• 20.09.2018 17:07

  • von Maria Reyer & Jamie Klein

Jack Miller versteht Ponsson-Kritik nicht: "Jetzt stehen wir als die Mistkerle da"

Pramac-Ducati-Pilot Jack Miller steht zu seiner Kritik an Avintia-Ersatzfahrer Christophe Ponsson und versteht dessen Statement nicht - Er votiert für Filtersystem

(Motorsport-Total.com) - Christophe Ponsson entfachte am vergangenen Rennwochenende in Misano heiße Diskussionen über das Sicherheitsrisiko Bezahlfahrer. Der Franzose, der zuvor auf internationaler Bühne praktisch unbekannt war, absolvierte den Grand Prix von San Marino als Ersatzpilot für den verletzten Tito Rabat bei Avintia. Besonders viel Kritik musste Ponsson, dem in den Freitagstrainings knapp sechs Sekunden auf die Konkurrenz fehlten, von Jack Miller und Cal Crutchlow einstecken. In einem Statement hat der Ersatzpilot diese beiden Fahrer später explizit erwähnt, was der Australier nicht nachvollziehen kann: "Jetzt stehen wir als die Mistkerle da."

Titel-Bild zur News: Jack Miller

Miller versteht nicht, warum er für seine Meinung nun hart kritisiert wird Zoom

"Ich weiß nicht, ob er mitfahren hätte sollen oder nicht. Aber okay, er war dabei und hat für seinen Einsatz bezahlt", kommentiert Miller die Situation rund um Ponsson mit ein wenig Abstand am Donnerstag in Aragon. Die ganze Situation habe "unprofessionell" gewirkt, meint der Pramac-Ducati-Fahrer. Nachsatz: "... wenn ich ihn trotz Unfalls dennoch überrunden kann." Das Rennen in Misano beendete der Avintia-Markenkollege schließlich abgeschlagen auf dem letzten Platz.

Zwar ist Ponssons MotoGP-Abenteuer nach nur einem Rennen - trotz gültigen Vertrags - wieder zu Ende, dennoch denkt Miller schon weiter: "Er wäre sogar fast zweimal überrundet worden, auf einer Strecke, die recht lang ist. Nicht nur in Misano musste man sich Sorgen machen. Besonders auf den schnelleren Strecke, wie Phillip Island, wo die Rundenzeiten bei 1:20 Minuten liegt. Auf so einem Kurs ist es viel einfacher, überrundet zu werden als in Misano."

"Mehr oder weniger alle waren unserer Meinung"

Dies sei laut Auffassung von Miller aber nicht das einzige Problem. Denn Ponsson habe ein Sicherheitsrisiko dargestellt. "In den Freien Trainings wären viele Fahrer fast mit ihm zusammengefahren. Zwar sind Cal und ich im Besonderen genannt worden, aber mehr oder weniger alle waren unserer Meinung", stellt er auch klar. Besonders scharf hat sich auch Aprilia-Pilot Aleix Espargaro über Ponssons Fahrweise beschwert.

Deswegen versteht der Australier nun nicht, warum ausgerechnet Kumpel Crutchlow und er selbst von Ponsson genannt wurden. In dessen Statement behauptet der Aushilfsfahrer, dass jene beiden Piloten besonderen Druck auf die Dorna ausgeübt hätten, um eine neuerliche Teilnahme Ponssons an MotoGP-Rennen zu verhindern. Miller verteidigt sich: "Ich verstehe nicht ganz, warum Cal und ich als einzige genannt wurden. Vielleicht haben wir einen Witz gemacht oder so, während die anderen Fahrer diskutiert haben. Vielleicht hat man sich deshalb an uns erinnert."

