt. 2001 wurde zum letzten Mal ausschließlich mit den 500er-Zweitaktern gefahren. Für Rossi war es der Auftakt zu einer beispiellosen Erfolgsserie, die seit 15 Jahren Bestand hat.