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  • 10.11.2017 09:59

  • von Juliane Ziegengeist & Oriol Puigdemont

Ducati-Teamorder in Valencia: Das sagen Redding und Petrucci

Auf die Schützenhilfe von Jorge Lorenzo kann Andrea Dovizioso beim MotoGP-Finale in Valencia zählen, die Pramac-Piloten sehen eine Teamorder jedoch kritisch

(Motorsport-Total.com) - Nachdem die Teamorder von Ducati ja bereits nach dem Rennen in Sepang großes Thema war, wurden Werks- und Kundenfahrer des italienischen Herstellers natürlich auch vor dem MotoGP-Saisonfinale in Valencia gefragt, wie es mit einer möglichen Schützenhilfe für Andrea Dovizioso aussieht. Schließlich hat der 31-Jährige trotz 21 Punkten Rückstand auf Marc Marqueu (Honda) noch immer eine Chance auf den Titel.

Titel-Bild zur News: Danilo Petrucci, Andrea Dovizioso

Kann Andrea Dovizioso in Valencia von den Ducati-Kollegen Hilfe erwarten? Zoom

Jorge Lorenzos Antwort fällt klar aus. "Ja natürlich, das sage ich schon seit Saisonmitte. Es wird schwierig sein, etwas ausrichten zu können. Die Situation gestaltet sich für Marc viel einfacher als für Dovi", weiß der Spanier, hält aber fest: "Wenn ich in Führung liege, dann werde ich die Boxentafel und die Anzeige checken, weil ich die Wichtigkeit der Weltmeisterschaft verstehe." Ähnlich hatte er sich bereits in Sepang geäußert.

Dort hatte das Team ihm in Führung liegend die Dashboard-Nachricht "Suggested Mapping: Mapping 8" übermittelt - ein interner Code, der Lorenzo signalisieren sollte, Dovizioso vorbeizulassen. Ein Rennen zuvor, auf Phillip Island, hatte es bereits gegenüber Pramac-Pilot Scott Redding eine ähnliche Anweisung gegeben. Dieser folgte der Brite zunächst auch, überholte Dovizioso jedoch später zurück.

Redding über Dovizioso: "Nicht mein Teamkollege"

Der Italiener wurde schließlich nur Dreizehnter und die Ducati-Manager waren sichtlich verärgert. Doch Redding steht dazu, sein eigenes Rennen gefahren zu haben. "Es war noch früh im Rennen, nachdem er von der Strecke abgekommen war", erinnert sich Redding. "Da erhielt ich die Nachricht. Ich dachte mir, ihn nicht einfach vorbeizulassen, aber dann stach er innen hinein und ich ließ ihn durch, weil er schneller war."

Doch Redding fand selbst immer besser in seinen Rhythmus und schloss im Laufe des Rennens wieder zu Dovizioso auf: "Dovizioso war zwei Sekunden vor mir, aber ich hatte den schnelleren Rhythmus. Was also sollte ich tun? Mich zurückhalten und warten oder den Leuten sagen, was ich drauf habe. Jeder zweifelt hier an mir. Wenn ich also eine Chance dazu habe und die Dinge funktionieren, muss ich es tun."

Genau so will der Pramac-Fahrer, der nach dieser MotoGP-Saison zu Aprilia wechselt, es auch beim letzten Rennen in Valencia halten. "Er ist nicht mein Teamkollege. Wir fahren für uns selbst", betont Redding. "Und auch Dovi kann nicht wirklich wollen, dass die Leute ihm Platz machen. Denn wenn du dann den Titel gewinnst, macht es den Anschein, als sei er dir gegeben worden. Das ist wie im Radsport, wenn alle sich zusammenschließen, damit einer von ihnen gewinnt."


