Michelin-Problem: War Jorge Martins aggressiver Fahrstil verantwortlich?
MotoGP-Reifenausrüster Michelin stellt klar, dass Jorge Martins Hinterreifen korrekt hergestellt wurde: Hat Martin die Probleme in Katar selbst verursacht?
(Motorsport-Total.com) - Die Diskussion um Jorge Martins Reifenprobleme beim Katar-Grand-Prix in Lusail beschäftigen das MotoGP-Fahrerlager auch beim Saisonfinale in Valencia. Beim zurückliegenden Rennwochenende erlebte Martin ein enttäuschendes Hauptrennen, nachdem er im Sprint am Samstag triumphierte. Der Spanier machte einen qualitativ minderwertigen Michelin-Hinterreifen für die Probleme verantwortlich.

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Zu aggressive Fahrweise? Michelin berichtet, dass der Luftdruck bei Jorge Martin sehr hoch war Zoom
Michelin versprach, den Fall genau zu untersuchen und lieferte im Rahmen des Trainingsauftakts in Valencia eine erste Analyse. Dass Jorge Martin öffentlich so harte Geschütze gegen Michelin auffuhr, kam beim französischen Reifenhersteller nicht gut an (was Jorge Martin am Sonntagabend gesagt hat).
"Jeder bekam mit, was Jorge nach dem Katar-Rennen gesagt hat. Er hat Michelin ziemlich hart kritisiert", bemerkt Michelin-Motorradsportchef Piero Taramasso. "Wir können seine Situation natürlich gut nachvollziehen, denn er kämpft um die Meisterschaft und da ist sehr viel Adrenalin im Spiel."
Keine Auffälligkeiten bei der Analyse des Herstellungsprozesses
"Michelin nimmt dieses Thema sehr ernst", stellt der Michelin-Verantwortliche klar. Einen Herstellungsfehler kann Michelin bereits ausschließen: "Wir haben uns in Frankreich erkundigt und den Herstellungsprozess überprüft. Alle Parameter waren okay, als dieser Reifen hergestellt wurde. Wir können also bestätigen, dass es bei der Herstellung keine Probleme gab."
"Jorge Martins Reifen hatte kein Qualitätsproblem", ist Piero Taramasso überzeugt. "Das war die unsere Erkenntnis. Danach haben wir die Daten analysiert. An dieser Stelle möchten wir uns bei Pramac und Ducati bedanken für die Bereitstellung der Datenaufzeichnungen. Es waren sehr umfangreiche Daten. Drei Tage haben nicht ausgereicht, um alles zu analysieren."

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Piero Taramasso (Michelin) musste zuletzt zahlreiche Interviews geben Zoom
"Wir haben unser Bestes gegeben bei der Analyse. Zusammen mit Ducati und Pramac haben wir alles untersucht und sind zu der Erkenntnis gekommen, dass die Performance von Jorge in Katar nicht den Erwartungen entsprach. Wir erkannten einige Dinge, haben im Moment aber keine klare Antwort. Es wird weitere Untersuchungen geben", kündigt Piero Taramasso an.
Der Michelin-Verantwortliche erwartet, dass mindestens ein Monat nötig ist, um alle Informationen zuzuordnen. Parallel werden auch die Daten von Ducati-Werkspilot Francesco Bagnaia analysiert, der im Sprintrennen ähnliche Probleme hatte wie WM-Rivale Jorge Martin einen Tag später.
Hat Jorge Martin die Reifenprobleme selbst verursacht?
Auch wenn Michelin noch nicht alle Daten komplett auswerten konnte, so gibt es bereits einige Indizien, die dafür sprechen, dass Jorge Martin nicht ganz unschuldig war. Denn das Arbeitsfenster der harten Hinterreifen-Mischung hatte in Lusail ein vergleichsweise kleines Arbeitsfenster. Entsprechend sensibel reagierten die Reifen auf eine zu aggressive Fahrweise.
Hat Jorge Martin im Rennen zu hart gepusht, nachdem er beim Start einige Positionen verlor? "Je nachdem, wie man diese Mischung verwendet, kann man eine bessere oder schlechtere Performance haben. Das schauen wir uns im Detail an", bemerkt Piero Taramasso.

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Extremer Fahrstil: Pushte Jorge Martin nach dem missglückten Start zu hart? Zoom
"Wir können bestätigen, dass die Reifentemperatur und der Reifendruck in der Aufwärmrunde korrekt waren", erklärt der Michelin-Verantwortliche und fügt hinzu: "In den ersten sechs oder sieben Runden hat der Reifen performt. Dann baute er stärker ab, was sich in den Rundenzeiten niederschlug."
"Der Reifenverschleiß war im Fall von Jorge sehr hoch. Er fuhr weit hinten und pushte sehr stark. Wir müssen alles in Zusammenhang bringen", berichtet Piero Taramasso und liefert einen weiteren Hinweis, dass Jorge Martins Fahrweise durchaus eine Rolle spielte: "Jorges Luftdruck war vorne und hinten höher als bei allen anderen Fahrern."
Der neue Asphalt auf dem Grand-Prix-Kurs in Katar war ein weiterer Faktor. Denn laut Piero Taramasso bescherte dieser den Piloten teilweise ein seltsames Gefühl, obwohl die Haftung besser war als auf dem alten Belag.
Michelin hat herausgefunden, dass die Daten teilweise nicht mit den Aussagen der Fahrer übereinstimmten. "Viele Fahrer haben sich über zu viel Schlupf im Sprint und im Hauptrennen beschwert. Doch wenn man die Daten analysiert, dann erkennt man keinen Schlupf und keine Slides", staunt Piero Taramasso nach der ersten Analyse der vorliegenden Daten.


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