• 09.09.2023 19:55

  • von Fritzsche, Co-Autoren: Casanova, Nugnes

Bagnaia, Pedrosa, Binder schildern Dreikampf um P3 im Misano-Sprint

Für "Pecco" Bagnaia war P3 sechs Tage nach Barcelona-Drama wichtig - Dani Pedrosa weiß jetzt Rossis Erfolge mit 38 zu schätzen - Brad Binder staunt über Pedrosa

(Motorsport-Total.com) - Hinter Jorge Martin, der im MotoGP-Sprint am Samstag in Misano einen Start/Ziel-Sieg eingefahren hat, belegte Marco Bezzecchi den zweiten Platz. Dahinter gab es in der Schlussphase einen Dreikampf um die letzte Top-3-Platzierung (ein Podium gibt es nach Sprints nicht).

Titel-Bild zur News: Francesco Bagnaia, Dani Pedrosa, Brad Binder

Francesco Bagnaia, Dani Pedrosa, Brad Binder kämpften um den dritten Platz Zoom

Die Protagonisten waren WM-Spitzenreiter Francesco Bagnaia auf der an diesem Wochenende einzigen Ducati des Werksteams, KTMs Test- und Entwicklungsfahrer Dani Pedrosa, sowie KTM-Stammpilot Brad Binder. In dieser Reihenfolge ging es ins Ziel, aber es war eng.

Bagnaia freut sich über seinen dritten Platz gleich aus mehreren Gründen. Zum einen hätte er nur sechs Tage nach seinem heftigen Barcelona-Highsider nicht damit gerechnet, in der Schlussphase mit Pedrosa und Binder direkt im Nacken schon gar nicht. Zum anderen hat er damit in der WM nur fünf Punkte auf Martin und nur zwei Punkte auf Bezzecchi eingebüßt.

Über seinen hartnäckigen Verfolger Pedrosa sagt Bagnaia nach dem Sprint: "Er hat stark gepusht. Ich konnte ihn schon hören."

Bagnaia hält sich mit Spätbremsmanöver knapp vor Pedrosa

Eingangs der letzten Runde musste der Ducati-Pilot Bagnaia alle Register ziehen, um KTM-Testfahrer Pedrosa hinter sich zu lassen. "Das Bremsmanöver, das ich in Kurve 1 der letzten Runde gesetzt habe, nachdem er mit seinem Vorderrad schon kurz vor mir war, das war mit Sicherheit eines meiner aggressivsten überhaupt", gibt Bagnaia zu.

Francesco Bagnaia

"Pecco" Bagnaia: Sechs Tage nach dem Krankenhaus direkt wieder in die Top 3 Zoom

Die Entschlossenheit des amtierenden MotoGP-Weltmeisters und aktuellem Tabellenführers siegte letztlich über die Schmerzen aus Barcelona. "Es war einfach zu wichtig, sich hier mit einer Top-3-Platzierung zurückzumelden, nach dem was in Barcelona passiert ist", sagt er.

"Jetzt bin ich wirklich geschafft. Ich brauche jetzt ein wenig Ruhe, aber ich bin stolz auf das Ergebnis, wenn man bedenkt, wo ich vor sechs Tagen war", so Bagnaia, der am angesprochenen Sonntag das Krankenhaus in Barcelona aufsuchen musste. Mit Blick auf den Grand Prix am Sonntag in Misano merkt "Pecco" aber an, dass er dann "stärkere Schmerzmittel" braucht, um die Distanz durchstehen zu können.

Pedrosa studiert Bagnaia auf der Ducati: "Viel gelernt" für KTM

Dani Pedrosa, der die gesamte 13-Runden-Distanz an vierter Stelle geführt wurde, hat die Top 3 letztlich um gerade mal 0,190 Sekunden verpasst. Dabei hielt er sich seinerseits ganz knapp (0,159 Sekunden) vor Brad Binder. Im Unterschied zum Südafrikaner saß der Spanier bei seinem zweiten Wildcard-Einsatz 2023 auf der brandneuen KTM RC16 mit Carbon-Chassis. Mit der hätte er die Top 3 gerne erreicht, aber sein Manöver gegen Bagnaia war ihm am Schluss zu riskant.

Dani Pedrosa

Dani Pedrosa fuhr mit der neuen KTM mit Carbon-Rahmen auf P4 Zoom

"Ich hatte ihn ja direkt vor Augen, aber hat er sehr gut verteidigt. Er war innen und hat extrem spät gebremst. Da war für mich kein Platz", beschreibt Pedrosa das Duell in Kurve 1 der letzten Runde und weiter: "Ich bin heute viele Runden direkt hinter 'Pecco' hergefahren. Und obwohl er nicht in seiner besten Verfassung war, konnte ich seinen Fahrstil studieren. Ich konnte sehen, wie sein Motorrad funktioniert und wie er es fährt."