Christophe Ponsson

Christophe Ponsson fuhr in Misano zum ersten Mal ein MotoGP-Bike Zoom

In der Sicherheitskommission hätten nicht nur die genannten Piloten Bedenken geäußert. Miller ist aber nicht nur über seine Namensnennung verärgert, sondern auch über die Tatsache, dass wohl ein Pilot etwas ausgeplaudert hat. "Die Sicherheitskommission sollte eine geschlossene Plattform sein. Was in diesem Raum diskutiert wird, das bleibt auch in diesem Raum. Aber offensichtlich hat sich jemand - ich werde jetzt keinen Namen nennen - nicht daran gehalten und es dem Team erzählt. Es war wohl einer der anderen Piloten", vermutet der Pramac-Pilot.

Miller fordert Ausleseverfahren für Ersatzpiloten

"Und dadurch sind Cal und ich ohne Grund in den Dreck gezogen worden. Wir stehen jetzt als die Mistkerle in dieser Situation da, obwohl wir nur Menschenverstand angewandt haben." Genau jenen gesunden Menschenverstand hat Miller vor allem bei der Entscheidung der Regelhüter, Ponsson eine Starterlaubnis zu erteilen, vermisst. Er fordert nun eine Art Ausleseverfahren für Piloten, die an MotoGP-Rennen als Ersatzfahrer oder Wildcard-Starter teilnehmen wollen, um ein Grundniveau zu gewährleisten.

"Ich bin wirklich dafür, jemandem eine Chance zu geben. Aber dann muss dieser Fahrer mehr Erfahrung auf einem internationalen Level mitbringen, als nur Erfahrung in der spanischen Superbike-Meisterschaft. Ich glaube nicht, dass er jemals auf das Podium in einer Weltmeisterschaftsklasse gefahren ist. Ich sage ja auch nicht, dass jeder zuvor schon einmal auf einem MotoGP-Bike gesessen haben muss. Aber natürlich wäre das hilfreich", so Miller, der im gleichen Atemzug ergänzt: "Ich glaube, es braucht eine Art Ausleseverfahren."


MotoGP in Misano

Man solle sich nur vorstellen, jemand verletzt sich und der Platz wird an den höchsten Bieter verkauft - "vielleicht ein Kerl aus der katarischen Meisterschaft oder sonst wo her, der viel Geld mitbringt", malt sich Miller ein düsteres Zukunftsszenario aus. "Wir arbeiten so hart daran, die Sicherheit zu verbessern. Und dann kommt so jemand daher."

"Bei Avintia ging es nicht um das Potenzial, sondern ums Geld"

Miller wünscht sich ein Filtersystem, bei dem Fahrer vorweisen müssen, was sie in ihrer bisherigen Karriere erreicht haben. "Es ist schwierig, darüber zu richten, wem es erlaubt sein soll und wem nicht. Aber der gesunde Menschenverstand sollte überwiegen", hofft der 23-Jährige, der selbst direkt von der Moto3 in die MotoGP aufgestiegen ist.

Einen Mangel an geeigneten Ersatzpiloten kann er indes nicht feststellen. "Nein, das denke ich nicht. Es gibt viele Fahrer, die Erfahrung mitbringen. Auch Baz, der nur ein halbes Jahr nicht mitgefahren ist, fand es schwierig, zurückzukehren, weil das Level im Moment sehr hoch ist." Das KTM-Team hatte durch die Verletzungen von Pol Espargaro und Mika Kallio besonderes Pech und setzte unter anderem auf Ex-MotoGP-Fahrer Loris Baz als Ersatzmann.

Christophe Ponsson

Das Bike mit der #23 wird in Aragon Superbike-Pilot Jordi Torres übernehmen Zoom

"Bei Avintia ging es weniger um das Potenzial des Fahrers, sondern mehr um andere Gründe, wie etwa Geld", kritisiert Miller. Die Entscheidung, in Aragon mit Superbike-Fahrer Jordi Torres an den Start zu gehen, begrüßt er ausdrücklich. "Er hat in der Moto2 Rennen gewonnen und hat Podestplätze in der Superbike-Weltmeisterschaft geholt. Er ist ein starker Pilot und ich bin sicher, er bezahlt nicht für diesen Einsatz."

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