Bauer: "Brünn war keine Eintagsfliege"
Der Österreicher Martin Bauer startet in Valencia zum zweiten Mal in der MotoGP - Der Routinier beleuchtet die Hintergründe des Projekts und die Pläne für die Zukunft
(Motorsport-Total.com) - Beim MotoGP-Saisonfinale in Valencia liegt das Hauptaugenmerk auf dem Titelkampf, doch in Box Nummer 24 arbeitet die ambitionierte Mannschaft des Remus-Racing-Teams. Martin Bauer ist nach Brünn zum zweiten Mal mit einer Wildcard am Start. Die Suter-BMW entspricht im Wesentlichen dem technischen Stand des letzten Einsatzes. "Unser Hauptaugenmerk liegt darauf, weitere Informationen und Erfahrungen zu sammeln. Wir wollen mit diesem Einsatz noch einmal beweisen, dass uns dieses Projekt ernst ist und Brünn keine Eintagsfliege war", sagt Bauer im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. "Das sind die primären Ziele, um uns für das nächste Jahr etwas besser aufstellen zu können."

© Andy Glänzel
Martin Bauer startet in Valencia zum zweiten Mal mit dem Remus-Racing-Team Zoom
"Eventuell kommen dann auch Änderungen am Fahrzeug und der Elektronik. Das müssen wir uns erst einmal ansehen." Seit Brünn wurde an Details gearbeitet, getestet wurde allerdings nicht. "Zu Tests ist es leider nicht gekommen, denn es hat sich leider mit der Elektronik lange hinausgezögert. Es ist noch nicht ganz klar, mit welcher Elektronik im nächsten Jahr gestartet werden darf", nennt der Österreicher die Gründe. "Deshalb haben wir noch nicht umgerüstet und nicht investiert, weil wir nicht wissen, wie es in diesem Bereich im nächsten Jahr weitergeht."
"Hätten wir das gehabt, hätten wir sicher getestet. Beim Motorrad besteht bis auf kleine technische Details kaum ein Unterschied zu Brünn." Für die "Open"-Teams ist im nächsten Jahr der Einsatz der Einheits-ECU und der Standardsoftware von Magneti Marelli vorgeschrieben. Wildcard-Startern steht frei, welche Elektronik sie einsetzen wollen. Das liegt unter anderem an der Anzahl der Starts. Derzeit ist an der Suter-BMW die Standardelektronik von BMW verbaut.
Aufgrund der Ungewissheit bezüglich 2014 blieb man für Valencia bei dieser ECU. "Auch von Seiten Magneti Marelli war es nicht möglich, uns jetzt ein System zur Verfügung zu stellen, das wir auch im nächsten Jahr einsetzen können, denn sie wissen selbst noch nicht genau, wie es im nächsten Jahr laufen wird", so Bauer. Der Einsatz an diesem Wochenende dient als Vorbereitung für die kommende Saison.
Vier bis fünf Starts 2014
Wie oft der IDM-Champion im kommenden Jahr in der MotoGP starten wird, ist noch nicht endgültig entschieden. "Im Endeffekt hängt es von der Finanzierung ab. Wir haben einige Interessenten für den einen oder anderen Lauf. Wir wollen es als Event-Sponsoring aufbauen. Davon hängt es ab. Angedacht sind derzeit vier bis fünf Läufe." Unterstützung von BMW gibt es nicht. "Wir sind auf uns selbst gestellt."
"Wir haben keine Unterstützung von BMW und müssen alles selber machen. Das Tuning übernimmt Fritz Schwarz. Wir bekommen keine fertigen Motoren. Alles, was in der Box steht, ist von uns selbst aufgebaut", verdeutlicht Bauer das ambitionierte Projekt. Im kommenden Jahr wird die Zahl der CRT-Motorräder schrumpfen. Obwohl diese Motorräder oft belächelt werden, ist das technische Niveau hoch.
