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Wahnsinn in Sonoma: Scott Dixon ist IndyCar-Champion 2015!

Scott Dixon holt sich im dramatischen IndyCar-Showdown in Sonoma den Sieg und den Titel - Montoya kollidiert mit Power und wird punktgleich mit Dixon nur Vize

(Motorsport-Total.com) - Die IndyCar-Saison 2015 ist mit einem Wahnsinnsfinale in Sonoma zu Ende gegangen. Sechs Fahrer gingen mit Titelchancen an den Start. Nachdem Juan Pablo Montoya seit dem ersten Rennen der Saison die Gesamtwertung ununterbrochen angeführt hatte, wurde er beim Finale, bei dem es doppelte Punkte gab, tatsächlich noch abgefangen. Der IndyCar-Champion 2015 heißt Scott Dixon. Der Ganassi-Pilot fuhr im dramatischen Saisonfinale zum Sieg, während Penske-Pilot Montoya nach einer Kollision mit Teamkollege Will Power nur Sechster wurde.

Titel-Bild zur News: Scott Dixon

Sieg in Sonoma und vierter IndyCar-Titel für Scott Dixon (Ganassi-Chevrolet) Zoom

Der Sieg allein hätte Dixon in dieser Konstellation nicht zum Titel gereicht. Weil er sich aber auch die zwei Bonuspunkte für die meisten Führungsrunden abholte, haben nach 16 Saisonrennen sowohl er als auch Montoya 556 Punkte. Den Ausschlag zu Gunsten des Ganassi-Piloten gab schließlich die höhere Anzahl der Saisonsiege. Der Sonoma-Triumph war Dixons dritter Saisonsieg - einer mehr als Montoya vorweisen kann.

"Ich weiß nicht, was ich sagen soll", so Dixons erster Kommentar als nun viermaliger IndyCar-Champion. "Wir hatten in dieser Saison gute Rennen und das Team hat wieder einmal hervorragende Arbeit abgeliefert. Dennoch lagen wir weit zurück. Ich kann es gar nicht glauben. Verdammt, ich kann es einfach nicht glauben!"

Im Verlauf des Rennens durften sich zwischenzeitlich auch Will Power und Graham Rahal zumindest dezente Hoffnungen auf den Titel machen. Unterdessen lief für Helio Castroneves und Josef Newgarden beim Finale nicht viel nach Plan. Als beim Restart nach der ersten Gelbphase ausgerechnet die beiden Penske-Teamkollegen Montoya und Power kollidierten, schlug das Zepter im Titelkampf erstmals in Richtung Dixon aus. Der Neuseeländer in Diensten von Chip Ganassi Racing musste aber bis zum Schluss zittern, um seinen vierten IndyCar-Titel tatsächlich unter Dach und Fach zu bringen.

Power gewinnt den Start - frühe Probleme für Castroneves

Bevor die 25 IndyCar-Piloten zum letzten Mal in dieser Saison ins Rennen gingen, wurde dem am vergangenen Montag verstorbenen Justin Wilson gedacht. Zu Ehren des Briten gab es vor dem Starten der Motoren eine Schweigeminute. Zudem wurde neben der US-amerikanischen auch die britische Nationalhymne vorgetragen.

Beim Start nutzte Will Power seine Pole-Position optimal und führte das Feld vor Josef Newgarden durch die tückische, bergauf führende Passage der Kurven 1 bis 4. Auch der von Position fünf losgefahrene Juan Pablo Montoya erwischte einen perfekten Start, ging sofort an Scott Dixon vorbei und lag hinter Ryan Hunter-Reay an vierter Stelle.

Start zum IndyCar-Saisonfinale 2015 in Sonoma

Polesetter Will Power hatte das Geschehen bis zum ersten Boxenstopp im Griff Zoom

Derweil büßte der neben Montoya aus der dritten Startreihe losgefahrene Graham Rahal im Verlauf der ersten Runde mehrere Positionen ein. Nach Beinahe-Kollisionen mit Dixon, Marco Andretti und Tony Kanaan wurde der als Hauptrivale von Montoya im Kampf um den Titel angetretene Rahal-Pilot nach der ersten Runde nur als Neunter notiert.

Noch schlechter lief es indes für Helio Castroneves - neben Montoya, Rahal, Dixon, Power und Newgarden der sechste mit Titelchancen ins Rennen gegangene Fahrer. Der "Spiderman" musste nach einer frühen Kollision schon in Runde vier unter Grün an die Box kommen, um sich einen neuen Frontflügel abzuholen. Damit war Castroneves, dessen Titelchancen ohnehin denkbar gering waren, früh aus dem Kampf um den Titel draußen.

