• 06.09.2007 14:37

  • von Marco Helgert

IndyCar-Showdown in Illinois

Drei Punkte trennen Dario Franchitti und Scott Dixon vor dem letzten Saisonrennen und auch Tony Kanaan möchte nicht unbeteiligt zusehen

(Motorsport-Total.com) - Besser hätte es auch ein Drehbuchautor aus Hollywood nicht machen können: Die Saison der IndyCar-Series neigt sich am Wochenende dem Ende entgegen und alles spricht für einen dramatischen Showdown. Nachdem Dario Franchitti nach seinem Triumph bei den Indianapolis 500 auch in der Gesamtwertung davonzog, sah alles nach einer sicheren Sache aus.

Titel-Bild zur News: Scott Dixon und Dario Franchitti

Dario Franchitti oder Scott Dixon? Am Sonntagabend wird es entschieden

Doch vor allem auf den Rundstrecken schmolz der Vorsprung des Andretti-Green-Piloten zusammen wie Eis in der Sonne. Nach dem Rennen in Sears Point zog die Hektik auch wieder bei AGR ein. Nicht nur, dass Franchitti seine Meisterschaftsführung an Ganassi-Fahrer Scott Dixon abtreten musste, eine teaminterne Kollision mit Marco Andretti brachte Unruhe.#w1#

In Detroit überkam die Bitterkeit beide Titelkontrahenten. Dixon wurde in eine Kollision mit Buddy Rice (Dreyer and Reinbold Racing) verwickelt und zog Franchitti gleich mit in den Abgrund. Doch damit wird das Saisonfinale auf dem Chicagoland Speedway nur noch spannender. Der Abstand zwischen beiden beträgt nur noch 3 Punkte (Franchitti 587, Dixon 584), vor allem aber hat auch Tony Kanaan (548) noch immer Titelchancen.

Dabei war es der Brasilianer, der seine eigenen Chancen bereits im drittletzten Rennen selbst zu Grabe trug, als er Franchitti in den Schlussrunden selbstlos nach hinten absicherte. Nachdem er in Detroit aber gewann, sind seine Chancen weiter intakt - wenn auch bei 39 Zählern Rückstand nicht gerade groß.

Titelkampf: 4 gegen 2

Alle Augen werden in Joliet daher auf Franchitti und Dixon gerichtet sein. Beide wollen den Titel und beide haben sowohl das Material als auch eine erfahrene Crew im Rücken, um das auch zu schaffen. Doch während Dixon nur auf die Hilfe seines Teamkollegen Dan Wheldon vertrauen kann, steht bei AGR eine ganze Armada zur Hilfe breit: Kanaan, Andretti und Danica Patrick.

Marco Andretti Dario Franchitti Tony Kanaan Danica Patrick

Patrick, Franchitti, Kanaan, Andretti - AGR kann strategisch "arbeiten" Zoom

Die Statistik der Vorjahre spricht keine eindeutige Sprache, doch wie eng Glück und Pech zusammenliegen können, zeigte das Vorjahr. Helio Castroneves reiste mit einem Punkte Vorsprung auf seinen Penske-Teamkollegen Sam Hornish Jun. zum letzten Rennen - und beendet das Jahr als Meisterschaftsdritter. Nicht nur Hornish Jun. zog vorbei, auch Wheldon.

Auch 2003 ging es eng zu, denn Dixon und Castroneves kamen punktgleich an der Spitze zum Saisonabschluss, Kanaan lag nur sieben Zähler dahinter. Dixon holte sich letztlich den Titel und die Tabelle wurde noch einmal durcheinandergewirbelt, denn Gil de Ferran kam von Rang fünf noch auf zwei nach vorn, Castroneves wurde Dritter. Ein Jahr zuvor reiste Hornish Jun. mit zehn Zählern Vorsprung zum letzten Akt und wurde nicht mehr verdrängt.

Kanaan auf 1,5-Meilen-Ovalen im Vorteil?

Interessanter ist da ein Blick auf die Erfolgsstatistiken der Meisterschaftsanwärter auf 1,5-Meilen-Ovalen - wie dem Chicagoland Speedway. Tony Kanaan konnte bereits vier dieser Rennen gewinnen - davon allein zwei in dieser Saison. Dixons einziger Sieg auf einem 1,5-Meilen-Oval liegt bereits vier Jahre zurück, während Franchitti auf solchen Kursen noch nie triumphieren konnte. Noch ein Vorteil Kanaan gefällig? In den vergangenen vier Rennen hieß der Sieger dreimal Kanaan!

Tony Kanaan

Tony Kanaan möchte sich aus dem Titelkampf nicht ausklammern Zoom

Auch der Brasilianer stellt sich vor dem Wochenende nicht selbst auf das Abstellgleis. "Ich war nie aus dem Meisterschaftsrennen raus und nun bin ich mittendrin", gibt er sich kämpferisch. "Natürlich wird es schwierig werden, aber ich möchte es gewinnen. Ich habe zu Dario gesagt: 'Chicago, ich komme!' Mal sehen, was passieren wird."

Dabei gäbe es sicher besser Orte für einen Saisonabschluss als die Strecke in Joliet. Für die Fans sei die Strecke schon gut, "aber nicht für uns", erklärte er. "Das ist Niemandsland, eine Ovalstrecke, ein Superspeedway, auf dem man nicht weiß, was passieren wird. Aber das mag ich, ich mag es, wenn es schwierig wird. Es reicht dort nicht, der beste Fahrer zu sein, man muss auch das beste Team, das beste Material und den besten Ingenieur haben."

Franchitti und Dixon im Fadenkreuz

Die Ausgangslage für Dixon ist entsprechend einfacher, er möchte einfach den gewonnenen Schwung der zweiten Saisonhälfte nutzen. "Die drei Siege in Folge (Watkins Glen, Nashville und Mid-Ohio; Anm. d. Red.) haben uns viel gebracht, auch wenn Dario immer knapp hinter uns war und damit der Vorteil nicht ganz so entscheidend wurde", erklärte er.

Er muss sein Rennen zunächst nur auf Franchitti ausrichten. Kommt er vor dem Schotten ins Ziel, ist er so gut wie Meister. "Der Punktestand ist vor Chicago aber viel enger, als ich es mir wünschen würde", so der Neuseeländer. "In Detroit gab es schon einen guten Kampf, aber Chicago sollte für die Fans noch toller werden."

Scott Dixon Dario Franchitti

Die Stimmung zwischen Dario Franchitti und Scott Dixon ist nicht getrübt Zoom

Für Franchitti wiederum ist die Ausgangslage nicht großartig anders für Dixon, zurücklehnen darf er sich bei einem Vorsprung von nur drei Punkten auf jeden Fall nicht. Überraschend ist die momentane Punktelage aber nicht. Auch als er 65 Zähler Vorsprung hatte, blieb der Schotte die Vorsicht in Person. "Ich sagte damals, dass dies eine harte Meisterschaft werden wird, und das ist sie nun", erklärte er.

"Wir wollen gewinnen und Ganassi möchte gewinnen. Wir werden uns auf der Strecke nichts schenken", so Franchitti weiter. "Der 65-Punkte-Vorsprung aus Richmond wäre mir schon lieber. Aber an der Strategie ändert es nichts. Wir müssen versuchen, das Rennen zu gewinnen oder zumindest vor Dixon zu sein." Dann würde auch der Schotte zum erlauchten Kreis derer gehören, die den IndyCar-Titel und die Indy 500 im selben Jahr gewinnen konnten. Wheldon und Hornish Jun. warten schon dort.