Spies: "Es ist charakterbildend"

Vor heimischer Kulisse in Indianapolis folgte die nächste Enttäuschung: Der Motorplatzer verhinderte eine Topplatzierung von Ben Spies

(Motorsport-Total.com) - Ben Spies kann seine Pechserie nicht abschütteln. In Indianapolis setzte sich der Yamaha-Werksfahrer vor heimischer Kulisse in Szene und ging in der zweiten Kurve in Führung. Es entwickelte sich ein Duell mit dem späteren Rennsieger Dani Pedrosa (Honda) um die Spitze. Nach sechs Runden war der Traum vom Heimsieg vorbei. Der M1-Motor verrauchte spektakulär auf der Zielgeraden. Es handelte sich dabei um jenes Triebwerk, das am Samstag in das Motorrad eingebaut gewesen ist, mit dem Spies im Qualifying gestürzt war. Bei dem Texaner überwog nach dem kurzen Grand Prix weniger die Enttäuschung, sondern die Fassungslosigkeit, dass wieder etwas schiefgegangen ist.

Titel-Bild zur News: Ben Spies

Die Siegchancen von Ben Spies verrauchten auf der Zielgeraden Zoom

"Ich hatte einen guten Start. Das gesamte Wochenende über hatte ich eine gute Pace. Leider hatte ich im Qualifying einen heftigen Crash. In der Nacht wusste ich nicht, ob ich das Rennen fahren könnte, denn ich hatte starke Schmerzen in der Schulter und im unteren Teil des Rückens. Meine Betreuer haben alles gegeben, damit ich für das Rennen bereit bin. Ich war nicht bei 100 Prozent, aber ich wollte es probieren", berichtet Spies seine körperliche Verfassung.

"Von der ersten Runde an war ich vorne. Als mich Dani überholte dachte ich, dass ich ihn maximal um drei Sekunden entwischen lassen werde. Ich weiß aus Erfahrung, dass ich normalerweise gegen Rennende schneller als Dani bin. Als er mich überholte, nutzte er den Reifen viel stärker ab. Nachdem er an mir vorbei war, wurde mein Motorrad etwas langsamer. Ich wusste nicht was los war, aber dann ging der Motor hoch. Mir war klar, dass ich einen Vorsprung auf Jorge hatte und in der ersten Kurve auf dem Randstein ausrollen kann, ohne auf die Ideallinie zu kommen."


Fotos: Ben Spies, MotoGP in Indianapolis


"Das war es. Mein Rennen war vorbei. Platz zwei war sicher und vielleicht hätte ich um den Sieg kämpfen können. Es war nicht mein Tag." Spies erlebt eine Saison zum Vergessen. Noch nie in seiner Karriere ging innerhalb so kurzer Zeit so viel schief. "Es ist frustrierend, aber eigentlich ist es für mich lächerlich. Ich ärgere mich gar nicht. Es sind so viele Dinge passiert. Man weiß nicht, wie man darauf reagieren soll."

Verhältnis zu Yamaha ist gespalten

"In Mugello hatte ich eine Lebensmittelvergiftung und gab alles, aber es war trotzdem ein schlechtes Resultat. Dann sagte mir jemand von Yamaha, dass wenn ich in Laguna nicht 100 Prozent gebe - ich gab mein Bestes, aber dann hatte das Motorrad einen Defekt. Hier gab ich auch mein Bestes und es gab wieder einen technischen Schaden. Ich gebe 100 Prozent. Aber das, was man mir nach Mugello gesagt hat, und wie sehr ich mich bemühe, finde ich nicht fair."

War das der ausschlaggebende Grund für die Trennung von Yamaha? Unterstützt Yamaha Spies nicht zu 100 Prozent? "Das würde ich nicht sagen. Meine Crew gibt alles, denn man sieht, dass das Motorrad bei den letzten beiden Rennen gut war. Ich akzeptiere aber nicht, was man mir gesagt hat. In Assen und Silverstone gab es Probleme mit dem Reifen, dafür konnte niemand etwas. Aber in Katar, Laguna und hier gab es technische Probleme am Motorrad", zählt der 28-Jährige auf.

Ben Spies

Das Verhältnis zwischen Yamaha und Ben Spies ist nicht mehr in Ordnung Zoom

"Ich würde nicht sagen, dass es die Schuld von Yamaha ist. Pech gehört auch dazu. Warum es immer mir passiert weiß ich nicht. Vor einem Monat war das Frustrationslevel sehr hoch, aber jetzt wundere ich mich nur darüber, was in Brünn als nächstes passieren wird." Spies will nicht näher darauf eingehen, was zwischen ihm und dem Yamaha-Management passiert ist. "Ich werde keine Namen sagen, aber es war eine höhere Person."

Bereits im Qualifying warf ihn ein Highsider aus der Bahn. "Man hat in den Daten gesehen, dass ich gepusht habe, aber nichts ungewöhnliches gemacht habe. Der Sturz war nicht meine Schuld. Ich wollte heute das Rennen gewinnen, aber was passiert ist, ist passiert." Trotz der Enttäuschung will er auch nicht aufgeben. "Das zeigt meinen Charakter und den Charakter des Teams, weil wir wollen weiterhin auf das Podium und gewinnen. Trotz des ganzen Pechs geben wir immer noch 100 Prozent. Hoffentlich passiert in Brünn nichts. Mehr können wir nicht machen."

Was ging ihm durch den Kopf als der Motor platzte? "Es war natürlich enttäuschend, aber ich wollte schnell aus dem Weg und für die anderen kein Risiko darstellen. In den ersten Minuten war ich gar nicht enttäuscht, sondern konnte es gar nicht glauben, dass so viel Pech passieren kann. In der Box verlor ich meine Ruhe, aber dann war es wieder okay. Es ist charakterbildend. Wenn ich zurückblicke und sehe, was ich in den letzten zehn Jahren erreicht habe und immer noch schaffen kann, wenn ich die Ziellinie ohne Probleme sehe - es kommt aber ein Problem nach dem anderen."

Spies war in der Anfangsphase mit dem harten Hinterreifen deutlich schneller als sein Teamkollege Jorge Lorenzo, der sich für weich entschieden hatte. "Ich war nicht sehr überrascht davon, denn derzeit weiß man nie genau, wie die Reifen gegen Rennende sein werden. Die harte Mischung schien die richtige Wahl zu sein und nach 17, 18 Runden war man noch schnell unterwegs. Was wir alles schon mit den Reifen in diesem Jahr erlebt haben, so könnte auch die weiche Mischung funktionieren. In Assen hatte ich einen harten Reifen, der auseinanderfiel, während die weichen Reifen gewannen. Ich wusste, was ich mit den harten Reifen machen hätte können, aber das haben wir nicht gesehen."