Die Runde der ersten Routinestopps wurde in Runde 13 durch den auf Platz fünf liegenden Dixon eröffnet. Eine Runde später kamen auch die auf den Plätzen eins und zwei liegenden Power und Newgarden zum Service. Während bei Power alles nach Plan lief, wurde Newgarden beim Herausfahren ausgerechnet von Powers Penske-Teamkollege Simon Pagenaud aufgehalten.


Fotos: IndyCar-Saisonfinale in Sonoma


Pagenaud hatte bei der Anfahrt zu seiner Crew gezögert, weil er zunächst Power herausfahren lassen wollte. Trotz des Zeitverlusts reihte sich Newgarden direkt hinter Power wieder ins Rennen ein. Unterdessen kündigte die Rennleitung eine Untersuchung des Zwischenfalls für nach dem Rennen an.

Zwei Umläufe nach dem strittigen Manöver von Pagenaud kam auch Montoya zum Stopp und dieser klappte problemlos. Nachdem alle Titelkandidaten inklusive Rahal ihren ersten Stopp hinter sich hatten und auch die länger draußen gebliebenen Sebastian Saavedra, Marco Andretti und Oriol Servia an der Box waren, führte Power wieder vor Newgarden, gefolgt von Dixon, Hunter-Reay und Montoya.

Simon Pagenaud und Will Power

Simon Pagenaud wartete beim ersten Stopp großzügig auf Penske-Kollege Will Power Zoom

Derweil kämpfte Rahal auf Platz sieben hinter Kanaan liegend mit Übersteuern. Als Kanaan kurz darauf zum zweiten Mal an die Box kam, lagen fünf der sechs Titelkandidaten in den Top 6. Lediglich Castroneves wurde nach seinem frühen Wechsel des Frontflügels abgeschlagen auf Platz 18 notiert.

Kollision der Penske-Teamkollegen Montoya und Power

In Runde 33 die erste Gelbphase. Grund: Luca Filippi rollte langsam um die Strecke, weil es Probleme mit der Gasannahme gab. Die Spitzengruppe kam unter Gelb geschlossen zum zweiten Boxenstopp. Dabei brillierte Dixons Ganassi-Crew, indem sie ihren Fahrer von Platz drei auf Platz eins brachte. Der Neuseeländer ging vor Power, Newgarden, Montoya und Rahal wieder ins Rennen.

Während die Topfavoriten im Kampf um den Titel an der Box waren, blieben Sebastian Saavedra, Marco Andretti, Oriol Servia, Tony Kanaan, Sebastien Bourdais, Helio Castroneves, Takuma Sato, Simon Pagenaud, James Jakes, Carlos Munoz, Gabby Chaves und Tristan Vautier auf der Strecke. Somit wurde der erste Restart des Rennens mit Saavedra und Andretti in Reihe eins unter die Räder genommen.

Juan Pablo Montoya

Juan Pablo Montoya erwischte in Runde 39 das Heck von Penske-Kollege Will Power Zoom

Für die Titelkandidaten wurde es im Gedränge des Mittelfelds nun so richtig eng. Josef Newgarden ging an Will Power vorbei, woraufhin dieser sich in Kurve 5, im Bemühen einen Konter zu setzten, verbremste. Unmittelbar darauf zog Power wieder auf die Rennlinie. Der nachfolgende Juan Pablo Montoya wurde von Powers Manöver überrascht und schickte seinen Teamkollegen in einen Dreher. Es war ein Rennunfall, der für beide, allen voran aber für Montoya, nachhaltige Konsequenzen haben sollte.

Montoya musste zur Reparatur des Frontflügels an die Box kommen. Power kam ebenfalls zum Service, ließ aber genau wie der zum dritten Mal stoppende Castroneves nur frische Reifen aufziehen und nachtanken. So fanden sich Montoya und Power beim folgenden Restart auf einmal auf den Positionen 23 und 24 wieder. Virtuell betrug Montoyas Führung in der Meisterschaft zu diesem Zeitpunkt noch zehn Punkte auf Rahal.

Dixon bei Rennmitte erstmals virtueller Tabellenführer

Während Saavedra auch beim zweiten Restart seine Führung zunächst gegenüber Andretti und Kanaan verteidigte, schob sich Dixon von Position neun auf acht nach vorn. Newgarden und Rahal wurden auf den Positionen zehn und elf notiert, während die drei Titelkandidaten von Team Penske in der Reihenfolge Castroneves, Montoya und Power nur 19., 23. und 24. waren.

