Herve Poncharal: Zarcos Führung in Katar keine Eintagsfliege

Mit seinen Rookies Johann Zarco und Jonas Folger peilt der Tech-3-Teamchef in Argentinien das Podium an: "Ich denke, wir müssen die Dinge etwas aufmischen"

(Motorsport-Total.com) - Weltmeister Marc Marquez, MotoGP-Star Valentino Rossi, Yamaha-Überflieger Maverick Vinales: Sie alle hatten beim Saisonauftakt in Katar vor zwei Wochen das Nachsehen, als am Start ein gewisser Johann Zarco an die Spitze stürmte und bei seinem MotoGP-Debüt sensationell erste Führungskilometer sammelte.

Titel-Bild zur News: Johann Zarco

Johann Zarco sammelte beim MotoGP-Saisonauftakt erste Führungskilometer Zoom

Die Nachfolge von Max Biaggi, dem es zuletzt im Jahr 1998 gelang, als Debütant zum Sieg zu fahren, konnte Zarco nach einem Sturz in Runde sieben zwar nicht antreten. Dennoch hinterließ der Tech-3-Yamaha-Pilot mächtig Eindruck - nicht nur bei der erfahrenen Konkurrenz. Teamchef Herve Poncharal schwärmt: "Er hat die anderen Jungs beinahe... nicht dumm aussehen lassen, aber wir dachten uns nur: 'Was passiert hier gerade?' Es war eine unglaubliche Geschichte, so lange sie dauerte."

Im Interview mit 'crash.net' gesteht der Franzose, dass es eine "sehr große Enttäuschung" gewesen sei, Zarco in Führung liegend stürzen zu sehen. "Was mir wirklich wehgetan hat, war Johanns Pace zu sehen: Er war in fast jeder Runde der Schnellste, der Einzige, der die 1:56er-Marke durchbrach und die schnellste Runde des Rennens fuhr. Zu diesem Zeitpunkt hat er Marquez 0,6 Sekunden abgenommen."

Johann Zarco nicht gestürzt, als er gepusht hat

Poncharal ist überzeugt, dass die anderen Zarco ohne den Sturz nicht mehr hätten einholen können. Doch Kurve zwei erwies sich für ihn - wie schon für viele andere in den Trainings zuvor - als "Killer-Kurve". "Er kam nur ein kleinwenig von der Ideallinie ab und ist über den Vorderreifen weggerutscht", erklärt Poncharal rückblickend.

Dem Teamchef ist wichtig zu betonen: "Er ist nicht gestürzt, weil er zu sehr gepusht hat, aber das glauben viele." Tatsächlich schaltete Zarco in den Runden fünf und sechs einen Gang zurück, behielt jedoch den Abstand zu den Verfolgern. "Als er etwas zur Ruhe kam und dachte, 'ich muss jetzt vorsichtig sein', verlor er etwas seinen Fokus", glaubt Poncharal. Einschüchtern lasse sich Zarco von dem Rückschlag aber nicht.


Fotos: Tech 3, MotoGP in Doha


"Er sagte zu mir: 'Ich bin stärker. Der Start in das Rennen hat mir für die Zukunft so viel Selbstvertrauen gegeben'", erzählt der Tech-3-Boss. Kann der MotoGP-Rookie das schon beim zweiten Saisonrennen in Argentinien zeigen? Poncharal jedenfalls setzt großes Vertrauen in seinen Schützling. Die guten Wintertests und die ersten sechs Runden in Katar seien schließlich kein Zufall gewesen - zumal Zarco bis dato in der Moto2 vor allem in den letzten Runden eines Rennens besonders glänzte.

Schafft Tech-3-Yamaha 2017 den ersten Sieg?

Diese Stärkte sicherte dem zweifachen Moto2-Weltmeister viele Siege. Doch nicht nur sein Talent, auch seine Mentalität machen in aus Poncharals Sicht zum Ausnahmefahrer: "Er ist anders als die anderen Piloten im Paddock, anders als alle Jungs, mit denen ich bisher gearbeitet habe. Man sieht ihn nie mit protziger Sonnenbrille oder Kopfhörern herumlaufen. Er versteckt sich normalerweise und ist sehr zurückhaltend."

Sowohl Zarco selbst als auch sein Teamchef glauben, dass die ersten Runden von Katar keine Eintagsfliege waren, und nehmen das Podium ins Visier. "Ich denke, wir müssen die Dinge etwas aufmischen. Die Show in Katar war toll, der Kampf war toll, aber ich bin es leid, immer nur die Werksteams von Yamaha, Ducati und Honda vorne zu sehen", gibt Poncharal zu.

Mit einem Satellitenfahrer gelang es Yamaha seit Beginn der Viertakt-Ära 2002 kein einziges Mal, einen Sieg einzufahren. Honda schaffte das mit Jack Miller (Marc-VDS-Honda) und Cal Crutchlow (LCR-Honda) in der vergangenen Saison gleich dreimal. Mit Zarco und Teamkollege Jonas Folger sieht Tech 3 gute Chancen, das zu ändern. "Unsere Jungs haben gezeigt, dass die Moto2 auf einem unglaublichen Niveau und die Yamaha ein außergewöhnliches Bike ist", sagt Poncharal stolz.

"Ich denke, dass wir oft ein bisschen zu konservativ sind, wenn wir unsere Fahrerpaarungen organisieren. Daher bin ich sehr glücklich mit unseren zwei Rookies", schwärmt er weiter. "Das Gerede von 'ETs', Aliens, phänomenalen Werksfahrern außer Reichweite möchte ich nicht hören. Wir haben gezeigt, dass wir uns mit diesen Jungs messen können. Das ist wirklich gut, denn es macht die ganze Sache spannender."