• 30.12.2009 13:48

  • von Pete Fink

Franchitti: Die Gedanken des Champions

Nach einem längeren Heimaturlaub bereitet sich Dario Franchitti in den USA auf seine Titelverteidigung vor: Was war das Erfolgsgeheimnis des Schotten?

(Motorsport-Total.com) - Es war ruhig um den Champion. Drei Wochen lang besuchte Dario Franchitti seine schottische Heimat, bevor er kurz vor Weihnachten in die USA zurückflog, um sich an Ort und Stelle für die anstehende IndyCar-Saison 2010 vorzubereiten. Nach 2007 hatte der 36-Jährige seinen zweiten IndyCar-Titel in drei Jahren gewonnen und gönnte sich eine wohlverdiente Pause.

Titel-Bild zur News: Dario Franchitti

Dario Franchitti: Der beste Schotte seit Jim Clark und Jackie Stewart?

Die Erinnerungen an das dramatische Saisonfinale von Homestead sind noch frisch: Ganassi-Teamkollege Scott Dixon und Penske-Pilot Ryan Briscoe donnerten vorne weg und schienen den IndyCar-Titel unter sich ausmachen zu können. Doch eine konservative Tankstrategie und, aufgrund mangelnder Gelbphasen, auch eine gehörige Portion Glück bescherten Franchitti als lachendem Dritten die Meisterschaft.#w1#

"Ganz ehrlich: Ich habe nur gebetet, dass mir der Sprit reichen würde", erinnert sich der Schotte noch bestens an seine Gedanken in den letzten Runden. "Im Auto selbst war ich eigentlich ganz ruhig und tat, was ich tun musste. Aber als ich schließlich die Zielflagge passierte, war das Triumphgefühl umso schöner."

Im Vergleich zu 2007 sieht er das gesamte Jahr 2009 ähnlich. "Es ist immer schwierig, gegen die Topleute und Topteams zu bestehen. Du kannst eigentlich nichts anderes machen, als andauernd 100 Prozent zu geben. Jeden Tag und immer, wenn du im Auto sitzt oder trainierst." Aber einen großen Unterschied gab es zu 2007: "Damals waren es noch zwei Serien. Dieses Jahr nicht. Das macht meinen Titel sehr speziell."

Wichtiger Frühstart in Australien

Noch eine Besonderheit will er nicht verbergen: "Signifikant war, dass ich diesen Titel gleich im ersten Jahr mit einem neuen Team gewonnen habe." Und zwar ausgerechnet gegen den amtierenden Champion und vermeintlichen Ganassi-Platzhirschen Scott Dixon. Denn auch wenn Franchitti sein halbes NASCAR-Jahr 2008 im Ganassi-Team verbrachte, ist es dennoch ein Unterschied: Die NASCAR-Abteilung befindet sich in Charlotte, die IndyCar-Teams sitzen im fernen Indianapolis.

Dario Franchitti

Das IndyCar-Rennen in Surfers Paradise kam Dario Franchitti gerade recht Zoom

Und es sind natürlich zwei ganz unterschiedliche Motorsportdisziplinen: "Für mich lautete die große Frage: Komme ich schnell genug wieder auf den Speed? Kann ich sofort wieder mit Scott Dixon mithalten, der in der Saison 2008 den Titel und das Indy 500 gewonnen hatte, während ich ein ganzes Jahr weg vom Fenster war. Konnte ich wirklich noch mithalten?"

Einen ersten Fingerzeig dazu gab bereits das Einladungsrennen von Surfers Paradise im Oktober 2008. "Diese erste Zusammenarbeit mit Scott hat uns einen Frühstart von vier oder fünf Monaten gegeben. Das war extrem hilfreich." Nach Platz vier zum IndyCar-Saisonauftakt in St. Petersburg war sein Long-Beach-Sieg dann der endgültige Durchbruch. "Das hat mir und meinem Team das nötige Selbstvertrauen gegeben. Wir haben gezeigt, dass wir den Job erledigen können.

Die Balance und die Nerven

Es folgten Siege in Iowa, Toronto und Sonoma. Franchitti hielt sich 2009 im Bäumchen-wechsel-dich-Spiel der Gesamtwertungsspitze immer in Schlagdistanz zu seinen großen Konkurrenten Dixon und Briscoe auf. Am Ende hatte er im Showdown von Homestead sogar die Nase vorne. Eine echte Achterbahnfahrt, bei der letztlich die Nerven den Ausschlag gaben.

Dario Franchitti, Scott Dixon, Ryan Briscoe

Scott Dixon (l.) und Ryan Briscoe hatten am Ende hauchdünn das Nachsehen Zoom

"Vor Motegi lag ich 25 Punkte hinter Ryan Briscoe", erinnert sich Franchitti. "Scott und ich hatten zwar noch Chancen, aber Ryan musste einen Fehler machen." Dieser kam bekanntlich an der Mauer der Boxenausfahrt. "Wir haben in diesem Jahr alle Fehler gemacht", relativiert der Routinier. "Wir hatten alle schlechte Boxenstopps und Strategiepech." Sein Erfolgsgeheimnis: "Ich habe mich davon nicht durcheinanderbringen lassen. Ich habe versucht, das ganze Jahr meine Balance zu halten."

Im heimischen Schottland sehen einige Szenebeobachter den zweifachen IRL-Champion mittlerweile auf einem Level mit seinen Landsleuten Jim Clark und Jackie Stewart, was der so Gelobte jedoch relativiert: "Es stimmt, dass die Leute mich in diese Kategorie stecken wollen, aber ich sehe diese Kaliber noch auf einem ganz anderen Niveau."

Übrigens: Noch steht eine offizielle Bestätigung des Ganassi-Duos Franchitti und Dixon für die Saison 2010 aus. Dies sollte jedoch nur eine Formsache sein. So orakelt der Schotte: "Klar will ich meinen Titel wiederholen. Aber Teams wie Andretti und Penske werden sich über den Winter verbessert haben. Sie werden näher an uns dran sein und wir sind gut beraten, wenn wir weiterhin so hart arbeiten."