Texas: Wilson der Star im "Lone Star State"

Justin Wilson (Coyne-Honda) triumphiert auf dem Texas Motor Speedway - Graham Rahal wirft den Sieg weg - Trouble für die Favoriten von Penske und Ganassi

(Motorsport-Total.com) - Justin Wilson (Coyne-Honda) holte sich im Firestone 550 auf Texas Motor Speedway in Fort Worth seinen ersten Saisonsieg und den ersten auf einem Oval überhaupt. Der Brite übernahm zwei Runden vor Schluss die Führung von Graham Rahal (Ganassi-Honda), nachdem dieser sein Auto in Führung liegend in die Mauer gesetzt hatte.

Titel-Bild zur News: Justin Wilson

Justin Wilson brachte seinen ersten Ovalsieg unter Dach und Fach

"Unglaublich", freute sich Wilson nach seinem überraschenden Triumph in der Victory Lane. "Unser Auto war vor allem auf den Longruns extrem stark", so der von Platz 17 gestartete Brite, für den es der erste Triumph seit Watkins Glen 2009 und der zweite in Diensten von Dale Coyne Racing war. Zusammen mit seinen vier ChampCar-Siegen zwischen 2005 und 2007 war es für Wilson der insgesamt siebte Sieg im US-Open-Wheel-Racing.

Das entscheidende Überholmanöver setzte Wilson zwei Runden vor Schluss auf der Gegengeraden. Der zu diesem Zeitpunkt in Führung liegende Graham Rahal schien seinen zweiten IndyCar-Sieg nach St. Petersburg 2008 schon vor Augen zu haben, als er mit seinem Dallara-Honda des Ganassi-B-Teams in Turn 4 der drittletzten Runde die Mauer streifte. "Ich sah, wie er vor mir mit seinem Auto zu kämpfen hatte", so Wilson. "Als er in die Mauer fuhr, sagte ich mir: Jetzt ist mein Zeitpunkt gekommen."


Die Highlights aus Fort Worth

Rahal rettete immerhin noch Platz zwei ins Ziel, war angesichts des weggeworfenen Sieges aber bitter enttäuscht. "Ich habe es einfach vermasselt. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen, außer das es enttäuschend ist, denn wir hatten dieses Rennen im Sack", so der Sohn des dreifachen IndyCar-Champions Bobby Rahal. Penske-Pilot Ryan Briscoe kam nach 228 Runden als Dritter ins Ziel und war zufrieden. "Ich kann mich nicht beschweren", so der Australier.

Will Power und Graham Rahal werfen Sieg weg

Graham Rahal, Justin Wilson

Graham Rahal (38) war in der Mauer und musste Justin Wilson passieren lassen Zoom

Briscoes Penske-Teamkollege Will Power sah die Zielflagge mit einer Runde Rückstand nur als Achter. Dabei hätte sich auch der Australier genau wie Graham Rahal und dessen Ganassi-Markenkollege Scott Dixon als Sieger feiern lassen können. Dixon jedoch krachte 54 Runden vor Schluss nach langer Führung auf Platz zwei liegend in die Mauer. Power wurde beim anschließenden Restart ein aggressives Verteidigungsmanöver zum Verhängnis: Der erwiesene Straßenkursspezialist hatte vier Runden vor Dixons Abflug erstmals die Führung im Rennen übernommen und lag beim Restart Seite an Seite mit Teamkollege Briscoe.

Hinter dem Penske-Duo schickte sich Tony Kanaan (KV-Chevrolet; 11.) an, auf der Gegengeraden eine dritte Spur aufzumachen und Power auf der Innenseite zu kassieren. Der Australier zog energisch in die Spur von Kanaan - ein kontroverses Manöver, das der Brasilianer mit einem beschädigten Frontflügel und anschließendem Reparaturstopp unter Renntempo bezahlte. "Das war überhaupt nicht cool", schäumte der sonst so positiv gestimmte KV-Pilot. "Will redet die ganze Zeit über Sicherheit, aber dieser Move war für mich einfach inakzeptabel."

Power kam bei der Kollision zunächst ungeschoren davon, musste wenige Runden später aber eine Drive-Through-Penalty wegen Blockens absitzen und verlor damit seinerseits jegliche Chance auf den Sieg. Im Ziel entschuldigte sich der Penske-Pilot umgehend für sein Manöver: "Ich hatte Briscoe rechts neben mir und wurde von Tony überrascht. Es tut mir leid für ihn."

Veränderte Aerodynamik hat sich bewährt

Alex Tagliani

Die Piloten zeigten sich vom Renngeschehen in Fort Worth angetan Zoom

Mit Blick auf den Rennverlauf hielt Power fest: "Das war das beste Racing, das ich jemals in einem Oval erlebt habe. Du musstest lupfen und richtig Auto fahren. Das hat Spaß gemacht. Wir hätten das Rennen spielend gewinnen können, aber das muss ich auf meine Kappe nehmen. Ich verbuche es unter Erfahrung." Ein am Freitag nochmals korrigiertes Aerodynamik-Paket am Dallara DW12 sorgte auf dem 1,5-Meilen-Oval für spannende Zweikämpfe, das gefürchtete Pack-Racing im Stil von Las Vegas 2011 blieb aber wie gewünscht aus.

Am vergangenen Wochenende in Detroit hatten sich die IndyCar-Piloten darauf verständigt, die Abtriebswerte der Autos für das Texas-Wochenende zu reduzieren. Im ersten Freien Training und im Qualifying am Freitag erwies sich die am Heckflügel vorgenommene Veränderung nach Ansicht der Fahrer aber als zu viel des Guten. Daraufhin wurde für das Rennen der ursprünglich entfernte Gurney-Flap wieder an die Boliden geschraubt. "Das war ein guter Kompromiss", kommentierte IndyCar-Champion Dario Franchitti im Vorfeld des Rennens.