Fotos: MotoGP in Valencia


Dovizioso auf Phillip Island "selbst schuld"

In der MotoGP aber sei das anders. "Wir kommen nicht hierher, um uns gegenseitig zu helfen", erklärt der 24-Jährige. "Man kann von mir in einer für mich schwierigen Saison nicht erwarten, anderen zu helfen, wenn ich mich selbst beweisen muss. In diesem Jahr war ich kurz davor, nicht mehr Teil dieses Paddocks zu sein. Das vergessen die Leute gerne. Klar ist jetzt alles unterschrieben und die Leute kritisieren mich. Aber das ist kein Racing."

Anders verhalte es sich, wenn ein Teamkollege den anderen mit übermotivierten Aktionen ins Aus befördert, wie es Andrea Iannone beim Argentinien-Grand-Prix 2016 gegenüber Dovizioso tat. "Ich verstehe, dass man da eingreifen muss. So etwas ist nicht akzeptabel. Das respektiere ich zu 100 Prozent", sagt Redding, hält aber zugleich fest, dass seine Attacken auf Dovizioso beim Großen Preis von Malaysia sauber gewesen seien.

Scott Redding

Scott Redding sieht das Thema Teamorder bei Ducati kritisch und steht offen dazu Zoom

"Ich dachte einige Male daran, ihn in der letzten Kurve zu überholen", erinnert sich der Brite, "aber ich entschied, dass es ein zu großes Risiko und es deshalb nicht wert war. Also bereitete ich ein sichereres Manöver vor." In der Schuld, Dovizioso damit wichtige Punkte im WM-Kampf abgenommen zu haben, sieht sich Redding aber nicht. "Schließlich wäre er nicht dort gewesen, wo er war, wenn er nicht selbst einen Fehler gemacht hätte."

Petrucci: "Kann Dovi in Valencia nicht helfen"

Dass dem Ducati-Werksfahrer diese Punkte am Ende fehlen werden, um den Titel zu holen, bezweifelt Redding ohnehin. Außerdem könne man nicht nur Phillip Island für den Rückstand verantwortlich machen: "Es gibt viele Momente in dieser Saison, von denen man sagen kann: 'Wenn er dies oder jenes getan hätte.' Und dabei geht es um mehr als zwei Punkte." Den WM-Titel würde er Dovizioso aber trotz aller Querelen gönnen.

"Das wäre schön für ihn, ist aber ein großes Fragezeichen", weiß Redding. "Aber eine Chance besteht immer. Es kann alles passieren. Man weiß nie, wie es ausgeht, bis es vorbei ist." Er selbst werde einem Titelgewinn nicht im Wege stehen, ihn aber auch nicht aktiv befördern: "Ich kenne den Deal und gehe nicht mit dem Gedanken ins Rennen, Dovizioso abzuschießen. Ich respektiere alle Fahrer und Teams, aber es gibt eine Balance, die jeder für sich finden muss."

Reddings Teamkollege Danilo Petrucci glaubt indes, dass es am Sonntag für ihn ohnehin kaum eine realistische Gelegenheit geben wird, Dovizioso zu helfen - auch wenn der Italiener angesichts seiner bisherigen Platzierungen dafür wohl prädestinierter wäre als Redding. Doch er sagt: "Ich denke nicht, dass Dovi meine Hilfe braucht, denn er muss gewinnen und ich kann nicht 20 andere Fahrer zwischen ihn und Marquez bringen!"

Andrea Dovizioso, Danilo Petrucci

Dovizioso und Petrucci standen in dieser Saison bereits gemeinsam auf dem Podest Zoom

Aus seiner Sicht ist Marquez im Moment der schnellste Fahrer in der Weltmeisterschaft. Entschieden sei aber bis zum Zielstrich noch nichts. "Für beide wird es mit Sicherheit nicht einfach, denn Marc muss sitzen bleiben und Dovi muss siegen", weiß Petrucci. "Ich denke aber, dass das Rennen für Marc leichter werden wird. Er muss ja quasi nur ins Ziel kommen. Aber sicher ist das genau so wenig wie ein Sieg von Dovi."