Als in den Runden 48 bis 52 die zuvor draußen gebliebenen Piloten zum Boxenstopp unter Grün hereinkamen, kippte die Situation im Titelkampf. Scott Dixon, der nun vor Josef Newgarden und Graham Rahal in Führung lag, war plötzlich neuer Tabellenführer. Auf Verfolger Newgarden fuhr der Ganassi-Pilot schnell einen Vorsprung von fünf Sekunden heraus und begann anschließend, Sprit zu sparen.

Scott Dixon

Kurz nach Rennhalbzeit wurde Scott Dixon erstmals 2015 als Tabellenführer geführt Zoom

Derweil beharkten sich im Hinterfeld Dixons Ganassi-Teamkollegen Sebastian Saavedra und Tony Kanaan mit den Penske-Boys Juan Pablo Montoya und Will Power. Kanaan machte sich vor Power breit, während Saavedra von hinten drückte. Wenige Runden später hatte Kanaan das Heck von Montoya gewonnen.

In der Schikane wäre es um ein Haar zur Kollision zwischen Kanaan und Montoya gekommen, doch der Brasilianer wich durch den Dreck aus und vermied damit, den Kolumbianer in einen Dreher zu schicken. Unterdessen kämpfte Graham Rahal auf Platz sechs liegend weiterhin mit dem Handling seines Honda-befeuerten Boliden und ritt auch ohne in ein Duell verstrickt zu sein durch den Dreck.

Gelbphase sorgt für Konfusion

Nahezu gleichzeitig musste Josef Newgarden seine (geringen) Titelhoffnungen endgültig begraben. Beim Boxenstopp in Runde 61 würgte er als Zweiter hereinkommend zunächst seinen CFH-Chevy ab. Der ließ sich nicht gleich wieder starten. Zudem züngelten Flammen aus dem Seitenkasten. Als der Motor endlich wieder ansprang, konnte Newgarden das Rennen erst mit einer Runde Rückstand wieder aufnehmen und wurde unterm Strich nur 21.

Während Newgardens letzte Titelträume zerplatzen, legte Spitzenreiter Scott Dixon unter Grün seinen letzten Boxenstopp ein. Auch die Konkurrenten Graham Rahal und Juan Pablo Montoya waren zu diesem Zeitpunkt zum letzten Mal beim Service. Gleiches gilt für die um die "goldene Ananas" fahrenden Andretti-Piloten Ryan Hunter-Reay und Marco Andretti. Nach den Stopps führte Dixon vor Kanaan, Castroneves, Saavedra und Power, doch der Titel war für den Neuseeländer noch lange nicht gewonnen.

Josef Newgarden

Feuer beim letzten Boxenstopp von Josef Newgarden und am Ende nur Platz 21 Zoom

In Runde 65 brachte James Jakes mit einem Abflug in der Schikane die zweite Gelbphase heraus. Kurz zuvor hatte der Brite, der beim Einschlag in die Reifenstapel unverletzt blieb, über Bremsprobleme geklagt. Unmittelbar nach Jakes' Abflug kamen auch die Fahrer an die Box, die ihren letzten Stopp noch vor sich hatten. Dass die Boxengasse zu diesem Zeitpunkt bereits geöffnet war, wurde später in Frage gestellt. Beim Restart mit noch 16 zu fahrenden Runden verteidigte Dixon die Spitze, während Jack Hawksworth in Kurve 7 Carlos Munoz umdrehte - wieder Gelb.

Der letzte Restart wurde mit zwölf zu fahrenden Runden unter die Räder genommen. Dixon führte nun vor Andretti-Speerspitze Hunter-Reay und seinen beiden Ganassi-Teamkollegen Charlie Kimball und Tony Kanaan. Juan Pablo Montoya lag hinter Ryan Briscoe, Graham Rahal und Sebastien Bourdais auf Platz acht. Weil sich Dixon in dieser Phase die zwei Bonuspunkte für die meisten Führungsrunden holte und klar auf Siegkurs lag, war klar, dass Montoya für den Titelgewinn Fünfter werden musste. Das Problem: Die direkt vor ihm fahrenden Briscoe, Rahal und Bourdais hatten allesamt die weiche Reifenmischung (Reds) drauf, während der Kolumbianer im letzten Stint mit harten Blacks unterwegs war.