"Dabei", so Pedrosa weiter, "habe ich viel gelernt, wo wir uns im Vergleich mit Ducati einerseits noch ein bisschen verbessern können und wo wir anderseits schon jetzt richtig gut sind". Mit Blick auf seinen hinter ihm liegenden KTM-Kollegen merkt der Wildcard-Starter zur Szene in Kurve 1 der letzten Runde noch an: "Vielleicht hätte Binder mit seiner Aggressivität reingehalten und durchgezogen."

Pedrosa: Mit fast 38 weiß er die Erfolge von Rossi zu schätzen

"Ich aber bin auch so sehr zufrieden. Ob wir das morgen im langen Rennen wiederholen können, weiß ich nicht. Wir werden es auf jeden Fall versuchen", so Pedrosa. Der Spanier hat nun, da er bei zwei Wildcard-Einsätzen in diesem Jahr in beiden Sprints in die Top 6 gefahren ist, eine andere Wertschätzung gegenüber seinen einstigen MotoGP-Rivalen.

"Wenn ich heute daran denke, wie Valentino Rossi mit 38 seinen letzten Sieg eingefahren hat oder auch Loris Capirossi in diesem Alter noch konkurrenzfähig war, dann muss ich sagen, dass ich es damals nicht genug wertgeschätzt habe, wie sie in diesem Alter noch in der Lage waren, Rennen zu gewinnen", sagt Pedrosa, der in knapp drei Wochen selber 38 Jahre alt wird.

Dani Pedrosa

Dani Pedrosa: Ein paar graue Haare, aber schnell wie eh und je Zoom

"Jetzt, da ich selber diese Jahre auf dem Buckel habe und ich wieder fahre und in der Spitzengruppe gegen die jungen Leute kämpfe, jetzt verstehe ich, dass das Racing auf höchstem Niveau in diesem Alter viel schwieriger ist als in jungen Jahren. Deshalb weiß ich es jetzt zu schätzen, was Valentino oder Loris geleistet haben", erklärt Pedrosa.

Binder mit Aufholjagd nach drei Berührungen in vier Kurven

Hinter Bagnaia und Pedrosa war es für Binder auf dem Weg zu Platz fünf eine Aufholjagd. "Ich hatte den schlechtesten Start meines Lebens und wurde dann in Kurve 1, in Kurve 3 und auch noch in Kurve 4 angerempelt", sagt er in Erinnerung an die Startphase und merkt an: "Das war also nicht gerade eine erste Runde aus dem Bilderbuch."

Gestartet war Binder von P7. Aber in Kurve 1 war es Aleix Espargaro, in Kurve 3 war es Marc Marquez und in Kurve 4 war es Miguel Oliveira, die Kontakt mit der KTM mit der Startnummer 33 hatten. Aus der ersten Runde kam Binder nur als Neunter zurück, gab aber wie gewohnt nicht auf.

Brad Binder

Brad Binder musste nach alles andere als optimaler erster Runde aufholen Zoom

Ende der zweiten Runde war Binder schon wieder Sechster, nachdem er Marc Marquez, Aleix Espargaro und auch Luca Marini überholt hatte. "Nachdem ich an den Jungs mal vorbei war, lief es eigentlich ganz gut. Ich hatte eine gute Pace", berichtet der KTM-Stammfahrer, der bei Halbzeit der Distanz noch an Maverick Vinales vorbeiging.

Binder staunt über Pedrosa: "Sah aus wie 80 Prozent"

In der Schlussphase fand Binder dann Anschluss an Pedrosa, der direkt hinter Bagnaia fuhr. An der Ducati vorbei kam aber keiner der beiden KTM-Piloten. Im Gegenteil: Am Ende der Gegengerade der letzten Runde "wäre ich Dani beinahe noch hinten drauf gefahren, weil er einen Rutscher hatte", berichtet Binder.

Dani Pedrosa, Brad Binder

In der letzten Runde wären Pedrosa und Binder fast noch kollidiert Zoom

So gingen Bagnaia, Pedrosa, Binder im Abstand von weniger als einer halben Sekunde als Dritter, Vierter, Fünfter ins Ziel. Aber nachdem er die letzten Runden hinter der KTM mit Carbon-Chassis verbracht hat, merkt Binder mit einem Staunen noch an: "So wie Dani gefahren ist, sah es aus als würde er mit 80 Prozent fahren. Er war wirklich beeindruckend."

Am Sonntag wird es für Pedrosa, dessen Vollzeitkarriere in der Motorrad-WM nach der MotoGP-Saison 2018 zu Ende ging, der insgesamt 298. Grand Prix. Damit überholt er in der Bestenliste der routiniertesten Piloten den derzeit auf Rang sieben liegenden Jorge Lorenzo (297 Grands Prix).