Camier: Der Ersatzfahrer vom Dienst

Leon Camier ist in dieser Saison hauptsächlich Ersatz für verletzte Fahrer - Nach der Superbike-WM erhält der Brite nun im Aspar-Team in der MotoGP eine Chance

(Motorsport-Total.com) - Leon Camier hat sich in diesem Jahr als gefragter Ersatzfahrer etabliert. Ursprünglich war eine dritte Saison im Crescent-Suzuki-Team geplant, doch im Herbst wurde der Brite überraschend vor die Türe gesetzt und von Eugene Laverty ersetzt. Anschließend kam es zu einem Vertrag mit dem Ioda-Team in der MotoGP, doch auch diese Möglichkeit platzte in letzten Moment, da der Hauptsponsor des Teams abgesprungen war. Camier stand ohne Motorrad da. Als sich Sylvain Barrier verletzte, erhielt Camier den Anruf von BMW Italia.

Titel-Bild zur News: Leon Camier

Leon Camier fuhr in dieser Saison schon für BMW Italia und MV Agusta Zoom

Der Brite nahm an und mischte an vier Rennwochenenden an der Spitze des Evo-Feldes mit. Barrier kehrte nach seiner Verletzung wieder zurück und Camier nahm das Angebot von MV Agusta an, wo er den verletzten Claudio Corti in Laguna Seca vertrat. Nun wird Camier auch Nicky Hayden im Aspar-MotoGP-Team bei den Rennen in Indianapolis und Brünn vertreten. Camier stand schon in Barcelona als Ersatz für den Ex-Weltmeister parat. Da sich Hayden nun zu Beginn der Sommerpause an der rechten Hand operieren ließ und länger pausieren muss, kommt Camier zum Zug.

Nachdem das Jahr führ ihn mit vielen Fragezeichen begonnen hatte, entwickelte es sich dennoch positiv. "Ich habe gute Teams getroffen, bin gute Motorräder gefahren und es wurde interessant", bewertet Camier bei 'Crash.net' seine Situation. "Ich habe Erfahrungen gesammelt, wie ich aus unterschiedlichen Motorrädern das heraushole, was ich brauche. Ich würde es als interessant bezeichnen." Mit der Evo-BMW und der neuen MV Agusta konnte Camier natürlich keine Rennen gewinnen.


Fotos: MotoGP auf dem Sachsenring, Girls


BMW Italia, MV Agusta und nun Aspar sind drei renommierte Rennställe in der Superbike-WM beziehungsweise in der MotoGP. Dennoch weiß Camier selten, was morgen kommt. "Es hängt davon ab, wonach ein Team oder ein Hersteller sucht. Im Vergleich zu einer kompletten Saison bekommt man für ein Rennen aber nicht mehr bezahlt", stellt Camier klar. Deshalb ist sein Jahr auch schwierig. "Für mich geht es darum zu überleben und mich auf das nächste Jahr zu konzentrieren."

Camier nimmt nicht jedes Angebot an

Trotzdem hat sich der 27-Jähriger bei seinen Superbike-Einsätzen gut verkauft und sein Talent in die Auslage gestellt. "Ich nehme aber nicht jedes Angebot an, denn es kann schnell passieren, dass du auf irgendein Motorrad steigst und nur durchschnittlich aussiehst", weiß Camier über das Risiko. "Bei BMW wusste ich, dass es ein gutes Team ist, also war die Entscheidung nicht schwierig. Bei MV Agusta war die Situation anders."

Leon Camier

Mit der Evo-BMW kämpfte Leon Camier im Spitzenfeld der Evo-Klasse Zoom

MV Agusta kehrte in dieser Saison in die Superbike-WM zurück und entwickelt die F4 RR. "Für mich war wichtig, einen Beitrag zur Entwicklung zu leisten und einen Kontakt zu einem weiteren Hersteller zu haben", begründet Camier bei 'Crash.net'. "Es gibt auch einige Möglichkeiten, die ich nicht angenommen habe. Es ist etwas seltsam, denn sobald sich ein Fahrer verletzt, blicke ich auf mein Telefon. Ich dachte, dass es ein schreckliches Jahr werden würde, aber ich habe doch einige Optionen."

Nun steht Camier vor seinem Debüt in der MotoGP. In den Jahren 2002 und 2003 fuhr er bereits einige Rennen in der 125er-Klasse, bevor er seinen Fokus auf die Superbike-Szene legte. Damals kam Camier in der Achtelliterklasse bei zwölf Starts nicht in die Top 20. Nun muss er sich mit der Open-Honda gegen die Fahrer Hiroshi Aoyama, Scott Redding und Karel Abraham messen, die ebenfalls dieses Motorrad fahren.

MotoGP-Debüt ohne Testfahrten

Würde sich Camier gegen Redding und Aoyama durchsetzen, wäre das als Erfolg zu werten. Steht er vor der größten Herausforderung seiner Karriere? "Schwierig zu sagen, weil manche Leute ein Jahr brauchen, um ein MotoGP-Bike zu lernen", schätzt Camier. "Ich habe keine Testfahrten, kenne das Motorrad, die Strecke, die Bremsen und die Reifen nicht. Die ganze Situation ist gegen mich. Zu erwarten, dass ich eine starke Leistung zeige, wäre lächerlich. Ich habe keinen Druck und will lernen", sieht Camier die MotoGP-Chance entspannt. "Realistisch gesehen weiß ich nicht, ob es eine große Möglichkeit ist."


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Am 8. August wird Camier in Indianapolis im ersten Freien Training seine ersten Runden mit der Aspar-Honda drehen. Vor einigen Jahren durfte der Brite den 990er Honda-Prototypen von Dani Pedrosa ausprobieren. Diesen Test erhielt Camier für den Gewinn der Britischen Superbike-Meisterschaft im Jahr 2009, obwohl er den Titel mit einer Yamaha holte. Es war aber nur eine kurze Ausfahrt und kein richtiger Test.

Offen ist auch, wie es mit Camier im nächsten Jahr weitergehen wird. In der MotoGP sortieren sich demnächst die Plätze in den Privatteams. Und auch in der Superbike-WM sind die meisten Karten noch nicht gefallen. Durch das neue Reglement, einer Mischung zwischen SBK- und Evo-Spezifikation, könnten sich auch dort Möglichkeiten auf ein konkurrenzfähiges Motorrad ergeben.

"Ich würde gerne in der MotoGP fahren, aber wenn du dort im hinteren Teil des Feldes bist, dann ist das nicht interessant. Ich möchte konkurrenzfähiges Material. Das könnte in der Superbike-WM sein", meint Camier über 2015. "Sollte sich eine konkurrenzfähige Option in der MotoGP ergeben, dann würde ich mich dafür entscheiden. Ansonsten wird es die Superbike-WM. Wenn das auch nicht klappt, dann muss ich abwarten."