Montoyas Aufholjagd reicht gerade so nicht zum Titel

Neun Runden vor Schluss schenkte Bourdais Montoya zunächst eine und kurz darauf eine weitere Position. Der Franzose in Diensten von KV Racing drehte Rahal in Kurve 7 um. Montoya kam außen herum gerade so am gestrandeten Titelrivalen vorbei und war Siebter. Drei Runden später musste Bourdais aufgrund des "vermeidbaren Kontakts" mit Rahal zu einer Durchfahrtsstrafe in die Boxengasse abbiegen. Montoya war nun Sechster und versuchte alles, den vor ihm liegenden Briscoe noch einzuholen.

Juan Pablo Montoya

JPM hätte für den Titelgewinn Fünfter werden müssen, er wurde Sechster Zoom

Fünf Runden vor Schluss lag Montoya noch 3,4 Sekunden hinter Briscoe zurück, einen Umlauf später nur noch 2,5 Sekunden. Eine weitere Runde später betrug der Abstand nur noch 2,1 Sekunden. Montoya holte weiter auf und nahm die Weiße Flagge für die letzte Runde mit nur noch 1,5 Sekunden Rückstand auf Briscoe unter die Räder. Der Australier gab sich keine Blöße und brachte mit einem Vorsprung von 1,2 Sekunden Platz fünf über die Linie. Während Scott Dixon bereits als Sieger im Ziel war, stand im Moment, als Montoya hinter Hunter-Reay, Kimball, Kanaan und Briscoe nur als Sechster abgewinkt wurde, auch fest, dass Dixon den Titel dank eines Saisonsieges mehr gegenüber Montoya gewonnen hat.

Der Auslöser, dass sich Montoya in Sonoma überhaupt von hinten nach vorn arbeiten musste, war die Kollision mit Teamkollege Power eine halbe Runde nach dem ersten Restart. Den Verlust des Titels führt der Kolumbianer, der seit Saisonbeginn an der Spitze der Tabelle lag, aber nicht auf dieses Manöver zurück. "Es spielt keine Rolle, was heute im Rennen passiert ist. Wir haben den Titel weggeworfen, denn wir hatten ein konkurrenzfähiges Auto. Wir lagen bis hierher während der gesamten Saison an der Tabellenspitze. Wir hatten ein schlechtes Rennen, bei diesem gab es doppelte Punkte und dadurch haben wir den Titel verloren", so Montoyas erste Stellungnahme mit Moment der Enttäuschung.


Fotostrecke: Alle IndyCar-Sieger 2015

Frust bei Power und Rahal

Will Power, der direkt hinter seinem Teamkollege als Siebter ins Ziel kam, meint zur Penske-internen Kollision: "Für Juan tut es mir leid. Josef zog nach innen. Juan berührte mich am Heck und beschädigte sich dabei leider den Frontflügel. Mann, die ganze Sache wurde durch Gelbphasen entscheiden. Was soll man dazu sagen?" Angesprochen auf die Tatsache, dass die Boxengasse während der zweiten Gelbphase geöffnet war, als sie eigentlich noch hätte geschlossen sein müssen, meint der Australier: "Die Meisterschaft sollte nicht von der Rennleitung, sondern vom Geschehen auf der Strecke entschieden werden."

Die beiden Penske-Stars Montoya und Power sind nicht die einzigen, die nach den dramatischen 85 Rennrunden in Sonoma Frust schieben. Auch der als Tabellenzweiter angereiste Graham Rahal zeigt sich nach Platz 18 alles andere als gut gelaunt. Grund ist das Manöver von Sebastien Bourdais neun Runden vor Schluss in Kurve 7. "Die Sache mit Bourdais hat uns auf Platz vier in der Meisterschaft zurückgeworfen. Wir hätten mehr verdient gehabt", so Rahal, der allerdings auch anmerkt: "Es sah schon früh im Rennen danach aus, dass Dixon die Sache schaukeln würde. Deshalb war ich heute nicht wirklich auf den Titel fixiert. Trotzdem war es eine großartige Saison."

Graham Rahal

Graham Rahal ist in der Meisterschaft noch von Rang zwei auf vier abgerutscht Zoom

Auch für den letztlich knapp am Titel vorbei geschrammten Juan Pablo Montoya war es nicht zuletzt dank des Sieges beim Indy 500 eine großartige Saison. Seinen Titel 1999 in der CART-Serie hatte der Kolumbianer im Tie-Breaker gegen Dario Franchitti dank der höheren Anzahl an Saisonsiegen gewonnen. 16 Jahre später hat er einen möglichen zweiten Titel genau auf diese Weise verloren. In der kommenden Saison werden Montoya, Rahal, Power, Castroneves, Newgarden und Co. wieder angreifen, während Dixon Jagd auf Titel Nummer fünf macht.