Sepang: Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat

Redakteur Ruben Zimmermann kritisiert die jüngsten Ergebnisse von Danilo Petrucci und glaubt, dass der Italiener sich so nicht lange im Ducati-Werksteam halten wird

Liebe Leser,

Titel-Bild zur News: Danilo Petrucci

Danilo Petruccis Ergebnisse entsprachen zuletzt nicht den Erwartungen Zoom

ich könnte es mir an dieser Stelle leicht machen und Valentino Rossi dieses Mal zum Protagonisten unserer Kolumne machen. Der in diesem Jahr so gebeutelte Yamaha-Pilot vergab in Malaysia nach einem eigenen Fehler seine beste Chance auf einen Sieg in dieser MotoGP-Saison. Nun droht der "Doctor", im kompletten Jahr 2018 ohne Triumph zu bleiben. Damit wäre er eigentlich prädestiniert für unsere Montagskolumne.

Doch das ist mir zu kurz gedacht. Denn Rossi ist bereits zu lange dabei, um so kurzfristig zu denken. Der Yamaha-Pilot weiß ganz genau, dass es für ihn nicht um einzelne Topergebnisse geht. Er will - wenn möglich schon 2019 - wieder regelmäßig um Siege und vielleicht sogar den Titel mitkämpfen. Und in dieser Hinsicht waren die vergangenen Rennen der MotoGP-Asientour ein Schritt in die richtige Richtung für Yamaha.

Zwar sind die Probleme der M1 noch nicht gelöst, doch der Sieg von Maverick Vinales in Australien und die Leistung von Rossi in Malaysia sind klare Anzeichen dafür, dass man zumindest nicht mehr völlig im Niemandsland feststeckt. Zudem durfte der "Doctor" gestern dem WM-Titel von Schützling Francesco Bagnaia in der Moto2 bejubeln. Sollte er also schlecht geschlafen haben, dann eher weil deswegen etwas zu viel gefeiert wurde ...

Bautista zuletzt regelmäßig schneller

Daher fällt meine Wahl dieses Mal auf einen guten Kumpel von Valentino Rossi: Danilo Petrucci. Der nächstjährige Ducati-Werkspilot beendete das Rennen in Sepang nur auf Rang neun - und damit lediglich als viertbeste Ducati. Neben Werksfahrer Andrea Dovizioso waren auch Alvaro Bautista und Jack Miller auf den Vorjahresbikes schneller - wieder einmal. Das wird für "Petrux" langsam zum Problem.


Fotos: Danilo Petrucci, MotoGP in Motegi


2019 wird Petrucci Jorge Lorenzo im Werksteam der Roten ersetzen. Das alleine baut schon eine Menge Druck auf - wobei der Vergleich mit einem mehrfachen MotoGP-Weltmeister zugegebenermaßen auch etwas unfair ist. Klar ist aber, dass er unter diesen Voraussetzungen zumindest Leute wie Bautista und Miller im Griff haben sollte. Doch das war zuletzt - vor allem im Fall von Bautista - zu oft nicht der Fall.

Zur Erinnerung: Bautista fand für 2019 keinen Platz mehr in der MotoGP und wird im kommenden Jahr für Ducati in der Superbike-Weltmeisterschaft (WSBK) an den Start gehen. Im Paddock wird mittlerweile geunkt, die Italiener hätten es besser andersherum machen sollen: Petrucci in die WSBK stecken und Bautista als günstigere Alternative zu Lorenzo ins MotoGP-Werksteam holen.

Druck auf Petrucci wächst

Bei einem Blick auf die nackten Ergebnisse der vergangenen Wochen kann man das durchaus nachvollziehen. Mit Ausnahme von Aragon, als Bautista in der ersten Runde stürzte, sah der Spanier die Zielflagge in fünf der vergangenen sechs Rennen immer vor Petrucci. Und das - noch einmal zur Erinnerung - auf dem Vorjahresmotorrad. Nicht gerade eine gute Werbung für "Petrux".


Fotostrecke: Überblick: Das MotoGP-Fahrerfeld 2019

Als Bautista auf Phillip Island als Lorenzo-Ersatz einmalig die Chance auf der GP18 bekam, nutzte er diese umgehend mit einem starken vierten Platz. So weit vorne im Klassement fand sich Petrucci in diesem Jahr zuletzt beim Rennen auf dem Sachsenring wieder. Das war noch vor der Sommerpause. Und besser war "Petrux" in der gesamten Saison sogar nur ein einziges Mal: bei seinem einzigen Podestplatz 2018 in Le Mans.

Nun steht es mir nicht zu, zu beurteilen, ob Bautista tatsächlich die bessere Wahl für Ducati gewesen wäre. Klar ist aber, dass der Spanier durch seine guten Ergebnisse mindestens dafür gesorgt hat, dass Petrucci 2019 noch kritischer beäugt werden wird, als es ohnehin der Fall gewesen wäre. Und schaut man sich die Entwicklung der MotoGP in den vergangenen Jahren an, wird der Italiener im kommenden Jahr nicht viel Zeit zur Eingewöhnung bekommen.

Ducati 2020: Miller statt Petrucci?

Profitierte er in diesem Jahr noch davon, dass sich Ducati sehr früh dazu entschied, den Vertrag von Jorge Lorenzo nicht zu verlängern, könnte das für ihn 2019 zum Bumerang werden. Denn Petrucci erhält im Werksteam - anders als die anderen Spitzenpiloten - lediglich einen Vertrag über ein Jahr. Und da man bei Ducati kein Problem damit hatte, einen mehrfachen Weltmeister vor die Tür zu setzen, könnte Petrucci bei ausbleibender Leistung das gleiche Schicksal drohen.

Zumal es nächstes Jahr mindestens zwei Fahrer geben wird, die ein Auge auf Petruccis Platz werfen werden. Jack Miller hat bereits angekündigt, 2020 von Pramac ins Werksteam aufsteigen zu wollen. Dazu hat Ducati mit Francesco Bagnaia ab 2019 einen weiteren Rohdiamanten in den eigenen Reihen, der spätestens ab 2021 ebenfalls eine Option für einen Platz im Werksteam sein könnte.

Ich persönlich halte es zum aktuellen Zeitpunkt jedenfalls nicht für unwahrscheinlich, dass man Petrucci bereits nach der Saison 2019 durch Jack Miller ersetzen wird. Im Fahrerlager sind sich alle einig, dass der Australier deutlich mehr Talent mitbringt. Setzt er das 2019 - dann mit aktuellem Material - in die entsprechenden Ergebnisse um, dürfte es Petrucci schwer haben, seinen Platz zu verteidigen. Es könnte ein kurzes Gastspiel in Rot werden.

Ihr


Ruben Zimmermann


Ruben Zimmermann