• 18.05.2012 15:42

Stoner: Angeln statt Nervenkitzel

Casey Stoner hat keine Lust mehr. Der zweimalige MotoGP-Weltmeister hängt am Saisonende im Alter von nur 27 Jahren seinen Helm an den Nagel

(Motorsport-Total.com/SID) - Casey Stoner liebt die Berge. Mit dem Snowboard fährt er runter, mit dem Mountainbike rauf, zwischendurch geht es ins Tal zum Angeln. Der Australier genießt das Leben in seiner Schweizer Wahlheimat mit Ehefrau Adriana und der kleinen Tochter Alessandra, schätzt die Ruhe weit weg von Rennstrecken und laut dröhnenden Motoren. Bisher war das Domizil am Genfer See ein Rückzugsort, ab Herbst ist es für den Weltmeister weit mehr. Stoner hat genug vom Motorrad-Zirkus, am Saisonende geht der denn 27-Jährige nach Hause.

Titel-Bild zur News: Casey Stoner

Casey Stoner freut sich bereits auf die Zeit nach seiner MotoGP-Karriere

"Ich wusste immer, dass es im Leben mehr gibt als ewig Rennen zu fahren", hatte der zweimalige MotoGP-Champion schon im Frühjahr gesagt. Dass der Ausnahmekönner die Maschine aber schon nach der laufenden Saison in die Ecke stellt, ist eine Überraschung. Niemand war darauf vorbereitet, als der Honda-Pilot am Donnerstag bei der obligatorischen Pressekonferenz vor dem Großen Preis von Frankreich eher nebenbei sein Karriereende ankündigte. Die MotoGP verliert eines ihrer bekanntesten Gesichter.

Schon seit elf Jahren ist Stoner im WM-Zirkus dabei, von den 125ern arbeitete sich der schmächtige Australier über die 250er in die Königsklasse nach oben und setzte sich dort bereits im zweiten Anlauf eine ganz besondere Krone auf. Stoner schenkte Ducati den ersten und bis heute einzigen WM-Titel in der Motorrad-Weltmeisterschaft. Überlegen setzte sich Stoner in der Saison 2007 durch, im vergangenen Jahr hatte er auf der Werks-Honda bei seinem zweiten Titelgewinn 90 Punkte Vorsprung. Auch in diesem Jahr liegt er wieder vorn.

Familie künftig im Vordergrund

Stoner hat gute Aussichten, sich den dritten WM-Titel zu holen, doch sein persönliches Glück hängt nicht mehr davon ab. "Nach so vielen Jahren in diesem Sport, den ich liebe, und nach so vielen Opfern, die ich dafür bringen musste, habe ich nicht mehr die Leidenschaft, um weiterzumachen. Und ich denke, es ist das Beste, dann Schluss zu machen", so der Australier. Zum bedeutenden Einschnitt in seinem Leben hat er sich "nach einer langen Überlegungsphase und vielen Diskussionen" mit seiner Frau und seiner Familie entschieden.

Casey Stoner

Im Jahr nach seiner Hochzeit mit Adriana holte sich Casey den ersten MotoGP-Titel Zoom

Trotz Rückenproblemen und ständiger Schmerzen im Unterarm ist der Titelverteidiger schnell wie eh und je. Doch all das sind Nebenerscheinungen - Kleinigkeiten, die den Hochbegabten aus dem kleinen australischen Örtchen mit dem schönen Namen Kurri Kurri ganz sicher nicht dazu veranlasst haben, die Brocken hinzuwerfen. Stoner ist momentan mehr als unzufrieden mit den Zuständen in der MotoGP-WM, ärgert sich über kurzfristige Regeländerungen und beschwert sich regelmäßig über die Reifen. Schon während der gesamten Saison, in der er nach einem dritten Rang und zwei Siegen führt, war abseits der Strecke zu spüren, dass der Spaß abhanden gekommen ist.

In den Gesprächen mit seiner Familie dürfte aber auch der Name Marco Simoncelli gefallen sein. Der Italiener war im vergangenen Jahr in Malaysia tödlich verunglückt - bei einem tragischen Rennunfall, der mit keiner Sicherheitsmaßnahme zu verhindern gewesen wäre. Mit über 300 km/h rasen die MotoGP-Piloten über den Kurs, der Tod fährt immer mit. Gut möglich, dass der Unfall von Kuala Lumpur Stoners Entschluss nachhaltig beeinflusst hat.

Am Wochenende beginnt in Le Mans Stoners Abschiedstournee, am 11. November fällt in Valencia der letzte Vorhang. Dass der zurückhaltende "Aussie" dann nicht mehr Woche für Woche im Rampenlicht steht, ist ihm ziemlich egal. Berühmt sein mag er ohnehin nicht.