Ganassi-Duo steht mit leeren Händen da

Im Rennen selbst hatte Franchitti schon nach wenigen Runden mit massiven Handlingsproblemen zu kämpfen. Nach einem unplanmäßigen Boxenstopp unter Grün in Runde 20 kam der Schotte nur 20 Runden später erneut bei seiner Crew vorbei, um einen Stabilisator im Heck seines Boliden wechseln zu lassen. Mit zwei Runden Rückstand ging der Indy-500-Sieger wieder auf die Strecke, verlor im weiteren Rennverlauf eine weitere Runde und kam schließlich nur als 14. ins Ziel.

Scott Dixon

Ganassi-Pilot Scott Dixon hatte das Firestone 550 bis zu seinem Crash im Griff Zoom

Der aus Reihe zwei gestartete Ganassi-Teamkollege Scott Dixon übernahm in Runde 20 die Führung von Polesetter Alex Tagliani (Herta-Honda; 9.) und drückte dem Rennen klar seinen Stempel auf. Gut 50 Runden vor Schluss war es für den lange Zeit führenden Neuseeländer mit der Herrlichkeit vorbei. Vier Umläufe nachdem ihm Will Power die Führung abgejagt hatte, stopfte Dixon seinen Boliden in Turn 4 mit dem Heck voran in die Mauer.

Im Windschatten des zur Überrundung anstehenden James Jakes (Coyne-Honda; 10.) war Dixon mit den linken Rädern auf den Apron gekommen und konnte den Wagen daraufhin nicht mehr halten. "Mein Fehler, ich habe das Auto einfach verloren", so der Ganassi-Pilot, der hinzufügte, dass sich "die Balance im Verlauf eines Stints von frischen hin zu abgefahrenen Reifen massiv verändert" habe. Angesichts der doppelten Pleite des Ganassi-Teams war es für Penske-Pilot Will Power doppelt bitter, dass er die seltene Gelegenheit eines Ovalsieges nicht nutzen konnte und nach seiner Drive-Through-Penalty nur auf Platz acht einlief.

Freud und Leid bei Penske und Andretti

Während Chip Ganassi abgesehen vom letztlich bitteren zweiten Platz von Graham Rahal nichts zu lachen hatte, brachte Roger Penske immerhin alle seine drei Autos in die Top 10. Ryan Briscoe holte als Dritter die Kohlen für den "Captain" und Chevrolet aus dem Feuer, konnte den Honda-Doppelsieg durch Justin Wilson und Graham Rahal aber nicht verhindern. Briscoes Teamkollege Helio Castroneves kam nach einer in der Boxengasse stattgefundenen Kollision mit Josef Newgarden (Fisher-Honda; 13.) auf Platz sieben direkt vor Will Power im dritten Penske-Chevy ins Ziel.

James Hinchcliffe

James Hinchcliffe war einmal mehr bester Vertreter des Andretti-Teams Zoom

Auch das zweite Chevrolet-Topteam, die Mannschaft von Michael Andretti, brachte nur ein Auto in die Top 5. James Hinchcliffe sah die Zielflagge als Vierter, nachdem er aufgrund nachlassender Reifen eine abweichende Boxenstoppstrategie an den Tag legen musste. Ryan Hunter-Reay und Marco Andretti mussten das Rennen mit technischen Problemen vorzeitig beenden.

So beendete J.R. Hildebrand das Firestone 550 auf Platz fünf. Nach seinem völlig in den Sand gesetzten Quali-Run am Freitag zeigte der Youngster in Diensten des Panther-Teams vom Ende des Feldes kommend ein starkes Rennen. Gleiches gilt für Rookie Simon Pagenaud (Schmidt-Honda), der bei seinem ersten Auftritt auf dem Texas Motor Speedway Sechster wurde und das obwohl er zwischenzeitlich eine Runde zurücklag, nachdem er aufgrund einer Kollision mit dem späteren Sieger Justin Wilson in der Boxengasse eine Drive-Through-Strafe antreten musste.

Ausfälle für Sato, Barrichello und de Silvestro

Indy-Tollpatsch Takuma Sato sah die Zielflagge auch im zweiten Ovalrennen der Saison nicht. Der Japaner setzte seinen Rahal-Honda in Runde 65 auf der Gegengeraden an die innere Begrenzungsmauer und löste damit die zweite von vier Gelbphasen aus. "Das Auto war auf der Hinterachse unglaublich nervös. Ich habe es einfach aus der Kontrolle verloren", kommentierte Sato enttäuscht.

Rubens Barrichello (KV-Chevrolet) und Simona de Silvestro (HVM-Lotus) konnten das Rennen gar nicht erst aufnehmen. Der Brasilianer und die Schweizerin mussten aufgrund von technischen Problemen an ihren Boliden tatenlos zusehen wie ihre 23 Kollegen die Grüne Flagge sahen.


Fotos: IndyCars in Texas


Weiter geht es für die IndyCar-Piloten bereits am kommenden Samstag auf der altehrwürdigen Milwaukee Mile. Penske-Pilot Will Power kommt mit 36 Punkten Vorsprung auf Ganassi-Pilot Scott Dixon als Tabellenführer auf das Ein-Meilen-Oval im US-Bundesstaat Wisconsin und wird versuchen, seinen Texas-Patzer wettzumachen.