"Die Entwicklung geht hier natürlich sehr schnell voran. Dass wir hier nie in vorderster Reihe mitspielen können, war uns von Haus aus bewusst. Es wäre Utopie anzunehmen, dass wir hier mit den vorderen CRT-Teams auf Anhieb mitfahren könnten. Für uns ist es dennoch ein sehr interessantes Betätigungsfeld", so Bauer. "Unser Ziel ist es, uns so gut wie möglich im Vergleich zu den anderen Teams schlagen zu können."
"Ich glaube, wenn wir uns gut aufstellen, dann können wir das nächstes Jahr - unabhängig ob es jetzt CRT oder Open heißt. Die Motorräder bleiben gleich. Es wird noch viele Teams geben, die diese Motorräder einsetzen werden. Du kannst nicht das gesamte Feld mit Production-Racern auffüllen, weil der finanzielle Hintergrund nicht da ist. Das heißt, es wird im nächsten Jahr knapp die Hälfte des Feldes mit ähnlichen Motorrädern unterwegs sein, wie unseres ist. Natürlich wird es weitere Evolutionsstufen geben, wofür es für uns immer schwieriger wird zu Bestehen. Wir sind nicht hierhergekommen, um alle zu schlagen. Wir wollen uns auf Augenhöhe messen."
Bauer fasziniert die Technik
"Das ist uns im Endeffekt in Brünn gelungen. Wir haben den Anschluss geschafft und versuchen jetzt noch einmal Erfahrung zu sammeln, damit wir im nächsten Jahr noch eines draufsetzen. Das ist der Plan." Mit 37 Jahren zählt Bauer nicht zu den aufstrebenden Talenten. Dennoch genießt der Österreicher die Auftritte in der Königsklasse, denn die ausgefeilte Technik ist eine besondere Herausforderung.

© Remus Racing Team
In Brünn kam Martin Bauer nach einem Sturz als 21. ins Ziel Zoom
"Es ist natürlich sehr schön, dass man gegen Ende der Karriere noch die Möglichkeit bekommt, das zu machen. Für mich war es nie vorrangig MotoGP zu fahren, sondern mich mit so einer Motorradtechnik beschäftigen zu können. In anderen Klassen hat man die Möglichkeit nicht, solche Motorräder einzusetzen. Das macht es für mich von der technischen Seite sehr interessant. Mein Ziel war es nicht, in der MotoGP mitzufahren."
"Wenn man mit diesen Motorrädern in anderen Serien fahren könnte, wäre es für mich genauso spannend. Für mich ist es nicht ausschlaggebend zu sagen: 'Ich fahre jetzt MotoGP.' Dafür mache ich das schon zu lange und weiß, dass ich nie ein etablierter Fahrer werde. Dafür bin ich zu alt. Ich mache mir da keine Illusionen. Es ist schön, dass man hier mitfahren konnte, aber ich konzentriere mich in erster Linie auf die Technik."
Einsätze positiv für österreichische Motorradszene
Speziell in der Alpenrepublik war das Echo auf die Premiere in Brünn groß. Endlich hatte auch Österreich einen MotoGP-Fahrer - so der Tenor. Die Aufmerksamkeit erzeugte allerdings auch eine Schattenseite. "Auf der einen Seite ist es sehr schön, dass es so positiven Anklang findet, denn der Motorradsport in Österreich wird in den Medien kaum beachtet. Es ist generell so, dass der Motorradsport in Österreich unter den Tisch gekehrt wurde", weiß Bauer aus langjähriger Erfahrung.
"Umso schöner ist es, dass dadurch für die ganze Motorradszene ein Aufschwung entstanden ist. Wobei ich es etwas zwiegespalten sehe. Auf der einen Seite ist die Aufmerksamkeit schön, aber die Erwartungshaltung ist dadurch irrsinnig hoch geworden. Da es medial so aufgeblasen wurde, wurde erwartet, dass wir gleich auf Augenhöhe mitkämpfen können. Dass es nicht möglich sein wird, war für die Insider klar. Für die breite Masse, die man durch die gesteigerte mediale Aufmerksamkeit auch erreicht hat, ist es nicht so gut rübergekommen. Für uns ist es deshalb ein zweischneidiges Schwert."

